(neu eingestellt 18.10.2022)
HEXENTAUSCH
Die Hexe Elsa war aufmerksam. Sie saß in ihrem windschiefen Hexenhaus vor dem Fernseher. Ihre Hexen-Übungsstunde hatte sie hinter sich, genauso wie ihren Raben Corax. Der war grantig und plapperte über ihre Schulter.
“Seit du diesen Fernseher angeschafft hast, ist hier nichts mehr los.“
"Still, Schnabel halten", zischte die Hexe, "jetzt wird es spannend."
Corax verstand die Welt nicht mehr. Was fand sie denn so toll an diesen
langweiligen Sendungen? Vor allem diese primitiven Folgen „Frauentausch“. Das war doch nur für Blödhexen!
„Früher hast Du noch gehext, hast Haselnüsse Flamenco tanzen lassen, mit den Tieren des Waldes Schabernack gemacht, nun aber sitzt du nur noch auf der Couch und futterst die Alraunen-Chips.“
Da klopfte es an der Tür. „Mach auf Corax, ich kann gerade nicht.“
Corax flog zur Klinke und öffnete. Ein Brief flatterte vor der Türe und meldete, dass er wegen der Hexe Elsa kam. Der Rabe nahm das flatternde Schreiben entgegen. „Sieh mal, da ist ein
Flugschreiben für dich.“
Nun war die Hexe doch neugierig geworden. Sie öffnete. „Hurra“, schrie sie, „ich bin dabei!“
„Wobei?“
„Beim Hexentausch!“
„Hast du dich denn beworben?“
„Nein, aber mein Freund der Zauberer Salamoni Salametti hat mich angemeldet.“
Elsa wurde hektisch. „Schnell, ich muss noch im Kadabra.net nachforschen. Ein neues Outfit muss her.“
Der Rabe schüttelte den Kopf. „Du hast doch schon alles.“
„Ja, aber stelle dir vor, ich komme auf ein hoheitliches Zauberschloss, oder auf
die Burg des Magiers von Havenstein. Da muss ich doch etwas hermachen.“
„Wie kommst du denn darauf, dass du dort im Austausch landest?“
„Du verstehst die Show nicht. Ein armes Würmchen kommt in eine hochvornehme Umgebung, während die andere Hexe in eine einfache Behausung kommt. So ist das, damit Schwung in der Sendung ist.“ Sie seufzte vor Glück. „Ich komme ins Fernsehen! Stell‘ dir vor, auf Hexensat! Vielleicht werde ich sogar ein Star. Ach, und alle bedienen mich! Wird das herrlich!“
„Es ist besser die Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben“, mahnte der Rabe zur Vorsicht.
„Ach, papperlapapp! Ich bestelle das Dämon-Höschen Boa restrictor mit der Tasche von Magique. Das geht bei dem Versand Zauberzone fix. Morgen habe ich es. “
„Willst du denn hier nicht erst einmal aufräumen? Wenigstens einen ordentlichen Haushalt übergeben, wenn die Tauschhexe kommt.“
„Das kann die Tausch-Schlampe, dieses Schlangengift, gefälligst selber übernehmen. Wozu kommt sie denn sonst?“
Zu den Bedingungen der Teilnahme gehörte, dass sich die Tauschhexen gegenseitig eine mediale Nachricht
schickten, in der sie sich und ihren Haushalt vorstellten.
Tags darauf also klopfte es wieder an der Türe. Die Hexe Elsa hastete, um zu öffnen. Fast wäre sie vor Aufregung gestolpert. Die Fledermaus-Post hatte eine Aladin Lampe abgegeben. Die Hexe stellte die Lampe auf den Tisch und rieb an der Seite. Corax war gespannt wie ein Flitzbogen und Elsa zitterte vor Aufregung.
Es stieg Rauch auf und in 3D erschien das Gesicht der Tauschpartnerin. Die Hexe wurde blass.
„Ausgerechnet eine Sumpfhexe“, schrie sie. „Das darf doch nicht wahr sein!“
„Und wie sie aussieht“, krächzte Corax
entsetzt, „nicht eine Warze! Kein Tatoo!“
„Das Gesicht ist glatt, wie ein Kinderpopo“, schimpfte Elsa. „Die bringt unsere ganze Zunft in Verruf!“
„Womöglich ist sie gar eine Antihexistin“, befürchtete der Rabe. „Sieh nur, die hat die Haare so pappig.“
„Wahrscheinlich mit Unken-Gel eingeschmiert. Ein ekelhaftes Modepüppi!“
Die Tauschhexe, das 3D Hologramm in der Wolke, begann zu säuseln.
