Sonstiges
Ich bin Lyriker

0
"Ich bin Lyriker"
Veröffentlicht am 19. Mai 2017, 6 Seiten
Kategorie Sonstiges
© Umschlag Bildmaterial: brat82 - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Nach längerer Zeit bin ich wieder hier. Das Leben ist ein Arschloch? Keine Ahnung, ich schreibe Lyrik für Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen. Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.
Ich bin Lyriker

Ich bin Lyriker

Ich bin Lyriker Lola saß auf der Couch und kratzte sich zwischen den Beinen. "Alles Scheiße". Mike ging zu ihr rüber, legte den Arm um sie und zog sie zu sich. "Alles auch nicht Süße." Dann schwiegen sie. Nichts im Raum erinnerte an gute Zeiten, nichts roch noch nach Frühling, oder Aufbruchstimmung. Nur der Fernseher füllte den Raum mit Versprechungen. "Weißt du, Mike, ich glaube ich hab einfach keine Lust mehr", sagte sie ein paar Minuten später, " es ist alles im Arsch, einfach im

Arsch." Mike stand auf, öffnete das Fenster und ließ einen Moment des Abends herein. Es war August und ein Geruch von Langeweile und Vergangenheit drang ins Zimmer. Irgendwoher kamen leise Musik. [i]In my time of dying[/i]. "Ich bin Lyriker, Schatz. Ich kann sonst nichts. Ich schreibe Gedichte die keiner lesen will. Ich schreibe einfach Sachen. Nichts Bedeutendes, aber ich schreibe Sachen. Für die ganzen idiotischen Leute, die das nicht lesen wolle. Und ich schreib Sachen für dich, die du nicht lesen willst. Ich brenne, aber du sitzt nur rum und jammerst." Lola machte den Fernseher lauter. Es lief

Shopping Queen. Das Thema lautete "Mach dich schön in apfelgrün". "Wenn ich doch wenigstens mal was erleben würde. So wie die hier. Die kaufen sich schicke Sachen und haben Spaß. Und wir? Wir hängen hier rum. Hat nichts mit Jammern zu tun. Ist einfach nur Scheiße." Dann schaltete sie den Fernseher aus. "Ja, du bist Lyriker. Ein toller, erfolgloser Lyriker. Und ich hab nichts zu essen, nichts anzuziehen und die Miete können wir auch nicht mehr bezahlen. Tolle Kiste, echt tolle Kiste." Dann ging sie ins Bett. Mike blieb am offenen Fenster stehen, sah hinaus und beobachte zwei Katzen, die sich hinter

den Mülleimern versteckten. Er sah Erwin, wie er die Müllsäcke durchsuchte und Kimmy, die zur Arbeit ging. Zwei drei Freier in einer Nacht. Mehr nicht. Sie war 24 Jahre und hatte das meiste schon hinter sich. Aus irgendeiner Ecke hörte er streitende Männer, wärend der Mond sich hinter dicke Wolken schob. Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, nahm einen kräftigen Schluck und setzte sich an die Schreibmaschine. So saß er ein paar Stunden. Mit leerem Blick und keiner Idee. Dann ging er auch ins Bett. Lola schlief schon fest und sah aus wie ein gestrandeter Engel. Aber er war kein Retter, kein Messias. Er war noch

nichtmal ein Träumer. Träumer können sich so gut verstecken, hinter ihren Täumen. Er aber war nackt. Im Mittelpunkt aller Defizite. Er ging zurück ins Wohnzimmer, zurück zu seiner Schreibmaschine. Wie schon seit vier Jahren. Kein Wort blieb auf Papier zurück, tausend Worte flossen von den Tapeten, mitten hinein in sein empfindliches Leben.

0

Hörbuch

Über den Autor

Lyders
Nach längerer Zeit bin ich wieder hier.
Das Leben ist ein Arschloch?
Keine Ahnung, ich schreibe Lyrik für
Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen.
Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah
den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.

Leser-Statistik
15

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
FLEURdelaCOEUR 
Ich weiß, wollte auch mal was mit Herzblut Geschriebenes für klingende Münze bei einem Verlag loswerden ... "Vergiss es!", sagten sie mir ...
Und dann ist man innerlich so angefüllt und kann es plötzlich nicht mehr dach draußen lassen...

LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Schwanenfeder Hallo,

deine Texte erinnern mich an einen Schriftsteller aus der Nachkriegszeit,
aber ich komme einfach nicht drauf...hab mir schon den Kopf zerbrochen.... es ist nicht Borchert, auch nicht Böll oder Brecht....aber auf jeden Fall erinnern mich deine Texte an jemand....


liebe Sonntagsgrüße

Schwanenfeder
Vor langer Zeit - Antworten
Lyders Hauptsache ich erinnere Dich an etwas. Das freut mich.
Vor langer Zeit - Antworten
Loraine Lyrik ist lebendiger kritischer wie achtsamer Zeitgeist des Wortes - voller Leidenschaft - doch leider nicht mit klingender Kasse - dafür Verantwortung . Beste Wünsche Loraine
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek 
Nichts ist für umsonst, auch Lyrik, die niemand lesen will, las ich einmal bei Scholochow. Und er hatte recht, denn ein Lyriker ist ein Mensch, der etwas zu sagen hat und damit ist er wichtig. Scheißegal, mein Freund, ich weiß wovon du redest.

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
Pfauenfeder nein, so ist das Leben nicht, so sind Menschen ... machen an und gucken nicht hin, dann machen sie wieder aus. Am nächsten Tag die selbe Leier..
Super menschennah ge+beschrieben!
Lieben Gruß von mir!
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona So is Leben. Sollte es für jeden sein, so ab und an.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
7
0
Senden

152520
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung