Fantasy & Horror
Der verschollene Prinz - Rand FB 64

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"Der verschollene Prinz - Rand FB 64"
Veröffentlicht am 11. November 2017, 36 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: andreiuc88 - Fotolia.com
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Über den Autor:

Meine Inspirationsquellen: Meine kleine Tochter (für Kindergeschichten) Märchen, Musik, Träume, Düsternis, Mystery, Horror Referenzen: Selfpublished: Versklavt - Zurück zur Freiheit (Endzeit Si-Fi) Kurzgeschichten in Anthologien: Besuch in der Weihnachtswerkstatt / Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Bd.11 papierfresserchen-verlag Flipps neue Freunde / Wie aus dem Ei gepellt Bd. 5 papierfresserchen-verlag Das kleine Rentier ...
Der verschollene Prinz - Rand FB 64

Der verschollene Prinz - Rand FB 64

Randbeitrag Forumbattle 64

Aufgewacht in einem Märchen

Wortvorgaben

Mühle

Wasserfall

Sturmböe

Schornstein

Festmahl

Ofen

Rechenmaschine

Schere

Fliege

Rachegelüste

Thron

Esel

Als er erwachte, war ihm gleich klar, dass er nicht mehr zu Hause war. Kein Straßenlärm. Keine Häuserschluchten. Kein Smog. Nur Bäume, die gen Himmel ragten, Vogelgezwitscher, saubere Luft.

Wie bin ich hierher gekommen? Wer erlaubt sich einen solchen Scherz mit mir?

Er versuchte, sich zu erinnern, was passiert war. Doch das Einzige, was ihm vor der Dunkelheit in den Sinn kommen wollte, waren stechende gelbe Augen in einem scharfkantigen Gesicht und der Ruf eines Raben. Ein Bild, dass er bereits seit Nächten immer wieder vor sich sah.


Während er so ziellos durch den Wald irrte und sich immer noch fragte, wo er war und

wie er hergekommen war, hörte er plötzlich in der Ferne wildes Geschrei. Er sah schwarzen Rauch zwischen den Bäumen emporsteigen.

Er lief auf das vermeintliche Feuer zu, musste Hilfe anbieten. Er erreichte ein kleines Häuschen, sah zwei Kinder fortlaufen. Neben dem jämmerlichen Klagen hörte er, wie der Junge zu dem Mädchen sagte. "Das war eine gute Idee. Die Alte hat's verdient."

Aus dem Schornstein blies der schwarze Rauch. Er konnte sich nicht helfen, aber er hatte das Gefühl, dass ein Geruch vom verbrannten Gebäck in der Luft lag.

Er ging in das Haus, wollte sehen, ob er noch jemandem Helfen konnte. Doch trotz der Schreie konnte er niemanden sehen, nur den Ofen, aus dem das Feuer stob. Die Flammen

züngelten nach ihm. Er stürzte rückwärts aus dem Nebeneingang hinaus. Dabei brach etwas von der Türzarge ab. Er konnte es kaum glauben: Lebkuchen.

"Das kann nicht wahr sein. Ich muss träumen."

"IHHH AHHH", tönte es aus einer Ecke des Hofes. Dieser angebundene Esel, war das einzige Lebewesen, das noch zu finden war. Er löste das Band und führte das Tier fort von dem brennenden Haus.

"So konnte ich wenigstens einen retten und du kennst dich gewiss hier aus, also folge ich dir", sprach er zu dem Esel.

Noch einmal betrachtete der das Stück Türzarge und biss hinein. Es war tatsächlich Lebkuchen. "Wo gibt es denn so was? Davon

habe ich sonst nur in Märchen gehört", redete er weiter, als würde er sich mit dem Esel unterhalten.

"Ich weiß zwar nicht, was oder wo ein Märchen ist", sagte da plötzlich der Esel. "Aber hier leben Hexen in Häusern aus Süßigkeiten und halten Esel, die Gold speien können."

Er traute seinen Ohren nicht, sprang vor Schreck sogar ein Stück zurück. Ein Esel, der redete und der auch noch ein Goldesel sein soll.

"Zeig es mir", forderte er.

"Du brauchst das Zauberwort."

"Und wie lautet es?"

"Sag ich nicht."

