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Der Affe mit dem blauen Schuh
( ein Tiermärchen)
Tief drinnen im Dschungel lag die kleine, alte Stadt. Man weiß gar nicht mehr, wer dort gewohnt hat, so lange ist das her. Heute zeugen nur noch ein paar Ruinen, dass es sie wirklich gegeben hat. Trotzdem ist sie nicht ausgestorben, denn Affen haben sie für sich erobert und zu ihrer Heimstatt erwählt. Überall machen sie sich breit und verteidigen ihr Revier hartnäckig gegen Eindringlinge. Zur Zeit herrscht große Aufregung wann herrscht
die unter dem munteren Völklein nicht denn erstens soll ein neues Oberhaupt gewählt werden, ein sogenannter Affenhäuptling, und zweitens ist ein fremder Affe aufgetaucht. Und dieser Fremdling sorgt für Staunen, Neugierde und Unruhe. Er sieht aus wie ein ganz normaler Affe, das schon, doch er trägt an einem Fuß einen blauen Schuh. Einen wunderschönen himmelblauen Schuh. So etwas hat die Affenhorde noch nicht gesehen. Sie wissen nicht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollen. Sollen sie ihn verjagen oder sollen sie ihn aufnehmen. Fips, so heißt dieser Affe, denn er hat tatsächlich einen Namen, gibt sich gesitteter und ruhiger als die Affen
aus dem Dschungel. Affenmuttis haben ihn scharf im Auge und warnen ihre Jungen, ihm ja nicht zu nahe zu kommen. Einige ältere Affen kraulen sich den Kopf, das Kinn und halten Versammlungen ab. Schließlich beschließen sie, dem Geheimnis auf den Grund zu gehen, indem sie ihn quasi vorladen und seine Geschichte erzählen lassen. Alle versammeln sich rund um einen Säulenstumpf, auf dem Fips Platz nimmt und zu erzählen beginnt.
„Ich bin ein Affe, wie ihr und lebte einst auch im Urwald. In der Nähe lag ein großes Dorf, wo Menschen wohnten. Oft schlich ich dorthin, denn da gab es viel zu stehlen. Ich wurde immer dreister und
frecher, drang sogar in ihre Wohnungen ein, um Essen oder Spielzeug zu holen. Ihr glaubt ja gar nicht, wie viel unnützes Zeug diese Menschen ansammeln. Leider geriet ich dabei eines Tages in die Hände eines Schaustellers, der mit einem Zirkus dort Station machte. Er zog mich wie ein Menschenkind an, mit Kleidern, Hosen und ließ mir sogar diesen blauen Schuh anfertigen. Nur einen, das fand er origineller Ich war sehr traurig. Das einzig Schöne in meiner Zeit der Gefangenschaft war, wenn Kinder vor meinem Käfig standen, in die Hände klatschten und lachten. Ich schnitt Grimassen und hüpfte auf den paar Ästen herum. Oft hörte ich sie sagen: „Schau,
das Äffchen mit dem blauen Schuh, ist das nicht süß!“ Ich durfte gar nicht an die Freiheit im Wald und meine Familie denken. Dann saß ich ganz versteckt im hintersten Eck des Käfigs und glaubte vor Heimweh zu sterben. Mühsam lernte ich, die Menschen zu verstehen. Ich lernte, ein paar Kunststücke zu machen, das brachte mir immer eine Extrabelohnung ein. Affen sind schlau, aber durch meine Gefangenschaft wurde ich noch schlauer, ich passte mich scheinbar an und suchte stets nach einer Fluchtmöglichkeit. Endlich bot sie sich. Als wir wieder einmal unterwegs in eine andere Stadt waren, hatte mein Pfleger die Tür meines Käfigs nicht richtig
geschlossen. Als wir über einen steinigen Weg rumpelten, ging sie auf. Ich konnte es kaum glauben. Mit einem Satz war ich draußen, überschlug mich ein paar mal und verschwand eilig im Gebüsch am Wegesrand. Die Kleider riss ich mir herunter und warf sie weg. Der Schuh aber, der war fast schon mit meinem Fuß verwachsen, der ging nicht mehr ab. Nach langem Irren fand ich zurück in den Dschungel. Ich war wieder frei!! Das schon. Doch meine Familie fand ich nicht mehr. Endlich hörte ich vertraute Laute, das Geschnatter und Lachen von euch. Ich war soooo glücklich. Aber wie ich sehe, ihr wollt mich nicht.....“
Da hob ein ohrenbetäubendes Gekreische
an. Ein zustimmendes Gekreische. Die Affen waren ganz aus dem Häuschen, sie umringten den Fremdling. Jeder wollte den blauen Schuh ansehen und angreifen, Sie betatschten Fips, versuchten sogar, ein paar Flöhe aus seinem Fell zu kitzeln. Die Affenkinder kletterten auf seinen Rücken und alle bestaunten den blauen Schuh an seinem Fuß. Schließlich gebot der Affenälteste Ruhe. Er hatte sich mit einigen der Älteren beraten und verkündete nun: „Wenn du willst, darfst du bei uns bleiben. Wir wären sogar glücklich darüber.“
Der Affe mit dem blauen Schuh war glücklich. Könnten Affen weinen, hätte er es vor Freude getan. Er hatte wieder
eine Heimat, wieder eine Familie, und wurde, dank seiner Welterfahrung, nach einiger Zeit sogar zu ihrem Oberhaupt gewählt.