Sie rannte, so schnell sie konnte. Das Herz hämmerte in der Brust, verzweifelt schnappte sie nach Luft. Es war hinter ihr. Sie konnte es nicht sehen, aber die Angst davor, raubte ihr den Atem. Sie hat die hinterste Ecke des Hofes erreicht und war jetzt in dem, freien von den Tieren, Schafstall. Vor ihr war der hohe Zaun, das war das Ende. Es hat sie eingeholt. Und packte sie an der Schulter und wirbelte sie mit einem harschen Ruck zur sich. Sie schloss die Augen. Etwas Heißes klatschte gegen die Stirn. Es klebte wie ein geschmolzenes Wachs an ihr. Und es war rot.
…Mit wild klopfendem Herzen schreckte sie auf. Es war ein Traum, aber so real… Unter dem Po und zwischen den Beinen war es klebrig und unangenehm feucht. Ein großer roter Fleck breitete sich auf dem Laken aus.
Noch vor paar Monaten hat sie mit ihren Freundinnen zum Spaß eine Binde ausprobiert. Die wollten das erwachsene Leben testen. Jetzt war die Erinnerung wie ausgelöscht. Scham und Angst überfallen sie. Es konnte nur so einem schlechten Mädchen wie ihr passieren. Und sie muss das von der Umwelt verstecken. Den ganzen Tag improvisierte sie irgendwelche Binden
und wusch sich ständig in der Sommerdusche. Sie hatte die irrationale Hoffnung, dass es irgendwann vorbei wird.
Abends kam Mutter in ihr Zimmer, legte Binden an das Bett und meinte unterkühlt: „Wieso sagst du nicht, dass bei dir die Menstruation eingesetzt hat?“ Allein das Wort „Menstruation“ hat sie schon erschlagen, sie erinnerte sich an einfachere und wärmere Wörter wie „die Tage“ und es tröstete etwas. Sie war 12 Jahre alt und noch nicht bereit eine junge Frau zu sein.
Manchen ihren Freundinnen ging es
ähnlich, eine meinte, dass sie sterben wird. Aber schließlich bekamen das auch andere Mädchen aus ihrer Klasse. Und sie hat gelernt, damit umzugehen. Es war nicht einfach in dem Anti-Sex-Land: Tampons gab es nicht und die Binden bastelten sich die Mädchen aus Mull und Watte.
Bis zu der Ehe wird sie immer schreckliche Krämpfe haben, die sie ins Bett zwingen. Beschwert hat sich nicht, es war normal selber damit klarzukommen. Als ob es eine auferlegte Strafe wäre für die Schuld: eine Frau zu sein.
Die nächsten drei Jahrzehnte waren unkompliziert: es war etwas lästig, aber ermöglichte ihr das Frausein, dass sie schön fand.
Langsam kamen Beschwerden dazu. PMS. Schreckliche Niedergeschlagenheit, erst ein paar Tagen danach wusste sie, dass es an Hormonen lag. Ihre Frauenärzte, (allesamt mit Doppelnamen)je nach politischer Orientierung, hatten unterschiedliche Meinung zu ihren Problemen. Die Ärztin aus der 68-Bewegung meinte, dass Sterilisierung als Verhütung bei abgeschlossener Familienplanung, voll akzeptabel wäre. Die „Ökotante“ fand, dass
Sterilisierungen unweigerlich zur einen frühen Menopause führen.
Um die Fünfzig ging es ihr so dreckig, dass sie sich das sehnlichst wünschen wird.
Nichts da, mit Ach und Krach, mit größeren und kleineren Katastrophen lief die Regel weiter. Sie hat aufgehört auf das Ende zu warten.
Irgendwie ist man damit immer noch eine Frau in den besten Jahren. Oder wie ein ziemlich seltsamer Arzt meinte, noch eine „richtige Frau“.