"Dann bist du auch kein Goldesel", provozierte er das Tier. Im Geiste jedoch

erinnerte er sich an das Märchen vom 'Tischlein deck dich'. Suchte nach dem Wort, das er aus der Geschichte kannte. "Esel reck dich, Esel steck dich, Brek...", murmelte er vor sich hin. "Brekle... Brekle... brit", sprach er aus.

Plötzlich blieb der Esel stehen und spuckte vorne und hinten Goldstücke aus, die er sogleich einsammelte und in jede verfügbare Tasche steckte. Jedoch bemerkte er auch, dass dieser Zauber dem Tier Schmerzen zufügte.

"Mein armer Freund. Das tut mir leid. Ich werde dich nicht zu oft quälen."

"Danke."

Der Esel führte ihn weiter aus dem Wald. Vor

ihnen lag eine weite Feld- und Wiesenlandschaft mit einem Fluss. Zu ihrer Rechten erstreckte sich ein Gebirge, von dem der Fluss in einem Wasserfall hinabfiel. Und inmitten eines Kornfeldes, direkt am Fluss stand eine Wassermühle. Da der Abend dämmerte, ging er mit dem Esel dort hin, um sich einen Schlafplatz zu erbitten.

Doch es schien, als war er nicht der einzige Gast. Ein hoher Herr und sein Begleiter, gedachten ebenfalls diese Nacht in der Mühle zu verbringen.

Großzügig gewährte der arme Müller allen Gästen ein Nachtlager und Abendessen, dass alle gemeinsam zu sich nahmen. Und so stellte sich heraus, dass er gemeinsam mit dem König dieses Landes und dessen

Schatzmeister an einem Tisch saß. Der Müller platzte vor stolz. Besonders, als er sah, mit welch freundlichem Blick der junge König seine Tochter bedachte.

"Ihr habt sehr schöne Hände", sagte der König zu der jungen Frau, als sie ihm den besten Teller des Hauses reichte. "Und das Mahl so schön hergerichtet."

"Oh ja. Meine Tochter hat wirklich magische Hände. Alles was sie anfasst, gelingt ihr. Sie schafft es, selbst aus Stroh, Gold zu spinnen", tönte der Müller.

"Mein Vater übertreibt", sagte die Müllerstochter bescheiden. Der König zwinkerte. "Dennoch würde ich mich gerne selbst davon überzeugen."

Die Augen des Schatzmeisters begannen zu

leuchten. Und sogleich holte er seine Rechenmaschine hervor.

Er erriet gleich die Gedanken des Schatzmeisters. Und sofort kamen ihm die Worte bekannt vor und er kannte das Schicksal des Mädchens.

"Mein Herr, wenn ich das sagen darf. Aber hätte dieses Mädchen tatsächlich solche Fähigkeiten, so würde sie nicht mehr in dieser Mühle leben."

Doch der Verstand des Schatzmeisters, war von dem Gedanken an Gold schon zu benebelt und dem König erging es kaum besser.

"Was erlaubt ihr euch? Wer seit ihr überhaupt?" Der Schatzmeister war recht aggressiv angesichts dieser Argumentation.

"Ich bin ...", er wollte seinen Namen sagen, doch er kam ihm nicht über die Lippen, denn er wusste ihn nicht mehr. Wenn er es nun genau betrachtete, erinnerte er sich an nichts mehr aus seinem Leben vor der Dunkelheit. Er wusste nur, dass es anders gewesen war. Nichts Genaues wollte ihm einfallen, außer den Märchen. "Ich bin Niemand", antwortete er zögerlich.

"Genau. Ihr seit ein Niemand und das ist der König und sein Wunsch ist Gesetz", blaffte der Schatzmeister ihn an.

"Nun denn, besiegelt das Schicksal dieses Mädchens. Es werden Tränen fließen und sie wird einen bitteren Preis für eure Habgier zahlen müssen. Ich gehe nun in den Stall, wo ich für ein Bett aus Stroh ehrlich zahle."

Um allen anderen und sich selbst jeden weiteren Unmut zu ersparen zog er sich zurück.

Kaum, dass er sich hingelegt hatte und noch ein Schwätzchen mit seinem Esel halten wollte, öffnete sich die Tür zum Stall und die Müllerstochter trat herein.

