Wie ein kleiner schneeball alles ins rollen brachte und immer dicker wurde
Samstag war es wieder, ein verregneter Samstag im Juli 2016. Raben hockten auf den Ästen vor dem geliebten Dorf Dom. Gleich stürzten sie sich auf die liegengebliebenen Kotzbalken vor dem Dorf Dom. Vergessen hatte man die Kippen, mit einem schwingenden Besen, wegzufegen.
Doch das interessierte mich im Moment nicht wirklich. Ich hatte die letzte Nacht komplett durch gesoffen, und mein Schädel fühlte sich auch so an. Die
Erbsensuppe mit Würstchen ließ ich stehen. Eine Kopfschmerz Tablette konnte ich in meinem verdammt gut aufgeräumten zwei Zimmer Appartement in der hier freundlichen Gegend, nicht finden. Also griff ich mal schnell nach einer Flasche abgestandenen und ranzig gewordenen Landwein. So, jetzt ging es mir wieder gut. Doch da gab es noch Haufenweise Probleme, die ich Ihnen, wenn Sie möchten einfach erzählen werde.
Als Belfried Frei bin ich Ländlich in einem friedlichen Dorf, mit grasenden Kuhköpfen vor 42 Jahren, recht behütet und gut genährt aufgewachsen. Kein Bewohner erschreckte sich, wenn er mich
mit meinem Ovalen Gesicht, und meinen spitzen Kinn auf der Straße begegnete. Wie ein Windkraftrad, drehte ich mich mit meinen 1,80cm in der blühenden einzigartigen Landschaft. Mein Körper Zart knochig. Meine Haare schwarz, so schwarz wie meine Seele, kurz geschnitten. Meine großen braunen Kulleraugen, fast immer rot gerendert.
Meine Modischen Klamotten, und die neuen roten Schuhe, die in so manchen Hundehaufen getreten waren, fielen den Dorfbewohnern sofort ins Adlerauge. Hier kannte jeder noch jeden. Die waren alle noch nicht von Gier, und dem Teufel besessen. Der Gipfel, ein Säbel Ohrring der Stolz an meinem linken Ohr herunter
baumelte. Das war Dorfgespräch, die Dorfplattform.
Meine Freundin Saskia Hummel, war ganze 38 Jahre jung, wohnte bei mir, und vertrödelte ihre Kostbare Zeit als Schuhverkäuferin. Mit Schwung bewegte sie ihren nicht vermatschten schlanken Körper, in so manchen Konsumtempel, mit ihren 1,65cm. Ihre geheimnisvollen grünen, etwas schräg gestellten Augen, richteten sich auf so manches Schnäppchen, und auf so manchen Männerarsch. Die Modischen Jeans, passten wie der Geier, zu dem Sturzflug. Ohne Scherz, sie wollte mal in einem Film mitspielen, einfach mit einem schnellen Auto die Mülltonnen um
nieten.
Mit ihren Sommersprossen auf der kleinen Stupsnase, und mit ihrem runden Gesicht. Ihr praller Hintern war wirklich eine Augenweide.
Meine neunzigsten Freunde merkten schnell, ich war ein Aufsteiger, der sich aus schwierigen Verhältnissen mit eigener Power als Altenpfleger kämpfend hochgearbeitet, später noch Stationsleiter schimpfen durfte. Auf keine Tradition konnte ich mich berufen.
Meine Ziele verfolgte ich hartnäckig, meinen Führungsanspruch stets absichernd.
Meine Gefolgsleute band ich mit allen
Mitteln an mich. Forderte Respekt und fühlte Verantwortung gegenüber meiner eigenen Mission. Ich war verdammt noch mal verflucht zu Gewinnen. Ein kleiner falscher Schritt, und ich verlor alles, was ich mir bis dahin aufgebaut hatte.
Der Anfangs kleine Schneeball kam immer schneller ins rollen. Ich wollte doch nur wieder zu mir finden. Die Zukunft machte mir Panische Angst.
,,Was wird werden, wenn du nichts mehr Besitzt?“
,,Bleibt deine Freundin bei dir, wenn es dir dreckig geht?“
,,Was wird aus deinem Appartement?“
,,Spielen deine Finanzen noch mit?“
Ein Schuldgefühl nach dem anderen jagten mich.
Natürlich kämpfte ich dagegen an. Auch nicht darum gekümmert hatte ich mich, was meine Freundin von mir dachte und tat.
Nicht mehr darum gekümmert, was meine guten Freunde dachten und taten. Nicht mehr darum gekümmert, wie es meiner Heimat mit den grasenden Kuhköpfen ging, und nicht mehr darum gekümmert, was den herzinnigen Job betraf, und was das Appartement betraf.
Da stand ich nun, stand vor dem gar nichts. Vorwürfe, und immer wieder Vorwürfe. Vorwürfe quälten mich.
,,Warum?“
Das ich so dumm war und so lange nicht geblickt habe, was da so Abging. Ich hoppelte wie ein angeficktes Kaninchen über Stock und Stein. Labern konnte ich mit niemanden darüber, was mir in den letzten Jahren alles passierte. Fühlte mich wie in einer Mülltonne. Es war doch mein Leben.
,,Jetzt nicht alles hinwerfen.“
,,Fehler macht doch alle Welt.“
Meine Mutter hatte mir nicht beibringen können, auf die Gefühle zu hören und mich lieber mit ihren Manipulationen in die Enge getrieben. Manchmal wusste ich schon gar nicht mehr, ob ich Männlein oder Weiblein war.
,,Was meinen Sie?“
Es kann doch alles nur besser werden, mit eigener Kraft, die Zukunft zu bewältigen.
Was gab es wichtigeres, wie das retten aus aussichtslosen Situationen. Wenn ich eine Aufgabe hatte, blendete ich alles andere aus. Deshalb hinterließ ich oft enttäuschte Freunde, Menschen die mir sehr nahe Standen. Einfach meine Lieblings Menschen.
Ich stellte Plötzlich fest, dass sich mein Leben drastisch verändert hatte. Alte gewohnte Mittel versagten. Keine Hilfe weit und breit. Die Felle schwammen mir davon.
Die Konten waren geplündert. Schnell war ich gezwungen, die Gegenwart zu begreifen.
Meine Freundin war auf einmal Spurlos verschwunden. Jahre meines Lebens, lösten sich in Nebel auf. Das Appartement und der aufopfernde Job waren nicht mehr da. Ich hatte nicht gesehen, was mich wirklich quälte.
,,Ist jetzt alles gegessen?“
,,Sollte ich alles wegwerfen?“
Auf einmal erwachte ich in einem Sarg. Man hatte mich lebendig begraben. Mit letzter Kraft befreite ich mich und kehrte als Mittelloser zurück ins Kuhkaff. Dort erschoss ich den Pfarrer und erhängte mich anschließend.
Aus der Traum. Aufgefangen von einem Luftkissen landete ich im Kreise meiner lieben, und der Pfarrer lebte auch noch. Die Klatsch Besessene Nachbarin mit Brüsten, wie Apfelsinen aus dem Supermarkt, sprang an unseren Tisch, schlürfte Kaffee, und verschlang den Pflaumenkuchen mit Sahne.
Dieter Battisti
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