Biografien & Erinnerungen
Auf den Dächern von Bukarest - SP 98 - Erinnerungen

Vorbemerkung

Diese Erinnerung wurde ausgelöst durch die Kindheitsgeschichte "Unbeschwerte Tage" von Manuela (schnief), danke dir herzlich dafür!

Das Foto entstand erst 2013, das Haus war schon stark vom Verfall gezeichnet.

Auf den Dächern von Bukarest

Im Sommer, am Ende unseres 2. Semesters in Bukarest, hatte meine Freundin herausgefunden, dass einige Mädchen sich nachmittags auf dem Dach unseres Studentenheims auf die Prüfungen vorbereiteten, um sich schon mal für den Schwarzmeerurlaub danach vorzubräunen. Das klang gut, ich war sofort dabei. Unser Studentenheim war ein älteres, zentral gelegenes, fünfstöckiges Eckgebäude mit Innenhof, früher mal als Hotel genutzt. Auf der Straßenseite gegenüber befand sich ein Zeitungsverlag.

Am nächsten Nachmittag ging es also los. Wir schlossen uns den anderen Mädchen an, die eine schmale Treppe zum Dachausgang ausfindig gemacht hatten. In Bademänteln, mit Bikini darunter, stiegen wir der Reihe nach hinauf, bewaffnet mit einem Lehrbuch oder einer Scripte.
Die Tür zum Dach war offenbar nicht verschlossen. Als ich hinaus trat, auf einen schmalen Steg auf dem Dachfirst, überkam mich ein ungutes Gefühl, ich konnte den Ausblick auf die gegenüberliegenden Häuser irgendwie nicht richtig genießen. Allerdings sah ich die Zeitungsmänner an ihren Fenstern, wie sie uns irgendwelche Zeichen machten… Allein wäre ich dort niemals entlang gegangen, aber in dem Moment war es eine Art

Gruppenzwang. Natürlich hätte ich an der Tür umkehren können, aber ich wollte ja auch kein unsportliches Weichei sein, nach mir folgten auch noch andere … Geradeaus blickend und nicht hinunter, ging ich den anderen nach. Zum Innenhof hin befanden sich weniger schräge Dachgauben, auf die wir uns verteilten. Man musste allerdings erst ein paar Schritte auf dem sehr steilen Schieferdach überwinden, bis man zu der mit Blech beschlagenen Gaube kam. Es war sehr heiß, deshalb diente der Bade-mantel als Unterlage.
Ich lag auf dem Bauch, meine Scripte vor mir, und wurde plötzlich ganz müde. Im Einschlafen spürte ich noch, wie ich sanft auf

dem Blech hinabglitt. Schlagartig wieder hellwach, suchte und fand ich Halt an den seitlichen Dachkanten. Nicht auszudenken, wenn ich da hinabgerutscht wäre! Die Dachrinne hätte mich gewiss nicht aufgehalten … Brauchte dann aber noch eine ganze Weile, bis ich mich traute, meine Utensilien einzusammeln und wieder nach oben auf den Dachfirst zu klettern.
Das war’s mit dem Sonnen auf dem Dach.
Am nächsten Tag fuhr ich mit meiner Freundin zum Lernen ins Studentenbad am Lacul tei (Lindensee), wo wir allerdings mehr flirteten als lernten … Es hieß, die Zeitungsleute hätten Alarm

gschlagen, jedenfalls war die Treppe zum Dach fortan versperrt. Mir war es nur recht, ich hätte meinen Schutzengel nicht noch einmal auf diese Weise strapazieren wollen. © fleur 2017