Lieber Liebe leben
Gemeinsam genießen wir unseren Morgenkaffee.
Wir? Meine liebe süße zarte Frau und ich.
Ich? Der passende Mann.
Ein wohlgeformter runder Bauch und schlankes Gebein ziert meinen wollig behaarten Körper.
Der Kopf ist kahl. Zu viele Gedanken, in meinem Regenbogenkurvenreich unter der Schädelplatte, ließen das Wachstum erschlaffen.
Nachdenken?
Ich philosophiere über die Kunst, die ich erschaffen habe. Über die Texte, die ich geschrieben habe.
Über die Farbaufträge, die überlappend jeden klaren Ausdruck in diffuse Rätselhaftigkeit verwandeln.
Also, es ist vier Uhr in der Frühe und wir genießen unseren Morgenkaffee.
Meine liebe süße zarte Frau machte einen Heidenrabatz.
Dies geschah durch ihr erschlafftes Gaumenzäpfchen, das vibrierend die Atemluft zum Tönen brachte.
Ohrenbetäubend zerrte sie, die tönende Atemluft, in meiner Regenbogenwindung, an meinen ach-so-zarten, an meinen
wundgeriebenen Nervenenden.
Da meine liebe süße zarte Frau den zweitbesten Morgenkaffee aller Morgenkaffees bereitet, weckte ich sie kurzerhand mit meinen hervorragenden Überredungskünsten, sich um das besagte Gebräu zu kümmern.
Und als diese kleine zarte Person so in der Spüle hantierte, verbanden sich für einen Moment die falsche Synapsen in meinem Regenbogen … Sie wissen schon …
Warum hatte sie auch am Abend zuvor nicht schon alles vorbereitet?
Für einen reibungslosen Ablauf.
Aber das macht sie gern, meine liebe süße zarte Frau.
Sie vergisst die verkleckerten Tassen und sämtliches Geschirr in der Spüle und legt sich nieder, um ihr Gaumenzäpfchen flattern zu lassen.
Wohlweislich, dass dieses Verhalten meine Nervenenden strapaziert!
Während ich an dem heißen allerbesten Morgenkaffee nippe, betrachte ich liebevoll verklärt meine kleine süße Frau.
Ihren Kaffee rührt sie nicht an.
Es ist wohl noch etwas zeitig für sie.
Doch früh am Morgen ist die Luft noch klar, sind die Gedanken noch unverbraucht.
Da sitzt sie.
Etwas blass um die Nase.
So viel Wasser.
Die Tropfen rinnen aus ihrem Haar und bilden eine Pfütze unter dem Stuhl.
Ich ging langsam auf sie zu.
Auf meine liebe zarte süße Frau, als sie im Waschbecken hantierte.
Mit meiner Linken griff ich ihren bezaubernden Nacken und versenkte ihren Kopf im Spülwasser.
Ihre Meerjungfrauenblubbergeräusche erschreckten mich ein wenig. So zog ich sie aus dem sauerstoffarmen Nass.
Doch statt einem liebevollen Blick, stieß sie mir Engelszungenzischelspiegelungen
entgegen. Das Wasser lief nebst Schnodder aus ihrer Nase.
Kein schöner Anblick für einen Ästeten wie mich.
So tauchte ich sie erneut ein, in die Essensreste vom Vortag.
Ihr aufgeregtes Seepferdchengetrampel bereitete mir heftiges Herzrasen. Doch ich kämpfte gegen den Impuls an, meine liebe zarte süße Frau frühzeitig aus dem Spülwasser zu ziehen, käme es wohl zu schwerwiegenden Unannehmlichkeiten für meine schon arg geschundene Seele!
Und als es still wurde - - - unter der Spülwasseroberfläche, zog ich meine liebe zarte süße Frau heraus und setzte sie auf ihren Platz.
Da sitzt sie nun.
Mein Blick haftet auf einer matschigen Nudel in ihrem Haar.
Vertreibe den Gedanken an die versalzene Sternschnuppensuppe von gestern.
Möchte uns lieber als die verliebten Lichtgestalten sehen, die wir einst waren.
Ich trinke meinen besten Morgenkaffee, den ich mir selbst bereiten musste. Er ist ohnedies besser, als ihr durchscheinendes Gebräu.
Schmiede Pläne.
Werde sie einbuddeln.
Verbuddeln.
Und mit buntem Laub bedecken.
So, wie sie es liebt.
Bei der Waldlichtung.
Unserer Waldlichtung.
Das erste Mal, der Antrag … und nun wird sie die Lichtung nicht mehr verlassen.
Verlässlich.
Dort werde ich verweilen.
Bis zum Sonnenaufgang.
Muss mich nun hochraffen.
Um zu tun, was getan werden muss.
Zuerst der Abwasch im Spülbecken, den muss ich nun selbst erledigen.
Dann meine liebe süße zarte Frau.
Sie soll es gut haben.
Auf unserer Lichtung.
Auch wenn die Zeit - mit der Zeit – nicht mehr ganz so rosarot war, so bin ich dennoch tolerant.
Was soll´s?
Künstlerische Freiheit eben …