„Wo…wo bin ich?“, fragte Rosha in den leeren Raum hinein. Die Sonne brach durch die hölzerne Jalousie und schien ihr ins Gesicht. Verwundert richtete sie sich auf und musste feststellen, dass sie in einem Kinderzimmer lag. Das Bett war viel zu klein, aber trotzdem gemütlich. Sie sah sich um, das Zimmer war so altmodisch eingerichtet. Sie stand auf und wollte zur Tür gehen, da viel ihr ein Bild auf. Darauf waren ein Mann und eine Frau zu sehen. Sie wirkten wie versteinert und auf eine seltsame Art von etwas angeekelt. Vor ihnen stand ein kleiner Junge. Er hatte
Katzenohren und einen Katzenschwanz. Genau konnte Rosha jedoch nichts erkennen, da das Glas zerbrochen war. Rosha durchsuchte das ganze Haus, doch sie war allein. Wo war Cheshire? Hatte er sie hier etwas sitzen lassen? Rosha ging nach draußen. Die KX stand genau da, wo Cheshire sie gestern abgestellt hatte. Rosha drehte sich um, um wieder ins Haus zu gehen und erstarrte zu Eis. Vor ihr stand ein Panta. Doch es war kein normales Tier, sondern mindestens drei Mal so groß wie ein normaler Panta. Sein Fell glänzte und war genauso pechschwarz wie seine Augen. Rosha kannte diese Augen, doch sie wusste nicht
woher. Der Panta kam näher und blieb nur wenige Zentimeter vor Rosha stehen. Er roch an ihr, schlich einmal um sie herum und roch noch mal an ihr. Da raschelte plötzlich das Laub. Der Panta sah auf und sprang davon. „Hey! Was machst du denn hier?“, hörte Rosha eine bekannte Stimme hinter sich. Sie drehte sich um und sah Yuki. „Ähm, also…es war gestern schon spät und Cheshire meinte, wir…“, weiter kam Rosha nicht, denn Yuki viel ihr ins Wort: „Wie du warst mit Chesh hier? Der liegt mit 40°C Fieber im Bett.“ Verwirrt sah Rosha ihn an. Wie konnte das sein? Im Haus, wo Cheshire und Yuki wohnten,
angekommen lief Rosha sofort in den ersten Stock und in Cheshire´s Zimmer. Währenddessen schob Yuki die KX zurück in die Garage. Cheshire lag in seinem Bett. Er atmete schwer und sein Gesicht war rot und verschwitzt. „er schläft“, dachte Rosha. Sie ging trotzdem zum Bett und setzte sich auf die Kante. Auf Cheshire´s Stirn lag ein Umschlag, der eigentlich kühlen sollte- Doch der Stoff war mindestens genau so heiß wie Cheshire selbst. Rosha nahm den Umschlag und wusch ihn in der Küche aus. Sie nahm eine Schüssel mit kaltem Wasser und trug sie zusammen mit dem Umschlag wieder nach oben. Dort kümmerte sie sich um
Cheshire.
Nach einiger Zeit wachte Cheshire auf. „Oh, tut mir leid, dass ich dich nicht geweckt habe“, was das erste, was er unter großer Mühe hervor brachte. „Aber… wieso hast du denn jetzt Fieber? Gestern war doch noch alles gut“, fragte Rosha. „Ich hab´ kein Fieber, das ist wegen gestern. Wenn ich meine Magie benutzte, ist das sehr anstrengend. Ich kann davon sogar bewusstlos werden“, erklärte Cheshire. „Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen war. Das letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass du mich in den Arm genommen hattest“, gestand er.