"Seit ihr ein Seher?"

"Ehrlich. Ich weiß nicht, wer oder was ich bin. Was ich aber weiß, dass ich euer Schicksal nicht mehr ändern kann, wenn sich die Herren nicht ihres Verstandes besinnen."

"Ihr wisst, dass ich kein Stroh zu Gold spinnen kann."

"Ja."

"Was kann ich also tun?"

"Nehmt jede Hilfe an, die ihr bekommt. Und

merkt euch diesen Namen, nutzt ihn aber nur im allerletzten Augenblick: Rumpelstilzchen."

"Danke sehr."

Und auch in dieser Nacht sah er wieder diese gelben, stechenden Augen. Er hörte das Krächzen eines Raben. Doch diesmal wandelte sich das Bild, in das Gesicht einer wunderschönen jungen Frau. "Befreie mich."

Er sah ein Schloss, dass von einer Dornenhecke umgeben war.

"Ich warte schon so lange auf dich", hallte es in seinen Gedanken nach.

Tief in sich, wusste er, dass es sich dabei auch um ein Märchen handelte, dass er kennen müsste, jedoch fiel ihm der genaue Wortlaut nicht ein.

Das und die Tatsache, dass er davon träumte, weckte sein Interesse. Er musste mehr darüber erfahren, vielleicht war das des Rätsels Lösung. Vielleicht war dort sein Weg nach Hause, raus aus diesem seltsamen Märchentraum und zurück zu seiner Erinnerung und seinem Leben.

Der König und der Schatzmeister, hatten die Müllerstochter tatsächlich an diesem Morgen mitgenommen. Auf dass sie ihre Fähigkeiten unter beweis stellen sollte. Und auch er machte sich bereit, seines Weges zu gehen, wohin er auch führen würde.

"Meine Tochter glaubt, ihr seit ein Seher. Habe ich einen Fehler gemacht?", wollte der

Müller betrübt wissen.

"Ihr habt unbedacht gesprochen, aber ich sagte eurer Tochter, was ich konnte, um ihr Schicksal etwas besser zu wenden. Wenn sie sich meine Worte zu Herzen nimmt, so wird sie Königin werden und ihr Kind behalten können. Doch ist eine Ehe, die nur auf Habgier sinnt, wirklich erstrebenswert und glücklich?"

Der Müller schüttelte den Kopf.

"Sagt mit Müller. Was wisst ihr über das Schloss in den Dornen?" Sein Traum, hatte ihn nicht mehr losgelassen und erhoffte sich hier eine Antwort.

"Aber Herr Niemand. Da wollt ihr doch nicht etwa hin. Keiner kam von dort je zurück."

"Das lasst meine Sorge sein. Was wisst ihr?"

"Es ist eine Geschichte, die mein Großvater mir noch erzählte, dass dort eine Prinzessin geboren ward, zu deren Geburt es ein großes Fest geben sollte. Selbst die dreizehn Feen dieses Königreiches sollten eingeladen werden, jedoch hatte der König nur zwölf goldene Teller. Deswegen wurde eine Einladung nicht überbracht. Erbost und voller Rachegelüste erschien die dreizehnte Fee dennoch zur Feier des Kindes und sprach einen Fluch über sie aus, so dass sie an ihrem fünfzehnten Geburtstag, sich an einer Spindel stechen und sterben würde. Die zwölfte Fee, die ihre Wünsche noch nicht über das Kind gesprochen hatte, milderte diesen Fluch ab, so dass es in einen tiefen Schlaf fallen solle, der über hundert Jahre

dauern sollte.

Die wunderschöne Prinzessin Rosa, die von allen nur liebevoll Röschen genannt wurde, stach sich tatsächlich an einer Spindel, obwohl alle Spinnräder aus dem Land verbrannt wurden. Der Legende nach, gab es einen Prinzen, mit dem die Prinzessin sich schon vor der Zeit getroffen hatte und sie sich ineinander verliebt hatten. Mein Großvater meinte, dass allein er, die Macht gehabt hätte, die Prinzessin zu befreien, aber er war verschollen und nie wieder gesehen.

Viele haben sich seither in die Dornen gewagt, die dass Schloss seit damals umgeben und in dem nicht nur die Prinzessin, sondern alle schlafen sollen. Vielleicht liegt der verschollene Prinz auch dort? Und alle

sind für immer verloren."

