Kinderbücher
Des Kalifs Barbier

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"Ein orientalisches Märchenabenteuer"
30 S.
30 S.

Des Kalifs Barbier

Des Kalifs Barbier

von


Simon Käßheimer

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Es war einmal ein alter Kalif im Land der aufgehenden Sonne. Der hatte neben seinem Großwesir und den kleinen Wesiren einen Barbier, dem er alles anvertraute und mit dem er alles besprach, was ihn bedrückte. Eines Tages kam wiedereinmal der Tag, an dem der Kalif rasiert werden sollte und so wurde nach dem Hofbarbier geschickt. Es vergingen nur ein paar Minuten bis der Barbier bei ihm war und sich mit Kamm und Schere vor ihm in den Staub warf, um ihn zu begrüßen. „Steh auf Hofbarbier, du brauchst nicht

vor mir zu kriechen, wir sind doch seit Jahren Freunde!“ sagte der alte Kalif und half dem Barbier auf, welcher sich vorsichtig vom Boden erhob. Als der Großwesir sah, wie der Kalif den gewöhnlichen, unbedeutenden Barbier behandelte, stieg in ihm der Neid auf und er ersann einen Plan, den Barbier auf dem schnellsten Wege loszuwerden. Eines Tages, als der Barbier nach getaner Arbeit mit dem Kalifen bei Tee und Wasserpfeife zu Tisch saß, stahl sich der Großwesir in die Gemächer des Barbiers und weichte dort das Rasiermesser des Kalifen in Kobragift. Er tat dies so lange, bis der Griff nichts mehr aufzunehmen vermochte und die Klinge

mehrfach damit benetzt war. Am Tag darauf, als der Barbier wie gewohnt im Palastbad seine Arbeit an dem Kalifen tun wollte, stürmte der Großwesir herein und riß dem unwissenden Barbier das Rasiermesser aus der Hand. „He, was soll das?!“, fragte der Barbier überrascht. „Du Schurke wirst unseren Kalifen nicht töten!“, rief der Großwesir triumphierend und nahm das Messer, um es an einer herbeigeschafften Taube zu erproben. Er ritzte der gesunden Taube mit der Messerklinge nur leicht einen ihrer Füße an und Sekunden darauf lag sie tot in

seinen Händen. Der Kalif war nun von dem vermeintlichen Angriff seines Barbiers überzeugt, wenn auch voller Enttäuschung und ordnete eine sofortige Untersuchung aller Umstände an. Dabei erlog der Großwesir eine einfache, wenn auch leider sehr plausible Geschichte. Die Unschuld des Barbiers konnte leider beim besten Willen aller nicht erbracht werden und so wurde der Barbier schlußendlich aus der Stadt gejagt. Er ließ sich notgedrungen mit seinem gebliebenen Handwerkszeug in einer nahegelegenen Oase vor den Toren Bagdads nieder. Dort begab es sich, Monate nach den Geschehnissen, daß ein Karawanenzug

auf dem Weg nach Bagdad in der Oase halt machte. Es waren fünf Männer und ebenso viele Kamele, die der Barbier zählte, und so hoffte er, endlich einmal wieder Arbeit zu bekommen, die ihm seine leere Geldbörse füllte. Er belauschte die vermummten Herren, als sie ihre Tiere und sich zugleich selbst tränkten, aus dem grünen Dickicht und als er eben zu ihnen treten wollte, vernahm er, daß es die fünf Räuber von Gomorrha und deren Führer Gomorrha selbst waren. Sie waren in ganz Arabien für ihre Taten gefürchtet und trugen schwarze Halstücher mit dem aufgemalten Kiefer

eines Totenschädels um den Hals, die sie sich bei ihren Raubzügen über das Gesicht zogen. Der Barbier kannte sie von Geschichten, die ihm der Kalif einmal bei einer morgendlichen Rasur über sie erzählt hatte. Erschreckt zog der Barbier sich wieder tiefer ins Gebüsch zurück und konnte von dort ihre schrecklichen Pläne für die kommenden Tage in Bagdad mitanhören. Sie wollten nachts durch eine kleine Geheimtür in der Stadtmauer nach Bagdad eindringen und mit Hilfe eines Mittelsmannes in den Palast gelangen, um dort den Kalifen zu töten und anschließend die Schatzkammer zu

