Kochproblem
Als Junggeselle hat man es nicht leicht, stellte Franz Pelzig fest.
Man hat es sogar so schwer, dass man versucht ist sich mit einer Frau zu belasten. Das hat natürlich nur einen einzigen Grund. Es geht um die Mahlzeiten. Während Franz gerne Einkaufen ging, haperte es eben bei besagter Zubereitung. Da stieß Pelzig auf Grenzen. Allein schon diese Fachbegriffe: klopfen - an der Haustüre? Teppichklopfer? Garen, montieren, abseien, parieren, bridieren, da kam er nicht mehr mit. Und einzelne Ausrüstungsgegenstände waren ihm schon begrifflich ein einziges Rätsel: z.B.: Flotte Lotte?
Und mal ehrlich, lieber Leser, was braucht man denn schon? Eine Pfanne, ein Topf und gut ist’s!
Meinetwegen noch einen Teller und eine Kaffeetasse. Aus der kann man auch Tee, Grog, Bier und Wein trinken. Mehr braucht es nicht.
Aber allein so ein Stück Fleisch, wie zum Beispiel ein Hähnchen, weigerte sich bei Franz zu schmecken. Tiefgefroren in den Topf geschmissen, Wasser aufgegossen und gewartet, bis es überkochte, wieder herunter genommen, wieder auf die Platte gestellt, sollte es irgendwann durch sein. Irgendwann war irgendwann, dachte sich Pelzig und meinte: Habe fertig. Beim Zerteilen fiel ihm ein
Plastikbeutelchen auf und geschmeckt hat es sowieso wie Arsch und Friedrich. Jedenfalls brauchte Franz Pelzig dringend eine Fachfrau.
Er konnte ja nicht ewig einen Döner nach dem anderen einwerfen.
Nun hatte ein etwas langweiliger Typ, wie Franz natürlich auf dem freien Markt keinerlei Chancen, dass eine adrette Sie, die vor allem kochbegabt sein musste, auf ihn abfahren würde.
Aber es gab eine Möglichkeit zu lügen, dass sich die Balken biegen, nämlich das Internet.
So meldete sich Franz im Internet bei verschiedenen Portalen an. Ein Foto von sich lud er nicht hoch. Die Hasenzähne, die
Segelohren und der drei Tage Bart wären nicht so gut gekommen.
Vorerst gab es keine Resonanz.
Da verbesserte Pelzig die Beschreibung, wie er denn so wäre. Geld zum Beispiel ist immer dermaßen anziehend, dass es daran nicht fehlen darf, wollte man Erfolg haben. Tja, und dann ist natürlich der Erfolg selbst noch nötig. So wurde Franz Pelzig ein steinreicher Immobilienmakler, der zum Zeitvertreib ab und an eine Villa verkaufte und ansonsten sich um seinen Fuhrpark kümmern musste, bzw. dafür sorgte, dass sich um den Ferrari, den Lamborghini und den Bentley gekümmert wurde. Die Segeljacht nutzte er nicht immer, aber immer öfters. Außerdem machte er sich
um ein Jahrzehnt jünger. Viel jünger ging nicht, ohne dass er an Reputation verloren hätte. Den Phantasienamen Egon Glorreich fand er auch gelungen.
Na, also! Jetzt regnete es an Mitteilungen. Die Frauen zeigten ihre reizenden Gesichter, ihre Gestelle. Die hoch geladenen Bilder waren beeindruckend. Er suchte sich das geilste Gestell heraus. Blonde Mähne, üppiger Busen und Traumfigur. Die blauen Augen wirkten allerdings nicht so recht kobaltblau, sondern eher bildungsresistent.
Fast hätte er vor lauter Hecheln vergessen, worum es ging. Franz fragte also schließlich bei dieser Chantal nach.
„Was ist mit Deinen Kochkünsten?“
Da hauchte sie im Chat zurück.
„Soll ich Dich im Bett weich kochen? Ich schwinge auch gerne einen gaaanz großen Kochlöffel für meinen kleinen Racker. Mit Würstchen kenne ich mich aus.“
Er hatte sich dann doch mehr französische Finesse erhofft. Coq au vin, um ein Beispiel zu nennen.
Französisch sei ihr auch nicht fremd, antwortete sie.
Vielleicht sollte er sich doch mehr um Franzesca kümmern. Die Spanierin gefiel ihm auch. Eher der rassige, dunkle Typ, Feuer entfachend.
Er legte die Lunte. Ja, sie hätte das Kochen von ihrer Mutter gelernt und freue sich schon
auf viele, viele Babys mit dem reichen Egon Schnuckel Glorreich.
Um Gottes Willen! Geschrei, Hektik, Mäuler, die zu stopfen sind. Pelzig kam doch kaum selbst über die Runden. Mit Franzesca machte er Schluss, jedenfalls im Internetportal.
Dafür war ihm Mai Tai ins Auge gefallen. Sie sah ebenfalls reizend aus, aber was war mit der Kocherei? Kein Problem, erklärte sie im Chat. Pad Krapao, Pad Thai, Larb Moo, Nam Tok Nua, alles sei kein Problem. Mann, wie sehr hätte er sich eine bayerische Schweinshaxe gewünscht. Sie würde ihm besonders Massaman Curry empfehlen. Da sei Hühnerfleisch drinnen und wäre früher nur den Königen vorbehalten gewesen. Sie könne aber auch Yam Talay mit „Meeresfruchte“
zubereiten.