"Wo liegt dieses Schloss?"

"Im Osten."

"Danke Herr Müller. Dann werde ich in diese Richtung weiter ziehen. Doch vorher werde ich euch für eure Gastfreundschaft bezahlen. Jedoch müsst ihr mir ein Versprechen geben."

"Alles Herr Niemand. Wenn ich nur helfen kann, wie ihr meiner Tochter geholfen habt."

Er ging zu dem Esel und sagte: "Esel reck dich, Esel streck dich, Breklebrit." Und der Esel spie Goldstücke aus.

"Diese hier nehme ich noch an mich, für meinen weiteren Weg. Doch der Esel soll nun euch gehören. Sagt diesen Spruch nur einmal am Tag, sonst stirbt das Tier."

Der Müller nickte.

"Nun zu dem Versprechen. Gebt diesen Esel dem Lehrling mit, der bald zu euch kommen wird, vertrieben aus dem Hause seines Vaters und offenbart ihm das Geheimnis dieses Esels."

"Aber natürlich. Ich verspreche es euch Herr Niemand. Aber für dieses sehr wertvolle Geschenk möchte ich euch auch noch etwas geben. Ihr könnt nicht unbewaffnet nach Osten gehen. Ich habe zwar weder Schwert noch Dolch, aber diese Schere hier, ist sehr scharf und spitz. Möge sie euch hilfreich sein."

"Vielen Dank, Freund."

Und während er gen Osten ging, kam von Westen her, ein junger Knabe auf die Wassermühle zu. Halb verhungert und

enttäuscht darüber, dass seinem Vater eine freche Ziege wichtiger war, als die eigenen Söhne.

Er ging nach Osten, folgte den Anhaltspunkten aus seinem Traum. Zwar ohne Esel, aber mit insgesamt zwei Ladungen seines Goldes und der Schere des Müllers, die er einst bei einem Tauschhandel erhalten hatte. Sie war wirklich sehr spitz und konnte so Notfalls als Dolch genutzt werden.

Er ging durch Wälder und Felder. Kam an einzelnen Höfen oder kleinen Städten vorbei. Er übernachtete in Gasthäusern und fragte immer wieder nach dem Schloss in den Dornen, dass ihm immer häufiger in seinen Träumen auftauchte.

Überall hörte er dieselbe Geschichte, jedoch immer etwas abgewandelt. Jeder warnte ihn davor, in dieses Schloss zu gehen. Doch er ließ sich nicht von seinem Ziel abbringen.

Irgendwo im nirgendwo, keine Ahnung habend, ob er seinem Ziel schon näher gekommen war, kamen Sturmböen auf. So heftig und stark, dass er nicht draußen bleiben konnte. Und so fügte es sich, dass er ein kleines Haus fand, wo er für den Sturm um ein Obdach bat, was ihm gewährt wurde.

"Vielen Dank, dass ihr mich in dem Sturm stehen lasst."

"Ist doch Ehrensache. Und Wanderer, wer seit ihr?", fragte der Herr des Hauses, während die kleine Tochter ihnen Suppe auftat.

"Ein Niemand ohne Erinnerung, auf der

Suche nach dem Schloss in den Dornen."

"Dann ist es wohl Schicksal, dass der Sturm euch in dieses Haus geführt hat", krächzte die Stimme eines alten Mütterchens. "Aber Großmutter, bleib doch in deinem Sessel", sagte die Dame des Hauses, die nun aufstand, um die Alte zu stützen.

"Nein, ich will ihn sehen." Von Falten gezehrt, gekrümmt, kam die sehr alte Frau, gestützt von Enkelin und einem stabilen Stock zu dem Tisch. Sie schaute ihm direkt ins Gesicht. "Ihr seit es." Eine kleine Träne rann über die faltigen Wangen. "Ihr seit Gregor, der verschollene Prinz. Ich wusste, dass ihr zurückkommt."

"Wer soll ich sein? Der verschollne Prinz, woher wollt ihr das Wissen, alle die im Schloss

waren, sollen auch vom Schlaffluch getroffen worden sein."

"Ich war da, vor gut einhundert Jahren."

