Journalismus & Glosse
Kleinigkeiten aus der Großstadt - Teil 3

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"Wahre kleine Begebenheiten"
Veröffentlicht am 16. September 2017, 10 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
© Umschlag Bildmaterial: lynx, "Subway", http://piqs.de/fotos/129687.html
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Über den Autor:

Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und ...
Wahre kleine Begebenheiten

Kleinigkeiten aus der Großstadt - Teil 3

Sieh mich nicht

Vielleicht sorgt sich der Wachmann vor diesem Mietshaus um die große Synagoge schräg gegenüber. Aber das Messingschild „Panter und Tiger“, in der Tucholskystraße, da darf gelacht werden. Patienten der großzügig geschnittenen Praxis hier wissen ohnehin, dieselbe Fläche dient eine Etage höher dem grünen Außenminister als Dienstwohnung, der Joseph heißt und sich niedlicher nennt.

Heute gibt es eine Feier in der Praxis, ständig gehen Leute ein und aus. Ausgerechnet da erscheint auf der Treppe

der Herr, der über uns wohnt, den Bodyguard hinter sich und das stumme Handy gequält ans Ohr gepreßt, simulierend, es zetere da Mrs Albright oder seine Mutter. Vor jener und der UNO brilliert er. Hier aber läßt ihn die Vorstellung zittern, Plethi könnten ihn um Autogramme anbetteln oder ihm die klebrige Hand aufdrängen.

Auch mächtige Männer, auch ehemalige „Revolutionäre“, leisten sich halt Albernheiten. Er ist ein Mensch.

Hab mich lieb

Zur Feierabendzeit schallen weiche Trompetentöne über den wie immer schmuddligen Alexanderplatz: „… hab mich lieb …“ Da tut sich ein junger Bursche dasselbe an wie ein Barpianist oder ein Prediger: Er setzt sich der Öffentlichkeit aus, auf daß ihn jeder Depp höre, und jeder Depp überhört ihn. Zudem sind an diesem Herbstabend gewiß nicht nur seine Finger klamm. Doch abgesehen davon, daß diese Arie aus der „Lustigen Witwe“ eine ziemliche Schnulze ist, er intoniert zwar nicht in Herrn Brönners Weise, aber wirklich gut.

Anderntags komme ich an der Musikschule meines Kiezes vorbei und erhasche aus einem offenen Fenster verblüfft das Mittelstück derselben Arie, weich gespielt … auf einer Trompete. Die ist also Unterrichtsstoff?

Das ist auch mal eine Lösung: Unbeachtet üben auf dem Alex und sogar paar Pfennige erhalten, statt die gereizte Familie und die lauernden Nachbarn zu belästigen. Ich kenne einen wirklich guten Klarinettisten, der hockte zum Üben immer im beleuchteten Kleiderschrank.

Wähle mich

Vor dem Supermarkt holt mich eine nette Dame aus tiefen Gedanken an die aktuellen Leerstellen des Kühlschranks und überreicht mir eine schicke weiße Rose. Verblüfft suche ich die Überschrift dieser Szene, lese „Alternative für“ und lege die Rose dankend zurück

Die richtige Antwort kommt mir wie immer erst später: „Legen Sie Ihre Rosen mal überall in der Stadt ab, wo Menschen erschlagen oder angezündet wurden, und Ihr Verein hat das Klima dafür

angeheizt.“ © 2017 Brubeckfan

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Über den Autor

Brubeckfan
Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und das ist allermeistens.

