Buchcover "Insane" by Chaos Valentin
Es war bereits dunkel, als Chaos und Zecke vor den Eingang des Badehauses traten. „Aber du musst zugeben, dass das echt gut getan hat“, meinte Zecke und gab Chaos eine Dose Bier. Dieser nickte, öffnete das kühle Getränk und nahm einen großen Schluck. „Ja, die Wärme hat die Muskel gut gelöst“, stimmte er dann zu. Sie gingen durch Lost District, während zwischen ihnen eine angenehme Stille herrschte. Zecke musste unwillkürlich immer wieder an die Narben denken, die er zuvor auf Chaos´ Rücken gesehen hatte. Er hätte zu gern gefragt, woher sie
stammten, doch er wusste genau, dass diese Frage Erinnerungen wecken würde, die hätten nie entstehen dürfen. Er schlussfolgerte, dass sie wahrscheinlich in der Klinik entstanden sein mussten, in die Chaos eingewiesen war. Chaos hingegen betrachtete die Landschaft, in die vertraute Dunkelheit seiner Blindheit getränkt. Trotzdem spürte er, dass dieser Ort schon vor langer Zeit von der zivilisierten Welt, wie diese Bastarde sich selbst profilierten, verlassen worden war. Aus den Rissen im Asphalt unter seinen Füßen wuchsen große Büschel Gras und andere Büscher und Stauden. Die meisten
Häuser hier waren nichts weiter als Ruinen. Chaos schlussfolgerte, dass hier vor vielen Jahren ein erbitterter Kampf geherrscht haben musste und psychedelic Anarchy gewonnen hatte, da sie nun in diesem verlassenen Stadtviertel leben. Nach 10 Minuten waren sie am alten Hotel, dem Hauptquartier, angekommen. „Was wirst du jetzt machen?“, fragte Chaos und trank den letzten Schluck Bier. „Ich werde erst einmal zu Smoke gehen und schauen, ob es irgendwelche Neuigkeiten gibt. Wenn du willst kannst du mitkommen. Es kann sein, dass er auch was zu deinem Fall herausgefunden hat“, bot Zecke an. >Bei meinem Fall? <,
dachte Chaos und ein alt bekannte Art von Dunkelheit breitete sich in ihm aus. Dieselbe Dunkelheit, die ihn erfüllt hatte, als er die Ärzte ermordet hatte. So kalt, kontrolliert und gnadenlos. Smoke saß, wie beinahe den ganzen Tag schon, hinter seinem Schreibtisch in der Krankenstation und blätterte durch den Papierblock, den Zecke im am Vormittag gegeben hatte. „Hey, ihr zwei kommt genau richtig. Ihr wurdet für heute Nacht für einen Auftrag eingeteilt“, begrüßte Zecke die beiden Punks. Sie traten ein und setzten sich auf eines der freien Betten. Smoke erklärte ihnen, dass Mr. Sato, Yagami´s Assistent, den Anschlag auf der Brücke überlebt hatte
und ins örtliche Krankenhaus gebracht worden war. „Eure Aufgabe wird sein, aktuelle Informationen über den Stand der Polizeiermittlungen zu beschaffen und ihn dann zum Schweigen zu bringen. Außerdem müsst ihr den Standort von Mr. Himura aus ihm herausbekommen. Der Typ ist nämlich für alles, was dir passiert ist, verantwortlich.“ Beim letzten Satz sah er Chaos an und erschrak über die Kälte in dessen Augen. So hatte er ihn noch nie gesehen. „Ok, wann geht es los?“, fragte Zecke. Smoke nannte ihm die Details von Uhrzeit und Standort, dann gingen Chaos und Zecke in den Schlafsaal, um sich umzuziehen. Sie
trugen immerhin noch ihre Trainingsklamotten. Chaos trug die einzigen Klamotten, die er, bis auf die Trainingssachen, momentan besaß: Lederboots, rote Tartanhose und schwarzes Muskelshirt. Zecke hatte ihm gezeigt, wie er den Mohawk selbst stylte, denn er gelte seine blauen Haare zu Liberty Spikes. Dazu trug er ein schwarzes T-Shirt von the Misfits, eine blaue Tartanhose und schwarze Chucks. Nachdem sie sich fertig umgezogen hatten, gingen sie in das erste Kellergeschoss, wo sich das Waffenlager befand. „Ich fände es gut, wenn du neben deinem Dolch auch eine
Distanzwaffe mitnehmen würdest“, meinte Zecke auf dem Weg nach unten. Ihm war nicht entgangen, wie Chaos den Dolch zuvor in seinen rechten Stiefel verschwinden hat lassen. „Ok, du musst mir dann nur erklären, wie ich das Ding benutzte. Du kennst ja meinen Erfahrungsgrad mit Waffen“, antwortete Chaos und fühlte dabei das kalte Metall der Klinge an seinem Bein. Er würde den Dolch nie wieder irgendwo liegen lassen.