"Dann müsst ihr ja ..."

"Ich bin einhundertsieben Jahre alt. Und ich habe mir geschworen, dass ich nicht eher sterben werde, ehe dich Prinzessin ihren fünfzehnten Geburtstag feiern sehe."

Er war erstaunt und verwundert zugleich, denn er spürte irgendwie, dass einzig was sie zu erzählen hatte, die wahre Geschichte und auch seine Geschichte war.

"Ich habe keine Erinnerung mehr. Erzählt es mir bitte, gute Frau."

"Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. Prinzessin Rosa spazierte durch das Schloss an ihrem fünfzehnten

Geburtstag, voll Freude, euch an diesem Abend wieder zu sehen. Ihr wart sehr verliebt, ihr beide, seit diesem Tag am Fluss, im Wald, wo ihr euch ohne jeden höfischen Zwang begegnet seit. Ja auch das habe ich gesehen, als ich die Schürzen im Fluss gewaschen habe. Ich war Küchenmagd im Schloss, als ich noch klein war." Sie schwelgte in Erinnerungen. "Aber zurück zu dem Geburtstag. Irgendwann war Prinzessin Rosa verschwunden. Jedermann suchte nach ihr, als plötzlich etwas, wie ein Schatten durch das Schloss zog und alle auf der Stelle einschlafen ließ. Ich lief davon. Ich war mal sehr schnell, und konnte das Schlosstor passieren, ehe der Schatten mich erreichte. Starr vor Angst beobachtete ich, wie die

Dornenhecke zu wachsen begann. Ihr kamt zum Schloss, das Pferd zu vollem Galopp angetrieben. Ich wollte euch noch warnen, aber ihr wart zu schnell und hattet auch keine Augen für ein kleines Mädchen wie mich. Da der Schatten bereits verschwunden war, hat euch der Schlaffluch wohl nicht getroffen. Gespannt beobachtete ich, was weiter passierte. Im oberen Turmzimmer des linken Turmes sah ich plötzlich ein grelles Licht. Ich hörte Waffenklirren. Dann einen Schrei. Ich sah, wie euer Körper aus dem Fenster geschleudert wurde und unter euch plötzlich ein gelbes Licht erschien, in das ihr gefallen seit. In den letzten hundert Jahren habe ich versucht, so viel wie möglich über die Fähigkeiten der Feen, insbesondere dieser

dreizehnten Fee, herauszufinden. Das gelbe Licht muss ein Portal in eine andere Welt gewesen sein. Sie muss euch eure Erinnerung genommen haben. Und offensichtlich hat sie euch in eine Welt geschickt, in der Zeit langsamer läuft, als hier, denn ihr seit nicht viel gealtert, seit ich euch das letzte Mal gesehen habe."

"Aber warum und wie komme ich jetzt hier her?"

"Das muss daran liegen, dass die hundert Jahre vollendet sind. Die zwölfte Fee, hat den Todesfluch der dreizehnten in einen Schlaffluch gemildert auf hundert Jahre beschränkt. Und eure Liebe, die stärker ist, als jeder Fluch, hat euch nun wieder dahin zurückgebracht, wo ihr hingehört."

"Ach wenn dieses Märchen doch wahr wäre."

"Es ist wahr. Und wenn ihr, Prinz Gregor, die Prinzessin aus dem Schlafe weckt, wird mit Sicherheit auch eure Erinnerung zurückkehren, an diese Welt und die andere."

"Wo liegt das Schloss?"

"Wir werden euch hinführen, sobald der Sturm sich gelegt hat." Die Alte blickte ihre Nachfahren an. "Aber Großmutter, glaubst du, dass du da schaffst?"

"Natürlich Kind. Ich habe hundertsieben Jahre durchgehalten, dann schaffe ich den Rest auch noch."

Der starke Wind zog sich noch den ganzen Abend und die ganze Nacht. Er glaubte, dass der Sturm niemals enden würde. Auch wenn

sein Verstand nicht so recht glauben wollte, was er heute erfahren hatte, so spürte er tief in seinem Herzen, dass es die Wahrheit war.

Am Morgen konnten sie endlich aufbrechen. Sie kamen wegen dem alten Mütterchen nur langsam vorwärts, aber weit war es auch nicht mehr bis zum Schloss in den Dornen.