Irgendwie erschien ihm der ganze Mai Thai Brei zu klebrig, zu exotisch. Besser die Finger davon lassen. Und allein, dass sie ihren Hut als Kochtopf nutzen würde, so einen Wok, oder wie der heißt, das passte ihm nicht.
Vielleicht doch jemand aus heimatlichen Gefilden?
Er stöberte.
Eine Gazelle aus Hessen lächelte ihn an. Ach, was war sie für ein hübsches Ding! Die äußerst knackige Manuela mit dem Kindergesicht war angeblich schon 19 Jahre alt. Sie fragte, ob Franz auch eine Villa in Cannes hätte und ob er Leute vom Film
kennen würde. Der reiche Glorreich antwortete, dass er neulichst George Clooney abwimmeln musste und Spielberg für sein neuestes Filmprojekt abgelehnt hätte, weil er zu billig war. Sie war begeistert und Glorreich, alias Franz, fragte schließlich nach ihren Kochkünsten. Ob er denn keinen Koch angestellt hätte, neben dem Gärtner, dem Butler, dem Fahrer, den Kapitänen? Ihm kam so allmählich der Verdacht auf, dass er doch ein klein bisschen zu dick aufgetragen hatte.
Und mit 19 Jahren und so gertenschlank, da war es mit der Kochkunst nicht so weit, schloss Franz. Außerdem:
Richtige Männer stehen auf Kurven, nur Hunde spielen mit Knochen.
Abends rettete sich Franz zu seinem besten Freund Paul.
„Das hast du völlig falsch angefasst“, meinte der. „Dir ist doch das Kochen wichtig, oder?“ „Natürlich!“
„Dann musst Du einen ganz anderen Mann ins Netz stellen. Ein armer Teufel, der sich so sehr sehnen würde etwas Vernünftiges zu Essen zu bekommen. Du hättest die Schuhsohlen, Essensreste satt, oder so ähnlich. Das weckt dann die Mutterinstinkte. Das sind dann Frauen, die dich Tag und Nacht vom Kochtopf her verwöhnen.“
Wie recht er hatte! Pelzig lief das Wasser im Munde zusammen.
Also entstand ein neues Ego. Arm, bedauernswert, etwas gesundheitlich
angeschlagen, würde Franz Pelzig völlig alleine gelassen sein armseliges Dasein fristen. Er wagte sogar sein echtes Konterfei hoch zu laden.
Man staune!
Es gab Rückmeldungen!
Karin Schrommelmaier bot sich an dem armen Franz zu helfen. Sie war vollschlank und hatte ein einnehmendes Wesen.
Glücklich verabredete er sich mit ihr. Live sah sie sogar noch besser aus, als auf dem Foto. Nach dem ersten Treffen, sie hatten sich eine lukullische Currywurst gegönnt, kam die unausweichliche Frage auf.
Zu mir, oder zu dir? Natürlich, vor allem wegen des erbarmungswürdigen Zustand seiner
mickrigen Kochstelle, gingen sie zu ihr.
Seine Küchenausrüstung hätte sicher nicht ganz die Erwartungen für den Tatendrang einer begnadeten Köchin erfüllt.
Sie hatten eingekauft und sie machte sich ans Werk. Sie tat kaum etwas. Das bisschen hätte Franz auch noch geschafft. Alles Andere erledigten irgendwelche futuristischen Maschinen. Kochen, brutzeln, kneten, schlagen, würgen, nichts gab es, das diese Wunderwerke überfordern konnten. Man musste nur einen Pilotenschein haben, um alle diese Knöpfe bedienen zu können. Das Flugzeug hieß Thermomix und hatte bestimmt einen enormen Cherosin-Verbrauch.
Verschiedene Ingredienzen kamen noch dazu und dann war das Gericht fertig.
„Eine hessische Spezialität“, meinte sie geheimnisvoll.
Franz aß.
Sie schaute zu.
„Schmeckt‘s?“
Franz Pelzig mampfte, „ja“.
„Sie haben sich an meine minderjährige Tochter heran gemacht, stimmt’s?“
„Wie bitte?“
Franz staunte mit vollem Mund.
„Ich sage nur: Manuela.“
„Die Kleine aus Hessen?“
„Ja, genau. Der haben sie alles Mögliche vorgelogen. Villa in Cannes und so weiter und so fort. Ich habe ein wenig recherchiert, sie Strolch. Die Kleine ist völlig aufgelöst. Ich will gar nicht wissen, was sie diesem Pflänzchen
angetan hätten.
Und dann fiel mir auf, dass dieselbe IP-Adresse plötzlich von einem angeblich armen Mann berichtet.
Und damit sie nicht weiter arme, blauäugige und minderjährige Mädchen gefährden, habe ich mich eingeschaltet.
"Sie sei doch 19, hat sie gesagt."
Karin Schrommelmayer lächelte süffisant. "17, sie Pederast! Mein Mann kommt gleich und holt sie ab.“
Franz ließ den Löffel fallen.
„Es ist Arsen“, dozierte sie genüsslich. „Sie können sich auch gleich da auf den Teppich legen, Füße voran.“