„Wir sind eine ganz liebe Gemeinschaft. Da wären Kater Karlo, Sumpfviper Fridolin und die Spinne Eusebia und natürlich Susi, die liebe Ratte.“
„Spinnt die“, entfuhr es Elsa, „ein ganzer
Zoo!“ „Wie kann man nur eine Katze halten“, meckerte Corax, „die sind gefährlich!“
„Ich heiße Hedwig“, fuhr das Hologramm fort. „Du, liebe Tauschhexe, hast den ganzen Haushalt zu schmeißen. Es steht alles auf dem Tagesplan. Und nun viel Vergnügen in unserem Heim.“. Das Hologramm erlosch, die Wolke zog sich wieder in die Lampe zurück.
Die Hexe Elsa saß da und grummelte. „Der Hexe werde ich es zeigen. Haushalt! Der werde ich schon das Rechte zusammen hexen, dass ihr Hören und Sehen vergeht.“
Da gab der Rabe zu bedenken. „Da ist nix mit Hexen! Das ist beim Tausch
untersagt. Du weißt, dass dies eine Bedingung ist.“ „Pfui Krötenspinne! So haben wir nicht gewettet! Ich mache einfach nicht mit!“
Da donnerte es durch den Kamin.
„Du musst! So sagt es Luzifer, der Master von Hexensat!“
Da musste sich die arme Elsa fügen.
Am Tag darauf, da wurde sie in das fremde Heim der Sumpfhexe gezaubert.
Es konnte nun auch nicht mehr lange dauern bis die Tauschhexe Hedwig eintraf. Der Rabe Corax war gespannt, wie er nun mit der Neuen auskommen würde. Das konnte ja was werden!
Zickig, nervig würde es auf ihn einprasseln. Kurzum, eine blöde Kuh würde auftauchen. Es konnte nur furchtbar ausgehen. Der Rabe ahnte voller Bangen, dass eine schwierige Zeit auf ihn zukommen würde.
Es machte einen Puff und Hedwig stand leibhaftig vor ihm. Hedwig sah sich um „Bei Satanas“, entfuhr es ihr. „Hier sieht es ja aus! Nichts als Dreck!“ „Zuerst einmal sagt man guten Tag“, belehrte Corax.“
Als die Hexe den Raben sah, war sie entzückt, während Corax skeptisch blieb. „Du bist ja ein ganz ein Süßer!“ „Ich bin nicht süß, sondern ein Rabe!“ „Jetzt mache ich dir erst einmal etwas
Hübsches zum Essen, mein Guter“, zwitscherte sie. „Ich mag Tiere! Habe selbst einige Racker.“
Corax war baff. Seit wann kümmerte sich denn jemand, dass er zu essen hatte?
Bei Elsa musste er sich selbst seine Mahlzeit mühsam zusammen klauben.
Hedwig turnte in die Küche „Bei Beelzebub! Der Hexenkessel ist ja ganz verdreckt! Wie soll man da ein feines Krötensüppchen kochen!“
Hedwig lief schnurstracks zur Türe hinaus.
„Bin ich sie denn so schnell wieder los geworden“, fragte sich der Rabe. "War Hedwig vor dem Saustall entflohen?"
Doch eine halbe Stunde später erschien
Hedwig wieder auf der Bildfläche und Corax legte den Kopf schief. Da stellte die Gasthexe dem Vogel einen Napf hin. Lauter Leckereien hatte sie für ihn angerichtet.
„Selbst gesammelt“, erklärte sie.
Etwas Obst und Sämlinge waren dabei, sogar ein paar alte Fleischstückchen, ein Ei dazu. Es war wie im Schlaraffenland. Corax hackte darauf los.
„Schmeckt’s?“
Der Rabe musste nicht antworten.
Man konnte es sehen.
„Und nun zur Küche“, machte sich Hedwig Mut.
Nach einem Tag konnte man die Küche nicht wieder erkennen. Alles war
blitzblank. Der Kupferkessel strahlte. Da setzte sich Hedwig mit Corax zusammen. „Nun müssen wir ein wenig lernen, Corax. Wer ein guter Rabe ist, der muss auch ein wenig zaubern können. Du wirst sehen, das macht sogar Spass.“ Der Rabe war gelehrig und er fand richtig Gefallen daran. Und wenn mal etwas schiefging, da munterte ihn die Sumpfhexe auf, statt ihn zu tadeln. „Dass nun der Besen nicht die Asche weggefegt hat, sondern ein Liedchen sang, ist nicht so schlimm. Probiere es einfach nochmal.“ Hedwig konnte nur Tipps geben, denn wie es die Vorschrift verlangte, durfte sie ja selber bei dem Tausch nicht zaubern.