"Was glaubt ihr, finden wir hier vor?", wollte Gregor von der Alten wissen.

"Ich weiß es nicht, mein Prinz. Seit jenem Tag habe ich das Schloss nie mehr betreten."

Das ganze Schloss war von einer Dornenhecke umgeben. Undurchdringbar. Und die Skelette derer, die es versucht hatten, hingen aufgespießt und zur Warnung in dem Geäst. Gregor suchte einen Weg

hindurch, ein Schlupfloch. Und wenn er sich eines mit der Axt schlagen musste, die sein Gastgeber mitgenommen hatte. Doch als er die Hecke berührte, geschah etwas Unglaubliches. Er musste sich keinen Weg hindurch schlagen., denn mit einem Male ging ein blauer Schein durch die Hecke. Die Dornen wurden zu Rosenblüten und am Tor des Schlosses verschoben sich die Rosen und gewährten ihm Einlass.

Die alte Frau hatte Tränen in den Augen, nach all den Jahren, das Schloss in einer solchen Schönheit zu sehen.

Sie gingen durch das Schlosstor. Und tatsächlich, alle die ihnen auf ihrem Weg begeneten schliefen. Die Alte zeigte ihm den Weg zu Thronsaal, wo der König auf dem

Thorn schnarchte, über sein Festmahl gebeugt, dass von den Fliegenverunreinigt worden war, als auch diese im Flug eingeschlafen waren.

"Hier ist niemand gealtert, alle sehen sie aus, wie früher. Hier ist die Zeit wahrlich stehen geblieben, nur die Welt um sie herum hat sich verändert."

"Wo geht es zum linken Turm?", wollte Gregor wissen.

"Hier entlang." Gestützt von dem Mann ihrer Enkeltochter zeigte sie dem Prinzen den Weg. "Die Treppen jedoch müsst ihr alleine steigen. Das schaffe ich nicht mehr."

 

Prinz Gregor stieg die vielen Stufen hinauf. Und tatsächlich fand er im obersten

Turmzimmer das wunderschöne Mädchen aus seinem Traum in einem Bett liegend. Nun, da er sie sah, ergab alles, was die Alte erzählt hatte, einen Sinn und er hatte das unbändige Verlangen sie zu Küssen, um sie damit ins Leben und seine Erinnerung zurückzuholen. Doch ehe er sie erreichte stürzte ein riesiger Rabe auf ihn nieder. Gelbe stechende Augen. "Da bist du ja wieder. Ich dachte, ich wäre dich für immer losgeworden", sprach der Rabe mit weiblicher Stimme und hackte mit dem Schnabel auf Gregor ein. "Dann werde ich nun zu Ende bringen, was ich damals angefangen habe." Der Rabe packte den Prinzen mit seinen Klauen, zog ihn zum Fenster. Gregor versuchte, sich zu wehren, griff nach allem, was erreichbar war, um es

dem übergroßen, fast mannshohem Tier an den Kopf oder gegen den Schnabel zu schlagen. Plötzlich ein greller blauer Lichtschein. "Diesmal nicht", tönte eine andere weibliche Stimme. "Jetzt Prinz."

Gregor nahm seine Schere und stieß damit auf den Raben ein. Und aus dem Raben wurde die Gestalt einer Frau, die tot auf dem Boden des Turmzimmers lag. Die dreizehnte Fee.

"Und wer seit ihr?", fragte Gregor, die blutverschmierte Schere noch in der Hand.

"Ich bin die zwölfte Fee. Ich habe euch aus dieser anderen Welt zurückgeholt, euch den Durchgang gewährt und jetzt küsst sie schon, eure wahre Liebe und beendet damit den Fluch."

Das ließ er sich nicht zwei mal sagen. Er küsste sie. Und im selben Moment sah er wieder klar. Er erinnerte sich an ihre erste Begegnung im Wald. An ihre heimlichen Treffen, daran, dass er zu ihrem Geburtstag wollte, aber aufgehalten wurde, wie er erkannte, von der zwölften Fee. Er erinnerte sich an den Kampf und wie er in eine Welt geschleudert wurde, in denen es ein Übermaß an Türmen gab, die mehr aus Glas als aus Stein gebaut waren. Bunte Kutschen, die ohne Pferde fuhren. Dort hatte er auch den Namen Gregor getragen, in einem Büro gearbeitet, hatte dort Freunde (aber keine Liebe) gefunden, mit denen er fünf mal seinen Geburtstag gefeiert hatte. Und er erinnerte sich an das blaue Licht, dass ihn

geblendet hatte, ehe er wieder in den Traum mit den gelben Augen gesunken war.