plündern. Der Barbier erschrak zu Tode, nachdem er all dies über die Zukunft seines alten Freundes mitangehört hatte. Er faßte sich jedoch bald wieder und ersann eine Idee, die er daraufhin sofort in die Tat umsetzte: Er zog sich sein Barbierhalstuch vors Gesicht, nahm sein Rasiermesser, öffnete es und sprang dann unter lautem Geschrei aus dem Gebüsch auf die Räuber zu. „He, keiner rührt sich!“, rief er den vor ihm stehenden Räubern zu und bedrohte sie mit seinem Rasiermesser. Keiner der Räuber rührte sich erst, dann aber fing einer von ihnen schallend zu lachen

an. Es war Gomorrha selbst, welcher blitzartig aus seinem Gürtel einen Damaszenerdolch mit gebogener Klinge zog und mit einer schnellen Bewegung den Barbier entwaffnete. „So, was nun, du Räuber?!“, spottete Gomorrha lachend über den Barbier und zog ihm das Halstuch vom Kinn. „Ich, ich…“, stotterte der Barbier konnte nicht antworten. Also fiel ihm der Räuberhauptmann ins Wort: „Du und dein Mut ihr gefallt mir, wie heißt du? Was führt dich in diese Oase?“ „Mein Name ist Adebar“, log der Barbier, „und ich verweile nur zum

Füllen meiner Trinkflasche hier.“ „So so… und wieso überfällst du uns, obendrein mit einem Rasiermesser, statt mit einem Schwert oder Dolch?“, wollte Gomorrha wissen. „Es war das einzig Gefährliche, was ich bei mir hatte“, erklärte der Barbier. „Warum wohl sonst?“ fügte er rasch hinzu. „Meint ihr denn, ich wäre ein in Ungnade gefallener Barbier, der hier in dieser Oase haust, um Kundschaft zu suchen?“ „Nun, das bestimmt nicht!“, erklärte der Anführer und das Gesicht des Barbiers umspielte ein verstohlenes Lächeln. Gomorrha bemerkte dies, deutete es jedoch falsch und es gefiel

ihm. Also sagte er: „Nun, wie wäre es Adebar, wenn du dich uns anschließen würdest? Einen mutigen Ganoven wie dich könnten wir in unseren Reihen gut gebrauchen, denn wie das Glück so spielt, sind wir gerade auf dem Weg zu einem Raubzug nach Bagdad!“ Der Barbier, dessen Plan bislang genau aufgegangen war, tat so, als überlege er angestrengt hin und her und antwortete dann: „In Ordnung, ich werde mich euch anschließen! Zuerst jedoch möchte ich mehr über diesen Raubzug, sein Ziel und die Opfer erfahren“. Der Hauptmann stimmte zu und gemeinsam weihten sie ihn in ihr

düsteres Vorhaben ein. Dabei erwähnten sie jedoch nicht, wie erhofft, den Namen des Schurken aus Bagdad, der ihnen behilflich war. So blieb dem Barbier nichts anderes übrig, als seine falsche Identität aufrecht zu erhalten.

Am Abend des nächsten Tages brachen sie auf und kamen vor den Mauern Bagdads

an. Sie umgingen die Haupttore schon frühzeitig und suchten am Ende der rechten Stadtmauer, die mit einem Kreidekreuz bezeichnete Geheimtür zu finden. Nach längerem Absuchen der Wand im fahlen Fackelschein, fanden sie das Zeichen endlich und mit geeinten Kräften zogen sie die Steintür mit zwei großen Eisenringen auf. Sie traten durch die Tür und zwei von Gomorrhas Räubern blieben, wie besprochen, an der Tür zurück, um den Fluchtweg zu sichern. Darauf eilten die übrigen Schurken mit ihren Kamelen an der Hand durch die

Straßen und der Barbier, der ebenfalls ein Kamel zu führen hatte, wies ihnen den Weg. Es dauerte etwa eine Stunde bis sie vor den imposanten Treppen des Kalifen- Palastes standen und ihre Kamele etwas entfernt festbanden. „Was nun?“, wollten die Räuber von ihrem Anführer wissen. „Wir warten hier wie geplant!“, antwortete er, verärgert über die dumme Frage. Der Barbier wartete im Kreis seiner Begleiter, denn der Eingang in den Palast sollte ihnen von einem in schwarzes Tuch Gekleideten gezeigt werden. Kaum, daß sich der Barbier versah, huschte auch schon eine Schattengestalt