Die Dunkelheit warf ihren langen Umhang über die zwei Gestalten, die an der Rückseite des Krankenhauses entlang schlichen. Sie verdunkelte das Licht des Mondes und raubte sowohl den Gestalten, als auch der Umgebung jegliche Farbe, sodass die Szene auf ein verschleierndes Schwarz mit silbernen Akzenten reduziert wurde. Die Personen blieben beim hinteren Drittel des Gebäudes stehen, sahen sich um und fanden einen für ihr Vorhaben passenden Baum, den sie in wenigen Minuten erkletterten. Sie verharrten in der Baumkrone, geschützt vom Blätterdach
und der immer währenden Dunkelheit der Nacht. „Kannst du etwas erkennen?“, fragte Zecke flüsternd. Chaos starrte konzentriert zum Krankenhaus hinüber. Das digitale rot der Kontaktlinsen glühte in der Dunkelheit und verursachten einen kalten Schauer, der Zecke den Rücken hinunter lief. Noiz hatte Chaos beim Aushändigen der Linsen erklärt, dass diese nicht nur seine Fähigkeit zu sehen wiederherstellten, sondern diese auch erweiterten. Sie funktionierten zusätzlich wie ein Nachtsichtgerät und es war für ihn möglich Häuser wie in einem 3D Modell zu sehen.
Das war der Grund, warum Chaos die Linsen in dieser Nacht trug. Er sah in dem Raum, gegenüber von ihrem Versteck, eine Person in einem Bett, angeschlossen an mehrere Geräte. Auf dem Flur vor dem Zimmer hielten zwei Polizisten wachen. Einer schlief. Ein Stockwerk tiefer hielt sich ein weiteres Dutzend Polizisten für den Ernstfall bereit. Außer der Person im Bett, der Zielperson, befand sich ein Arzt im Raum. Er überprüfte den Monitor von einer der überlebenswichtigen Maschinen. Chaos berichtete, was er sah. Daraufhin öffnete Zecke seinen Rucksack und fischte ein Seil mit
Enterharken heraus, er holte weit aus und warf den Harken, welcher sich daraufhin an dem Mauervorsprung über dem Fenster verkeilte. Er zog am Seil, um die Festigkeit zu überprüfen, als das Fenster sich öffnete. Der behandelnde Arzt hatte das Geräusch des Harkens gehört und war verwundert zum Fenster gegangen. Chaos sah die Erkenntnis in dessen Augen, doch es war zu spät. Zecke hatte sich bereits von dem Ast, auf dem er gehockt hatte, abgestoßen und bewegte sich in Richtung Fenster. Er zog die Knie an und bereitete sich auf den Aufprall vor, wobei er dem Arzt auf den Brustkorb trat und dieser bewusstlos zu Boden fiel. Chaos hatte in
der gleichen Zeit ein M82A1 Scharfschützengewehr aus dessen Koffer geholt und zielte nun unmittelbar neben den Kopf seines Kumpels. Er hatte allerdings das Zielfernrohr abgebaut, da er es wegen der Kontaktlinsen nicht gebrauchen konnte.
Zecke landete hart, aber dennoch auf seinen Füßen. Er hatte die Bewusstlosigkeit des Arztes überprüft und sich aufgerichtet, als die Tür sich öffnete und ein Mann in Polizeiuniform hereinsah. „Ist alles…“ Zeckes Herz setzte einen Schlag aus. Sicher er hatte sich und seine Kampfkraft schon in zahlreichen Kämpfen bewiesen, jedoch hatte dieser Mann eine Waffe und er nicht und es war ungewiss, ob Chaos auf Anhieb mit der M82A1 zurechtkam. In diesem Moment spürte Zecke einen Luftzug an seiner Wange und sah in das ungläubige Gesicht es Polizisten, als
dieser leblos zu Boden sank. Obwohl Chaos den Schalldämpfer eingesetzt hatte, war der Schuss trotzdem noch laut genug gewesen, als was der zweite Polizist es hören konnte, seine Kollegen allarmierte und dann in den Raum trat. Allerdings kam er nicht viel weiter als sein Kollege, da Chaos im selben Zeitraum nachgeladen und neu angesetzt hatte. Zecke ging an das Bett, in dem Mr. Sato lag. Er bedeutete diesem keinen Ton von sich zu geben und begann die Infusion zu entfernen. Er hörte das Getrampel der Polizisten auf dem Flur und wusste, er musste sich beeilen. Die Tür flog auf der erste Polizist
stürmte in den Raum, doch der erwartete Schuss blieb aus. Zecke fuhr herum. Warum schoss Chaos nicht? Da sah er wie sein Kumpel durch das Fenster sprang und im Flug den Dolch aus dem Stiefel zog. Er landete auf dem Brustkorb des ersten Polizisten und während sie beide fielen, schnitt er seinem Opfer die Kehle durch. Ohne den Aufprall des Körpers auf dem Boden abzuwarten, stieß Chaos sich ab und ging über zur nächsten Attacke. Er löschte ein Leben nach dem Anderen aus und als Zecke einen kurzen Blick auf Chaos Augen erhaschen konnte, schrak er zusammen. Chaos hatte die Kontaktlinsen wieder rausgenommen und
in seinen blinden Augen lag nun der Tod. Sein gesamtes Gesicht trug keinerlei Emotionen, lediglich die Gewissheit, dass keiner seiner Gegner diese Nacht überleben würde.