Ach, wie war der Rabe glücklich. Man
befasste sich mit ihm, er wurde gefüttert und lernen durfte er auch.
„Von mir aus kannst du für immer bleiben“, sagte Corax großzügig.
Aber die Zeit war schneller um, als es dem Raben lieb war. Zum Abschied überreichte Die liebe Sumpfhexe dem Raben einen verschlossenen Zettel. "erst später öffnen", zwinkerte sie.
Hedwig wurde wieder in ihr Reich beordert und Elsa purzelte wieder zurück.
„Wie sieht es denn hier aus“, rief Elsa entsetzt. „Da ist ja alles aufgeräumt! Selbst meine schönen Zauberbücher sind abgestaubt.“
„Sie wurden benutzt“, verbesserte der Rabe.
„Ach, halt den Schnabel“, zischte die Hexe verärgert.
„Das Weibsstück, diese Gurgel hat mir ja alles auf den Kopf gestellt.“
„In Ordnung gebracht.“
„Ruhe!“
Die Hexe saß am Tisch und rauchte vor Zorn. „Wie ist es denn dir ergangen“, fragte der Corax vorsichtig.
Die Hexe kreischte „Es war der Irrsinn!“
„Tsss“, tat Corax scheinheilig, „ist etwa nicht alles glattgegangen?“
„Die haben mich zur Arbeit angetrieben. Der Kater Karlo hat mich gebissen, Friedolin hat sich um meine Hände
herum geschlungen, sozusagen gefesselt und gezwackt.“
„Was Vipern so alles anstellen können“, tat der Rabe entrüstet.
„Und am allerschlimmsten war die Ratte Susi. Die konnte zaubern und ich durfte ja nicht. Ich hätte die zu gerne in eine Laus verwandelt und dann zertreten.“ „Aber wieso waren sie denn alle so gegen dich? Ich dachte, du kämest zu einem vornehmen Haushalt.“
„So elend sauber war es. Da hätte ich mich schütteln können! Und dann, drum herum nur Sumpf! Sumpf, mumpf! Sobald man ins Haus kommt, schon hat man Flecken und Schlamm hereingebracht. Ich habe mich natürlich
geweigert dauernd zu wischen.“
„Klar, kann ich mir gut vorstellen“, meinte Corax wissend. „Bei dir kein Wunder.“
„Eben! Aber dann haben die mich gepiesackt, bis ich es schließlich doch getan habe.“
„So, so!“
„Ich habe geschrien, wie sinnlos das Ganze ist. Das nächste Mal gibt es doch sowieso wieder Flecken vom Sumpf. Weißt du, was da diese freche Ratte Susi gesagt hat?“
Der Rabe schüttelte den Kopf.
„Sie sagte glatt: dann brauchst du auch nichts zu essen, du bekommst sowieso wieder Hunger.So eine satanische
Frechheit muss man sich mal vorstellen!“
„Schrecklich“, grinste der Rabe heimlich.
„Ich muss jetzt erst einmal zu Bett", seufzte die Hexe erschöpft. „Ich bin völlig ausgelaugt, fix und fertig.“
Als die Hexe tief eingeschlafen war und schnarchte, da öffnete Corax den Zettel, den ihm die gute Hedwig zum Schluss hinterlassen hatte.
Er las: „Für Dich, mein lieber Corax. Bei Vollmond einmal flüstern, nicht öfters.“ Darunter stand ein geheimnisvoller Zauberspruch. Es war gerade Vollmond und Corax sprach den Zauberspruch leise herunter. Er hatte ja das Zaubern gelernt. Doch es geschah nichts und der Rabe war
enttäuscht. Er hatte sich doch etwas mehr als Geschenk erhofft.
Am nächsten Tag war Elsa wie verwandelt. Sie putzte, kochte, scherzte mit Corax. Es wurde plötzlich alles anders.
Tiere des Waldes kamen vorbei, um einen netten Plausch mit den Beiden zu führen und alle waren glücklich.
Und so blieb es auch.
Das einzige Stück, das mit der Zeit verstaubte, das war der Fernseher.
Das hatte man von der Hexe Elsa niemals erwartet.