über die Treppen und winkte ihnen, ihr zu folgen. „Hinterher!“, befahl Gomorrha und gemeinsam eilten sie dem Verräter nach. Sie rannten über eine Seitentreppe, an einigen Statuen vorbei, bis sie zu einem kleinen Abgang mit Brunnen kamen. Der schwarz Gekleidete wartete schon am geöffneten Spalt einer Türe, die in einer Zierwand angebracht war. Als alle im Dunkel verborgen hineingeschlüpft waren, schloß der vermummte Fremde den Zugang und schlüpfte im Licht der Wandfackel aus seiner Verkleidung. Es war der Großwesir! Glücklicherweise erkannte er den

ebenfalls vermummten Barbier im schwachen Licht nicht, musterte aber den Neuling genau. „Wieso kommst du, statt mit den vereinbarten zweien, gleich mit drei Räubern?“, wollte der Wesir nun vom Hauptmann wissen. „Ich traf einen geeigneten Mann aus Bagdad an einer Oase nahe der Stadt. Er versuchte uns zu überfallen, was mir imponierte. Da wir heute nacht jede Hand hier gebrauchen können, nahm ich ihn mit mir“, entgegnete dieser schnell. „Nun gut, wenn er deine Wahl war, so sei er auch mir recht“, erklärte der Wesir. „Doch von nun an keine weiteren Abweichungen vom Plan!“, fügte er

nachdrücklich hinzu. „Nein, bestimmt nicht“, stellte Gomorrha fest und gemeinsam gingen sie durch die fackelbeleuchteten Hallen des Palastkellers, während der Barbier und die anderen Räuber ihnen leise folgten. Sie stiegen eine breite Treppe hinauf und gelangten durch eine dicke Holztür in den oberen Teil des Palastes. Dem Barbier wurde beim Betreten der Palasthallen und ihrer Gemächer schnell klar, daß ihm die Zeit durch die Finger rann. E mußte nun schnellstmöglich etwas tun. Nur was? Er wußte es nicht und überlegte weiter bis sie bei der Schatzkammer waren, die ihnen der Großwesir mit seinem

Schlüssel öffnete. Der Räuberhauptmann, der um den Schatz wußte, hielt sich nicht lange mit Staunen oder Bewunderung desselben auf, sondern wies seine Begleiter an, die bereitgestellten Säcke mit dem Wertvollsten der Kammer randvoll zu füllen. Dann ließ er den Barbier und seine anderen drei Gefährten in der Schatzkammer zurück, um mit dem Großwesir den Kalifen aufzusuchen. Der Barbier tat erst, wie ihm geheißen war, bis Gomorrha mit dem Wesir in der Türe verschwunden war. Dann aber deutete er auf ein paar sehr wertvolle Schmuckstücke im hinteren Teil der Schatzkammer, auf welche die zwei anderen sich habgierig

stürzten. Der Barbier jedoch sprang in der Zwischenzeit auf die Kammertür zu, die nur von außen mit dem Schlüssel zu öffnen war und zog sie rasch hinter sich zu. Da die Tür so ins Schloß gefallen war und nicht mehr von innen zu öffnen, waren die beiden Plünderer gefangen. Mit einem Schwert aus der Schatzkammer in der einen Hand und einem Dolch von Gomorrha, den dieser ihm für den Diebstahl übergeben hatte, in der anderen, eilte „Adebar“ dem Wesir und seinem Gehilfen hinterher. Auf ihm wohl bekannten Abkürzungen lief er zum Schlafgemach des Kalifen

und öffnete die Tür vorsichtig - gerade noch rechtzeitig, denn soeben kamen die Schurken um die Ecke, nachdem sie die Wache betäubt hatten. Der Barbier stand nun im Schlafgemach des Kalifen, welcher, nichts Böses ahnte und gleichmäßig atmend im Bett schlief. Der Barbier stellte sich, das Bett beobachtend, hinter die Tür, während er den Dolch in die rechte Hand nahm. Da glitt leise die Tür auf… Gomorrha trat gefolgt vom Großwesir ein und sie schlichen gemeinsam an das Bett des Kalifen heran. Gerade als der Räuberhauptmann seine Mordwaffe zog, um dem schlafenden Kalifen das Herz zu durchbohren,

schnellte der Dolch des Barbiers aus dem Dunkel hervor. Er traf den Bösewicht genau an selber Stelle und rammte ihm die Klinge mitten in die Brust. Der Großwesir fuhr erschrocken hoch und erkannte beim Nähertreten des Angreifers im Mondlicht das Gesicht des Barbiers, seines alten Gegners. Der Barbier aber ging schnell auf das Bett des Kalifen zu und brüllte: „Herr, wacht auf, schnell! Herr, um euer Bett haben sich Mörder versammelt, einer liegt vor euch!“ Dann eilte er zur Verteidigung seines Freundes mit erhobenem Schwert auf den Wesir zu. Der Großwesir indes erhob ebenfalls sein

