Zu lange hatte sie es vor sich hergeschoben. Immer etwas anderes zu tun gefunden. Und plötzlich war der Abgabetermin an einer Hand abzuzählen. Ob sie nun wollte oder nicht: Sie musste sich dieser Aufgabe stellen.
Spät am Abend setzte sie sich an den Schreibtisch, versuchte, die Vorgaben ihres Dozenten auf sich wirken zu lassen.
Thema: Wettlauf mit der Zeit
Genre: Freie Auswahl
Länge: maximal 2 Din A4 Seiten
Vorgabeworte:
Aaah
Atem
Erdboden
Holz
Irrer
Kippen
Lappen
Rucksack
Schaufel
Stiefel
Stoppelkinn
Zucken
Was könnte Zeitdruck besser definieren, als wenn ich die Worte einfach noch einmal aufzähle, oder sie in einen Satz quetsche - dachte sie zunächst. Doch da hörte sie schon die Stimme ihres Dozenten „Setzen Sechs!“ Eine solche Benotung durfte sie nicht riskieren. Also ließ sie jedes einzelne Vorgabewort auf sich wirken.
- Welche Worte passen zusammen?
Schaufel - Erdboden
Rucksack - (Wander)stiefel
- Assoziationen
Aaah = Schrei
Kippen = Zigarettenstummel
Stoppelkinn = Dreitagebart
- In welches Genre würden sie am besten passen?
Kindergesichte? Nein.
Lovestory? Unwahrscheinlich.
Erotik?
Seine eisblauen Augen und sein dreitagebärtiges Stoppelkinn sorgten für ein angenehmes Zucken in ihrem Körper.
Krimi? Oh ich hasse Krimi.
Horror?
Sie schlief über ihren Notizen ein.
Und wieder war der Abgabetermin einen Tag näher gerückt. Konzentration war jetzt zwingend erforderlich. Doch sie war und blieb blockiert. Dazu kam, dass sie immer noch andere Sachen zu erledigen hatte. Sie wusste gar nicht, wie sie noch alles schaffen sollte. Allerdings musste sie sich eingestehen, dass diese Aufgabe nun absolute Priorität hatte.
Krimi? Mord?
Ihr Schrei hallte in seinen Ohren wieder. Dieses »Aaah!« Kurz bevor ihr Körper schlaff und unkontrolliert auf den Holzboden aufschlug.
Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihm, dass ihr Ehemann bald nach Hause kommen würde.
Was tun? Er sammelte seine Zigarettenkippen aus dem Aschenbecher. Wusch mit einem Lappen ihr Blut fort. Schnell aber gründlich.
Sie war stolz, dass sie es geschafft hatte, trotz ihrer Blockade ein weiteres Fragment fertig zu bringen. Doch der nächste Termin, stand an. Diesmal nahm sie sich ihren Notizblock und Kugelschreiber mit. Im Wartezimmer des Arztes würde sie sich so die Zeit verkürzen. Vielleicht fiel ihr ja auch dort noch etwas Brauchbares ein.
Und tatsächlich. Als sie diesen Mann mit dem Dreitagebart und dem mürrischen Blick im Warteraum sah, erwachte die Muse in ihr. Er ist der Mörder - dachte
sie sich und die Worte flossen ihr nur so aus dem Handgelenk.
Noch am Morgen, des Abgabetermins ging sie ihre Fragmente noch einmal durch, fügte sie zusammen und tippte ihre Geschichte ab.
Pünktlich konnte sie ihre Hausaufgabe abgeben.
Sie hatte ihn bereitwillig in Ihr Haus gelassen. Diesen gutaussehenden Mann mit den eisblauen Augen und dem dreitagebärtigen Stoppelkinn. Ein männlicher muskulöser Köper, der für ein Zucken in ihrem Körper sorgte.
Heiß gesprochene Worte von Begehren und Verliebtheit, während sie gemeinsam eine Zigarette rauchten. Ein Kuss und er hatte sie dort, wo er sie haben wollte. Nah genug, um seine Aufgabe zu erfüllen.
„Aaah!“ Ihr Schrei hallte in seinen Ohren wieder, bevor ihr Köper schlaff und unkontrolliert auf dem Holzboden aufschlug.
Ein schneller Blick auf die Uhr verriet ihm, dass ihr Ehemann bald nach Hause
kommen würde.
Ganz der Profi sammelte er seine Zigarattenkippen ein und wusch ihr Blut mit einem Lappen fort. Schnell aber gründlich.
Sein Atem ging schwer, als er mit derSchaufel immer wieder in den Erdbodenstieß. Ihm blieb keine Zeit, für ein größeres Loch. Er hatte die Zeit unterschätzt.
Es knackte furchtbar, als er ihr Arme und Beine brach, wie ein Irrer die schärfste Kante der Schaufel in die Bruchstellen stieß, um sie endgültig vom Rest zu
trennen.
Mit einem Schubs landete der verstümmelte Körper im Loch und die abgetrennten Teile in
seinem Rucksack. Ein in die Einfahrt fahrendes Auto, beendete seinen Auftrag, früher als geplant. Er hatte das Loch nicht mehr ganz zuschütten können.
In seinem Kamin verbrannte er den Rest ihres Körpers mitsamt dem Rucksack. Die Schaufel hatte er zurückgelassen. Da er selbst Handschuhe verwendet hatte, hoffte er, dass der Ehemann mittlerweile seine Fingerabdrücke darauf hinterlassen hatte.
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. Der perverse Teil, seines Seins genoss den Gestank von verbranntem Fleisch. Er fühlte sich sicher, glaubte, er habe an alles gedacht.
Jedoch ...
Bei der Spurensicherung fanden die Beamten
nicht nur die Fußabdrücke des Hauptverdächtigen Ehemanns, sondern auch andere. Die Ermittlungen ergaben, dass diese zu ganz besonderen Stiefeln gehörten. Stiefel, die der Tatverdächtige nicht besaß.