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Das verzauberte Zimmer

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"Das verzauberte Zimmer"
Veröffentlicht am 04. September 2017, 12 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Das verzauberte Zimmer

Das verzauberte Zimmer

 

                                                                             

Das verzauberte Zimmer

Weit hinten, wo die Ufer des Sees nicht mehr mit gepflegten Promenaden und Parks gesäumt sind, sondern der dunkle Wald sich bis zu den Wassern ausdehnt, dort stand einst verloren und einsam eine alte Villa. Verlassen. So schien es, wenn sich ab und zu ein Spaziergänger dorthin verirrte, denn der alte Pfad war von Unkraut überwuchert und schon fast zugewachsen. Und doch war die dem Verfall preisgegebene Villa nicht

unbewohnt. Gnome und Kobolde hatten sie zu ihrer Heimstatt gemacht. Am liebsten hielten sie sich in dem kleinen Erkerzimmer auf, das direkt zum See hin lag. In seinen Fenstern spiegelten sich die Sonne, der Mond und die glitzernden Stern. Eine Türe führte aus dem heimeligen Raum auf einen kleinen Vorplatz direkt am Seeufer. Der Platz war mit Steinen ausgelegt, doch auch hier hatte die Natur ihr Refugium zurück erobert. Unkraut und wilde Blumen zwängten sich durch die Steinfugen, Käfer, Spinnen und andere fühlten sich hier äußerst wohl. So auch die kleinen Kobolde. Sie lachten und schwatzten. Sie sahen den tanzenden Wellen zu und

versuchten sogar zu baden. Oh, war das kalt. Obendrein schien es ihnen sehr gefährlich zu sein, schließlich waren sie für den Wald geboren und nicht für das Wasser. Immer wieder liefen se in den Wald, um nach dem Rechten zu sehen. Denn, das wussten sie wohl, die Welt der großen dunklen Bäume unterlag ihrer Obsorge, diese Welt war ihnen anvertraut.

Doch eines Tages war es mit ihrer beschaulichen Ruhe vorbei. Eine Pfadfindergruppe, zwei Betreuer und zehn Kinder zwischen acht und zehn Jahren, bezog die alte Villa. Unsere Kobolde gerieten in hellste Aufregung. Mit ihrer idyllischen Einsamkeit war es

schlagartig vorbei, denn die Kinder spielten, tollten herum und erfüllten das alte Haus mit Gelächter und Geschrei. Aber sie machten auch das Haus sauber und befreiten den Vorplatz von Gestrüpp und Unkraut. "Gar nicht so schlecht.", mussten sich die Kobolde eingestehen. Doch sie beobachteten die jungen Menschen weiterhin mit Argusaugen. Manchmal liefen die Kinder in den Wald und spielten Verstecken oder Räuber und Gendarm. Da waren die kleinen Wichtel dann besonders aufmerksam und hefteten sich fest an ihre Fersen. Doch letztlich fanden sie Gefallen daran und hätten am liebsten selbst mitgespielt.

Schließlich sahen sie relativ unbesorgt,

ja, sogar erfreut dem Treiben der jungen Menschen zu. „Sie sind eigentlich brave Wesen“ stellten sie zufrieden fest. Nur Henrietta machte ihnen Sorgen. Auf ihrem blassen, von braunen Locken umrahmten Gesichtchen lag stets ein schüchternes Lächeln. Mona und Theo, die beiden Betreuer, hatten ihr das heimelige Erkerzimmer zugeteilt. Sie wollten, dass sie sich besonders wohl fühlte, denn Henrietta war behindert. Sie konnte sich nur mit Hilfe eines Rollators vom Bett zum Fenster hin bewegen. Dort saß sie dann stundenlang und schaute dem Treiben ihrer Freunde vor dem Haus oder auf dem See zu, tuckerte in Gedanken auf einem Boot mit oder

schwamm mit den Fischen. Sie liebte dieses Zimmer, die alten Bilder an den Wänden, die Spitzendeckchen auf den Tischchen und Kommoden, und die zart geblümten Vorhänge. Henrietta las viel und schrieb Tagebuch, um ihren Gedanken Ausdruck zu schenken, denn leider konnte Henrietta auch nicht sprechen. Nur einige unartikulierte Laute kamen aus ihrem Mund, wenn sie Angst oder Freude ausdrücken wollte. Die Gnome und Kobolde verstanden sie, sie konnten in ihrer Seele lesen. Das Herz tat ihnen weh und sie beschlossen, Henrietta zu helfen. Natürlich machten sie sich in Anwesenheit der Menschen unsichtbar, doch sie waren sehr präsent

und ließen das Mädchen nicht aus ihren Augen. Kurzerhand verzauberten das Zimmer, in dem Henrietta wohnte, und machten es zu einem Ort ihrer geheimnisvollen Welt. Dann schleppten sie Säcke an. Den ersten mussten sie zu zehnt tragen. Das war der Sack  voll unendlicher Liebe, voll Gottes unendlicher Liebe, so groß und so tief, wie kein Mensch lieben kann. Den leerten sie in das kleine Zimmer. Andere Kobolde schleppten Säcke mit Urvertrauen, mit Hoffnung und Zuversicht an, mit Energie und Willensstärke, mit Freude und Frieden. All diese kostbaren Säcke schütteten  sie in Henriettas Zimmerchen. Gnome und

Kobolde können boshaft sein und Menschen manchen Schabernack spielen, aber wenn sie jemanden lieben, bringen sie wahre Wunder zuwege.     