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baesta Du hast recht. Auch mächtige Männer sind letztendlich nur Menschen. Dass sie sich abschotten ist wohl auch eine Schuld von Krathi und Plethi, die ihre Mediengeilheit nicht zügeln können.
Leider bin ick keen Berliner und kenn mich mit dem janzen Gestrobel nich aus.
Lachegrüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Das einzige, was mir zur rationalen Erkärung einfällt, wären vlt. Sicherheitsbedenken. Also wer ihm zu nahe kommt, hat möglicherweise eine Stricknadel im Ärmel, siehe Schäuble. Bloß schlicht "Guten Tag" sagen, das wäre ja wohl drin gewesen. Regine Hildebrandt z.B. hätte ganz anders reagiert.
Vielen Dank für alles!
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Joschka ... heißt ja im Russischen das Igelchen ... ist er vielleicht zu fett, um sich zusammenrollen zu können, oder ist sein Bart einfach nicht stachlich genuch?
Aba, sach ma ... wohnt da bei den Tiger und den Panta nich ooch der Wrobel ... da jeleich neben den Tucholsky? Mit die viere inne Kneipe, oda ooch in Reinsberg oda Gripsholm, ... du, da kommste aus' t Lachen nich mehr raus! Janz dufte Kerle, alle viere.
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Igel, das ist toll, das hätte in die Situation gepaßt. Ich wußte es nur nicht; weiß der ja mit Sicherheit selber nicht.
Die viere könnten wir sehr gut hier gebrauchen, bei weitem nicht nur zum Rumkugeln!
Liebe Grüße,
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Soll bloß einer sagen, in Berlin erlebt man nichts, sagt eine ehemalige Berlinerin. :-)
"Milljöh"-Studien der anderen Art. Sie gefallen mir sehr, Gerd.
Liebe Grüße und einen schönen Wochenstart
Kara
PS: Übrigens, den Brönner mag ich!
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Das ist schön, zweimal!
Jaaa,Trompete geht auch ohne Schnetteredeng.
Wünsche Dir einen entspannten Tag
und grüße Dich,
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
cassandra2010 

Uaaah, im ersten Moment schnappten meine Synapsen bei SYNAGOGE - TUCHOLSKY-JOSEPH beim schäumenden Sportpalästler ein, aber WIE er-leich-tert war ich dann doch, dass es nur der Joschi Fischer war! "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!"

LG
Cassy, die auf diesen Schrecken gezz erst mal einen Ingwertee trinken muss
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Tut mir ja leid; aber mit Verlaub: Dies sind aufgeschriebene Erlebnisse -- für wie alt halten Gnädigste mich?
Danke Dir für die Belohnung voller Erleichterung
und wünsch Dir einen majestätischen Tag!
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
cassandra2010 
Der liebe Albert Einstein hat mir mal sein bekanntes Gedankenexperiment erklärt... irgendwo da drin seid ihr alle für die principessa unterwegs
auch dem Hauptstädter einen netten Erdlingsstag
Cassy
Vor langer Zeit - Antworten
hingekritzelt Ich weiß ja, dass sich hier überzeugter Dörfler (ich!) und kiezliebender Städter (Du) zähnefletschend gegenüberstehen, aber solange wir nicht mit weißen Rosen aufeinander einschlagen, gefällt mir das Bild ganz gut.-)

Hier auf dem Land bleibt die Qual der Wahl übrigens weitestgehend außen vor - von den Grinsemännern- und frauen an den Laternen mal abgesehen - soweit könnte man von hier aus ein "alles supi" vermelden. Wenn, ja wenn nur die Flimmerkiste nicht ständig...... aber das ist ja ihr Job Für den Inhalt der Wahlwerbespots ist ja nicht mein Fernseher verantwortlich. Nicht mal die Verantwortlichen selbst sind dafür verantwortlich. Mich beschleicht so das Gefühl, dass wir vlt. verantwortlich dafür sind. Bekommen wir gar, was wir verdienen?
Na, solange wir etwas bekommen (gratis!!), sind wir alle lieb. Und wir sind ja bekannt dafür, dass wir lieb sind. Von deutschem Boden geht ja ständig Liebe aus. Ach ne, das war ja Fantasy Island, grins.
Schluss jetzt. Mach Dir n schönen Sonntag :-)
LG Uli
Vor langer Zeit - Antworten
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