Gedichte
Der große Kritikaster

Der große Kritikaster
 

Er war ein großer Kritikaster,

erbarmungslos verriss er jedes Laster.

Keine Gnade fanden Doktoren und Professoren,

auch junge Talente waren meist verloren.
 

Ob Walser oder gar Günter Grass,

er machte schonungslos sie nass.

Wenn seine großen Augen rollten,

Verleger ihm nur Beifall zollten.
 

Gleichgültig, was er diskutierte,

ihn die Form nur interessierte.

Selbst wenn Kriegsromane zur Debatte standen,

nur Stil und Form Beachtung fanden.
 

Niveauverlust beim Fernsehen brachte ihn in Rage,

da halfen weder Preise noch die Gage.

Was sollen denn Ressorts und Sparten,

wenn wir nur Thomas Mann erwarten.
 

Wenn so einer bei mySTORys kommentierte,

Wer würde da zu schreiben sich noch trauen.

Er würd’s nicht dulden, dass man dilettierte,

kompromisslos nur auf die Fehler schauen.
 

Wir brauchen keine großen Kritikaster,

wenn wir uns ehrlich auf die Feder sehen,

korrigieren wir charmant nur unsere Laster,

werden wir auch ohne sie bestehen.

(C) Ekkehart Mittelberg