Bald sprach es sich in der Gruppe herum, dass Henriettas Zimmer ein verzaubertes sei. Jeder, der es betrat, fühlte sich in diesem  von warmen Licht durchfluteten Raum glücklich, frei und von Liebe eingehüllt. Wenn Mona und Theo über ein Problem nachdachten oder eine Lösung suchten, in diesem Zimmer wurde sie ihnen schlagartig bewusst. Was aber niemand ahnte, war, dass die Gnome Henriettas Geist  zuflüsterten, Schritte zu wagen und zu probieren, Wörter auszusprechen. Und Henrietta nahm diese

Herausforderung an.    Sie stellte sich vor den Spiegel und formte Worte. Erst kamen immer wieder nur diese unverständlichen Laute aus ihrem Mund. Doch sie zwang ihre Lippen, ihre Zunge, Buchstaben zu formen. Und bald gelang ihr ein „ICH“. Das Mädchen war tapfer und die Kobolde ließen nicht nach. „Du kannst es, du kannst es“, flüsterten sie. „Geh zum Tisch, du kannst es“, drängten sie. Und tatsächlich gelang dann und wann ein Schritt ohne Rollator. Henrietta war überglücklich. Euphorische übte und übte sie.

Die Betreuer betraten beinahe andächtig dieses Zimmer. Sie stellten Blumen auf und zündeten Kerzen an, um diese

geheimnisvolle Macht zu ehren. Denn dass hier irgendein Zauber wirkte, war allen klar.

Als die 4 Wochen Ferienlager zu Ende gingen, feierte die Gruppe  in Demut und Dankbarkeit dieses Wunder. Denn Henrietta konnte ihren Namen nennen und einige Meter ohne Hilfe gehen.

Schnell verbreitete sich der Ruf von der Villa am See und dem verzauberten Zimmer. Das Haus wurde zu einem beliebten Feriendomizil für Jugendliche. Es wurde wieder  gepflegt und die Schäden repariert. Die Gnome und Kobolde genossen diesen menschlichen Luxus und freuten sich auf jeden neuen Sommer, wenn wieder Kinder in der Villa

Lachen und Freude verbreiteten. Die Liebe und der Frieden breiteten sich im ganzen Haus aus, und die jungen Menschen, die hier gastierten, nahmen diese Liebe und den Frieden in ihren Herzen mit auf ihren Lebensweg.

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mukk
Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

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erato 
Ich bin glücklich, liebe Mukk,
diese traumhafte Geschichte
lesen haben zu dürfen und
danke DIR - glaube auch,
dass hier viel von DEINEM
Herzen eingewoben ist.......

Mit sehr inniglichen Grüßen
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Lieber Thomas, deine lieben Kommi berühren mich oft und machen mir immer sehr viel Freude, vielen herzlichen Dank, auch für den Favo. Kann dir leider keine Talerchen mehr schenken, Wünsche dir alles Liebe und schicke die innigsten Grüße
deine Wienerin
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Ein wunderschönes Märchen, das mich gefangen genommen hat.
Du vermittelst eine schöne Botschaft.
Manchmal könnte alles so einfach sein.
Lieben Gruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Danke! Ich freue mich sehr über deine lieben Worte und den Favo. Wünsche dir eine schöne entspannte Woche und schick liebste Grüße
Mukk
Vor langer Zeit - Antworten
derrainer liebe ingrid,
eine schöne geschichte , die aber auch wahr sein kann .

lieben gruß rainer
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Danke dir herzlich für dein treues Lesen. Sei lieb gegrüßt
Ingrud
Vor langer Zeit - Antworten
KantArte Was für eine wohlig "blumige" Erzählweise!
Allerdings weiß ich beim Lesen nicht so genau, worauf ich mich emotional einlassen soll.
Bei einem durchgängigen Stil wäre es ein ganz tolles Kinderbuch!
Danke für Dein Buch
LG
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Oh, ein ganz neues Gesicht! Freue mich über deinen Besuch bei mir und den netten Kommi, der mich mein Märchen noch einmal aufmerksam lesen lässt.
Sei recht lieb gegrüßt ... und viel Spaß hier bei uns.
Mukk
Vor langer Zeit - Antworten
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