Washlet
Wer geht schon gerne auf die Toilette? Sie vielleicht?
Leider ist es eben eine Notwendigkeit.
Ich sprach zu meiner Holden, dass sich in unserem Bad etwas ändern müsse. Wenn sie schon eine wunderbare Küche bekommen hat, dann darf ich gefälligst… Sie war, wie immer skeptisch.
„Wie viel? Teuer, oder?“
„Sage ich nicht. Außerdem bin ich der Hausherr.“
Ich merkte am Tag darauf, dass sie mir das Konto gesperrt hatte. Sie kannte mich offensichtlich.
Allerdings hatte ich noch die Reserve von Opas Erbe und schlug zu.
Ein Washlet kam ins Haus.
Schon nach fünf Tagen war das gute Stück installiert. Die meiste Zeit benötigte die Abstimmung der Elektronik.
Nun haben wir im Bad zwei Sitztoiletten. Eine meine, eines Ihre. Bah, was für ein altertümliches Teil neben meinem Entsorgungsferrari. Ihre Toilette werde ich nie wieder benutzen. Wo sind wir denn?
Ich zeigte stolz das ultimative Techno-Teil. Geh doch mal ins Bad rein. Sie zögerte, dann ging sie doch. Lautlos öffnete sich der Deckel, die Brille leuchtete dezent auf.
„Bewegungssensor!Ich kann statt hellblau
auch rosa einstellen, grün, was ich will.“
„Soso, leuchtender Hintern.“
„Setze dich doch mal.“
„Bist du verrückt? Mit der Jeans?“
„Ohne natürlich! Siehst du, wie ökonomisch die Brille geformt ist?
„Ohne?“
„Klar!“
„Ich lasse das Höschen an, nur damit Du’s weißt!“ Sie setzte sich.
„Merkst du was?“
„Nö!“
„Warm! Er heizt vor. Angenehm, oder?“ „Sie schaute verkniffen und sprang plötzlich wieder auf.
„Da spritzt was! Nicht für mich!“
„Erklär ich dir später.“
Ich spielte noch mit der gläsernen Fernbedienung.
„Hör doch, Musik ist dabei. Und falls es dir peinlich ist, wenn du natürliche Töne von dir gibst, dann kannst du das durch Rauschen einer Spülung übertünchen, nur Ton, ganz ohne Wasser!“
Sie tippte mit dem Finger an die Stirn.
„Du hast einen ordentlichen Schuss!“
„Nicht Schuss, Toto heißt die Firma. Ohne Toto keinen Popo, oder so. Die Japaner kommen ohne Washlet überhaupt nicht mehr aus. Geruch gibt’s auch keinen mehr. Die Spülung ist antiseptisch. Die Glaskeramik über feinstem Porzellan ist speziell nano-versiegelt, so dass nie ein Fleckchen drauf ist.“
Sie stampfte in die Küche und murmelte. „Womit habe ich das verdient!“
So konnte ich ihr das Abwaschsystem gar nicht zeigen. Unterhalb des Spülrandes kam eine Art Finger hervor, der dann von unten spülte, hin und her. Per Fernbedienung konnte man kontinuierlich, in Stakkato und weichem Nachspülen wählen. Für Damen, also für vorne, wanderte die Fingerdüse eben weiter hervor mit einem anderen Winkel.
Ich wartete nach dem Mittagessen ungeduldig. Endlich war es soweit, der erste, wirkliche Toilettengang, sozusagen der ultimative Härtetest.
Ich betrat das Bad, der Deckel öffnete sich. Das musste schneller gehen. Die
Fernsteuerung geschnappt und ein Gang zugeschaltet. Die LED Beleuchtung der Brille ließ ich bei hellblau. Ich nahm Platz. Wohlig so am Po. 28 Grad vorgewärmt. Mir wurde ganz blümerant. Herrlich! Da kann man die Schlager von Cindy und Bert so richtig genießen. Noch ein Weilchen sitzen bleiben, bis das warme Gebläse mein Hinterteil abgetrocknet hatte. Fertig.
Wenn man bedenkt, dass man sich das Klopapier endgültig sparen kann, amortisiert sich mein Klowunder schon in 611 Jahren.
Der Deckel senkte sich und der automatische Putzgang der Maschine wurde eingeleitet, die antiseptische Selbstreinigung, unter Anderem mit Ultra-Licht.
Ich muss mich noch mit der Firma in
Verbindung setzen. Mir fehlte das Handy.
Ich ging ins Wohnzimmer und sagte extra nichts. Der Gentleman schweigt und genießt. Außerdem wollte ich nicht, dass sie von dem Preis der Anlage erfuhr, der astronomisch war. Jedenfalls roch es im Bad wunderbar nach frischen Äpfeln.
An diesem Abend gönnten wir uns etwas. Während der Kommissar immer noch nicht wusste, wer die drei Leutchen umgebracht hatte, schnabulierten wir Schokolade, Chips, Schnittchen, Gummibärchen, Cola und Bier. In der Krimisendung gab es Gewitter, um unser Haus herum ebenfalls.
Blitze zuckten gleichzeitig vor dem Fenster
und in der Glotze.
Um Mitternacht meldete sich mein Magen. Ab ins Bad.
Der Deckel schlug mit einem Krach nach oben. Ich hatte keine Zeit mehr, setzte mich und verbrühte mir den Hintern. Ich meinte ein Brandzeichen verpasst zu bekommen. Ich drehte mich mit heruntergelassener Hose um und sah in die Öffnung. Irgendetwas stimmte nicht. Der Deckel schlug zu, die LED's wabberten in bestem, psychedelischem Wahnsinn, während die Musik kreischte. Stakkato-Spritzer landeten im rechten Auge und im linken Nasenloch, während ein glühend heißer Wüstenwind durch das Kopfgefängnis staubte. Ich zerrte in meinem
Nacken an dem Deckel, der schließlich aufsprang. Ich landete am Boden und der irrsinnige Schreck ebbte ab. Ich war so erleichtert, dass es zum Unglück kam. Nach einer halben Stunde hatte ich den Badezimmerboden und mich selbst gesäubert. Mein Ungetüm verstrahlte nun angekohlten Tannenduft und auch der sanfte Rauchnebel war mit keiner Silbe in der Beschreibung erwähnt worden. Wahrscheinlich wollte sich das spotzende Ding selbst löschen, denn nun floss das Wasser reichlich, um den elektrischen Blitzen in der Klobrille Herr zu werden. Der Springbrunnen schoss bis zur Decke, bis ich die Wasserleitung schließen konnte.
Schlussendlich hatte ich das Teil wieder abbauen lassen. Die Techniker sprachen von einem Blitzeinschlag, der die empfindliche Elektronik, usw… Es wäre eben höhere Gewalt.
Mir war es doch ein wenig peinlich, dass ich meine bessere Hälfte jetzt immer darum betteln muss „ihren“ Toilettensitz benutzen zu dürfen.
(Washlet High - End, 11.000 €)