Schwert und wollte eben auf den schlaftrunkenen Kalifen losgehen, als die Klinge des Barbiers zwischen sie fuhr. Er blockte den Schlag des Wesirs ab und fuhr ihm dann mit der Schwertspitze über den eingehüllten Bauch. „Laß sofort das Schwert sinken und wirf es hinter dich auf den Boden!“, befahl der Barbier, trat einen Schritt näher und setzte dem Großwesir die Waffe bedrohlich auf die Brust. Dieser tat wie ihm befohlen und der Kalif rollte sich zur andern Seite hin aus dem Bett. Der Kalif erkannte nun im Licht, das aus dem Gang hereinströmte, seinen alten Gefährten und Freund wieder. Dann griff

er rasch zu dem Schwert des Großwesirs, um diesen seinerseits von hinten in Schach zu halten. Der Barbier schilderte dem Kalifen die Geschehnisse kurz und vergaß auch nicht, auf den ersten Anschlag durch den Großwesir hinzudeuten, welcher ihn seinerzeit in Ungnade fallen ließ. „Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun“, erklärte der Großwesir mit der Stimme eines gefallenen Sünders. „Um so größer ist der Dienst, den mir mein alter Freund erwiesen hat“, erklärte der Kalif und übergab den Wesir seinen Wachen, die eben durch die Tür geeilt kamen. „Ich danke dir Barbier“, sagte der Kalif

und schaute ihm dabei gerührt über dessen Loyalität in die Augen. „Es ist gut Herr, wie konntet ihr auch um den Verrat wissen?“, beschwichtigte ihn der Barbier. „So konnte ich euch doch wenigstens von den Zweifeln an meiner Aufrichtigkeit, die der böse Großwesir zwischen uns gesät hatte, befreien“. „Ja, so ist es“, erklärte der Kalif, „und weil Dir soviel Unrecht geschehen ist, möchte ich, daß Du in Zukunft nicht nur mein Barbier, sondern auch mein Großwesir bist. Eine Position, die Dir als meinem treuesten Freund eigentlich immer schon zustand!“ Der Barbier war überglücklich und

gleichzeitig wie von einer Feige getroffen überrascht. Er dankte seinem alten und neuen Freund und Herrn und gemeinsam führten sie Bagdad zu märchenhaftem Wohlstand, Frieden und Glück.

Copyright

Text und Illustrationsbilder:


© 2005 Simon Käßheimer

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30 S.

Hörbuch

Über den Autor

Buhuuuh
Ich bin Hobbyautor aus Leidenschaft, das Schreiben kam mal wie ein Löwenzahnschirmchen zu mir ins Zimmer und in meine Welt geflogen, Ich hab es aufgefangen und seitdem lässt es mich nicht mehr los. :-)
Eigentlich war und bin ich gar kein so großer Leser aber am Schreiben bin ich irgendwie hängen geblieben. Macht mir einfach Spaß; besonders wenn die Geschichte Erfolg hat und anderen Freude bereitet und somit gefällt. :-)

Ansonsten gibt`s noch zu sagen über mich das ich einfach gerne kreativ bin und was versuch aus der mir gegebenen Lebenszeit zu machen. Sei es nun Kunst, Musik, Schreiben ( in vielfältiger Weise ) o.w.a.i.. Ich schau aber auch gern einfach mal `nen Film an oder hör bis zum abwinken Musik wenn ich nicht grad mit Freunden und Bekannten was mach oder unternehm.

Mehr noch über mich und meine Person - siehe: http://www.simonkaessheimer.de

Achso: ,,Meine Texte hier sind größtenteils unlektortiert eingestellt ( nicht quergelesen ) also bitte habt Nachsicht mit mir diesbezüglich!" Rechtschreibtips und konstruktive wohlwollende Kritik dieser Art aber immer erwünscht bis gewollt.

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