„Sag mal, kann es sein, dass es hier
einen riesigen Panta im Wald gibt?“, fragte Rosha, obwohl die Frage wohl mehr als unlogisch klingen musste. „Vielleicht“, grinste Cheshire schwach. Plötzlich packte er Rosha am Arm und zog sie zu sich ins Bett. „Hey! Was soll das?“, rief Rosha überrascht. „Was das soll? Ich weiß nicht. Muss es denn für alles einen Grund geben?“, fragte Cheshire zurück. Damit hatte Rosha nicht gerechnet. Cheshire zog sie an sich und schloss sie in seine Arme. Er war so warm und Rosha fühlte sich seltsam geborgen. „Schließ´ deine Augen, ich möchte dir was zeigen“, flüsterte Cheshire. Plötzlich fuhr frischer Wind durch Rosha´s Haare. Sie
roch frische Blumen und den Geruch von Erde nach einem Regelschauer. „ok, du kannst die Augen nun öffnen“, hörte Rosha Cheshire´s ruhige Stimme. Er war so nah. Sie tat wie ihr geheißen und fand sich auf einer Blumenwiese in einem Gebirgstal wieder. Am Fuße des Hügels, auf dem sie standen, war ein kleines Haus, gleich neben einem Bach. Durch das Wasser wurde ein Mühlenrad betrieben. „Wo sind wir hier?“, fragte Rosha und drehte sich zu Cheshire um. Sie erschrak. Es sah so anders aus. Es waren nicht länger die schönen und warmen braunen Augen, nein, seine Augen waren jetzt schwarz und eiskalt. Es sah so aus, also würde ihm Fell
wachsen. Außerdem lugten Katzenohren aus seinem zerzausten Haar hervor. Rosha sah zurück auf das Haus. Ein junge ließ dort hin. Er war vielleicht fünf Jahre alt, doch er war, genau wie Cheshire, ein Katzenmensch. Mal abgesehen von den Ohren, sah der Junge auch so verblüffend ähnlich aus wie Cheshire. Nun trat ein Mann aus dem Haus – er war wütend. „Was fällt dir ein, du undankbaren Vieh?! Jetzt erst nach Hause zu kommen!“, brüllte er und erhob die Faust. Der Junge versuchte vergeblich sich zu schützen, doch es half alles nichts. Am Ende lag er zusammengekauert und winselnd auf dem Boden. Rosha hatte im Augenwinkel
wahrgenommen, dass Cheshire bei jedem Hieb zusammengezuckt war. „Er fühlt es, er fühlt jeden einzelnen Schlag und die Schmerzen“, schoss es Rosha durch den Kopf und sie wünschte sich, ihm helfen zu können. Plötzlich explodiert neben Rosha ein schwarzer Feuerball. Rosha sah sich nach Cheshire um, doch sie fand stattdessen den schwarzen Panta. Wie sah wie sich jeder noch so kleine Muskel unter dem Fell anspannte, da preschte er los. Den Hügel hinab und auf das Haus zu. Er sprang auf den Mann und biss ihm in den Hals. In diesem Moment trat eine Frau aus dem Haus. Auch sie wurde von dem Panta getötet. Am Ende lebten nur noch der
Panta und der Junge. Langsam ging das gewaltige Tier auf den Jungen zu. Rosha schrie auf: „Nein! Du…du darfst ihn nicht töten! Bitte nicht!“, Sie rannte den Hügel hinab. Doch der Panta hörte sie nicht. Er war auf den Jungen fixiert, doch er wollte ihn nicht töten, er rieb seinen Kopf gegen die Schulter des Jungen. Der Kleine stand auf und nahm den Panta in den Arm. Es schien als würden sie in einander übergehen. Rosha traute ihren Augen nicht und ohne jede Vorwahrung brach der Boden unter ihren Füßen zusammen und sie stürzte in ein tiefes Nichts. Das letzte, was sie sah, waren die Augen des Jungen, die braunen beinahe schwarzen Augen, die
ihr so vertraut waren. Die Augen mit diesem warmen gutmütigen Ausdruck – Cheshire´s Augen. „Es ist seine Kindheit. Der Moment, wo er zu Cheshire wurde“, dachte Rosha, doch dann wurde alles schwarz.