"Warum habt ihr mich damals aufgehalten?", wollte Prinz Gregor wissen.

"Weil ihr sonst auch hier liegen und schlafen würdet. Und dann hättet ihr den Fluch nicht brechen können."

"Gregor?", hörte er die liebliche Stimme der Prinzessin.

"Rosa. Endlich können wir zusammen sein." Sie fielen sich in die Arme, küssten sich noch einmal, ehe sie die Stufen zum Thronsaal hinabstiegen.

In der Zwischenzeit hatte man in den umliegenden Dörfern gehört, dass das Schloss in den Dornen, nun ein Schloss in

den Rosen war. Alle waren herbeigeeilt um sich das anzusehen.

Unter dem Jubel der Bürger traten Prinzessin Rosa und Prinz Gregor in den Thronsaal, wo mittlerweile auch alle wieder erwacht waren. Der König herzte seine Tochter und hieß seinen künftigen Schwiegersohn willkommen. Gab ihnen den Segen für eine baldige Hochzeit.

Die ehemalige Küchenmagd weinte vor Freude. Sie durfte nun endlich den fünfzehnten Geburtstag und die Verlobung der Prinzessin erleben. Sie und ihre Familie erhielten einen Ehrenplatz am Tisch der königlichen Familie.

Sie berichteten von allem, was in den letzten hundert Jahren geschehen war. Was dem

König als sehr hilfreich erschien.

Allesamt feierten ein großes Fest, an dessen Ende die alte Küchenmagd friedlich und mit einem Lächeln einschlief.

Alle anderen lebten noch viele Jahre glücklich.

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Über den Autor

AngelaFinck
Meine Inspirationsquellen:
Meine kleine Tochter (für Kindergeschichten)
Märchen, Musik, Träume, Düsternis, Mystery, Horror

Referenzen:

Selfpublished:
Versklavt - Zurück zur Freiheit (Endzeit Si-Fi)

Kurzgeschichten in Anthologien:
Besuch in der Weihnachtswerkstatt / Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Bd.11
papierfresserchen-verlag
Flipps neue Freunde / Wie aus dem Ei gepellt Bd. 5
papierfresserchen-verlag
Das kleine Rentier / Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Bd. 12
papierfresserchen-verlag

Zusammenarbeit mit Verlagen:
Der betörende Duft von Jasmin als Laura Lee Logan
blue-panther-books-verlag

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FLEURdelaCOEUR 
Mir gefällt deine Märchenvariante ausgesprochen gut!
Liebe Grüße
fleur
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AngelaFinck Hallo Fleur,
freut mich, dass dir die Story gefällt.
Die ist mir seit langem, mal wieder richtig einfach über die Tastatur gegangen.
Lieben Dank für Coins und Herzchen.
LG Angela
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Hallo Angela,
aus einem bezaubernder Mix aus bekannten Märchen ist Dir Dein eigenes gut gelungen. Ich mag solche Geschichten.
Märchen haben viel Bezugspotential zur heutigen Zeit, das ich immer wieder erstaunt bin, dass die Welt sich im Grunde doch nicht so sehr verändert. Überlieferte Werte und Eigenschaften machen uns Menschen aus und werden in den Gundfesten Bestand haben.
Das Lesen hat mir viel Vergnügen bereitet., sagt grüßend die Kornblume
Vor langer Zeit - Antworten
AngelaFinck Hallo Kornblume
freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat.
Ich finde Märchen auch total Klasse. Vor allem, wenn ich nicht aufpassen muss, dass sie kindgerecht bleiben müssen. ;-)
Vor allem bieten sie so viel Möglichkeit sie zu erweitern, weil sie ja im Original so kurz gehalten sind.
LG Angela
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AngelaFinck Danke dir.
Freut mich, dass dur die Geschichte gefällt.
Noch viel Spass beim Battle.
LG Angela
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