Die Schule des Lebens
Ich bin in der Schule mit 20 Schülern, wir warten auf den Lehrer, doch der Lehrer kommt nicht. Uns wird langweilig, und wir versuchen uns zu organisieren, einer von uns wird den Lehrer spielen. Die Wahl bin ich.
Ich gehe hinaus, besinne mich für einen kurzen Moment die Position zu wechseln, vom Schüler zum Lehrer. Ich erhebe mich nicht über die anderen, denn die anderen sind so wie ich, Schüler, und ich bin es auch.
Ich übernehme die Rolle des Lehrers. Ich gehe zum Schreibpult, blicke in die Klasse und es wird ruhig. Ich blicke jedem Einzelnen in die Augen, nehme
persönlichen Kontakt auf. Dieser Blick genügt, dass sie mich annehmen als Lehrer.
Ich sage leise: Setzen. Die Schüler setzen sich. Es herrscht erwartungsvolle Stille. Ich bin völlig leer im Kopf und denke, was soll ich nun anfangen mit dieser Klasse. Ich werde ihnen irgendetwas bieten müssen. Bin ich mir überhaupt nicht klar, was ich ihnen bieten kann? Doch ich vertraue darauf, dass schon irgendetwas kommen wird.
Ich spreche zu den Schülern, die gleich alt sind wie ich, gleich groß, gleich erwachsen, gleich reif oder gleich unreif: „Wir sind hier auf der Schule des Lebens, um zu lernen. Wir haben schon
einen langen Weg hinter uns gebracht. Was bedeutet dieses Leben für uns?“
Ich versuche dem Thema Leben einen Inhalt zu geben. Ich stelle meinen Mitschülern eine Frage: Was bedeutet Leben für euch? Was macht das Leben aus? Was sollen wir wirklich lernen? Wir lernen viele Dinge, die vielleicht gar nicht wichtig sind. Doch das Wichtigste, was wir lernen sollten, lernen wir hier in der Schule gar nicht. Das Wichtigste wäre zu lernen, das Leben zu leben, das Leben zu entwickeln und zu entfalten. Was wir hier lernen, sind mathematische Formeln, Chemie, Physik. Es ist auch eine Art und Weise, das Leben zu begreifen. Wir hören uns die Geschichte
an, um zu begreifen, was uns das Leben alles gebracht hat. Die wichtigsten Dinge werden erzählt. Wir sprechen über Krieg und Frieden, über Eroberungen. Es sind Versuche, das Leben zu begreifen. Doch begreifen wir es dadurch wirklich? Sind wir tatsächlich fähig, das Leben mit mathematischen Formeln zu begreifen? Sind wir fähig, aus dem Pott des Wissens und unserer Erfahrungen zu schöpfen, um mit einer gewissen Sicherheit im Gepäck ins Leben zu gehen, wenn wir dann aus der Schule austreten?
Ich sage zu meinen Mitschülern, jeder von euch gibt mir ein Synonym über den Begriff des Lebens und ich werde sie mir aufschreiben. Ich gehe durch die Reihe
und jeder gibt mir ein kurzes Stichwort, was für ihn ein prägnantes Wort für Leben ist.
Jeder ist bereit, sich darüber Gedanken zu machen und spricht den ersten Impuls aus, der kommt: Leben heißt lieben, Leben heißt arbeiten, Leben heißt Schule, Leben heißt Freiheit, Leben heißt Friede, Leben heißt Aggression, Leben heißt Fortpflanzung, Leben heißt Erfahrung, Leben heißt einfach sein.
Jeder gibt ein kurzes Stichwort, welches sehr prägnant ist für ein Leben. Der erste Impuls soll ausgesprochen werden. Auch wenn es sich wiederholt, ist es in Ordnung. Es kommen ein paar Wörter immer wieder vor: Leben heißt lieben,
Leben ist Freiheit, Leben ist Entwicklung, Leben ist Sein, Leben ist Fortpflanzung. Es sind die wichtigsten Grundaspekte in der Entwicklung. Es sind verschiedene Dinge und doch passen sie alle zusammen. Das Leben hat viele Puzzlesteine und jedes einzelne fügt sich irgendwie zusammen, sodass es in das Gesamtbild irgendwann einmal passt. Wenn wir ein Bild konstruieren mögen, welches das Leben darstellen sollte, so wird jeder seinen Puzzlestein dazulegen und wir werden ein schönes Bild formen.
Es ist so viel, was das Leben bedeutet und doch ist es nur ein Leben. Jeder Einzelne hat nur dieses eine Leben und für jeden Einzelnen ist ein Wort
prägnant und wichtig. So betrachtet jeder seinen Impuls im Bilde des gesamten Puzzlestücks.
Die Schüler kommen in Bewegung und es kommen viele Fragen hoch. Leben? Impulse senden? Die Schüler machen sich ernsthaft Gedanken, was das Leben wahrlich bedeutet. Sie merken, es sind viele Fragen offen.
Ich sage, ich bin bereit, mich euren Fragen zu stellen. Wenn ihr dies möchtet, werden wir ein Frage-Antwortspiel beginnen. Jeder, der eine Frage hat, möge sie aussprechen in Bezug auf das Leben. Wir sind noch jung und unerfahren, doch wer sagt denn, dass wir nicht schon philosophisch begabt
sind, dass wir trotzdem schon sehr viel wissen.
Der erste Schüler hebt die Hand und spricht: „Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich gewisse Dinge mache. Was bedeutet das für mich? Es begleitet mich, dieses schlechte Gewissen, wenn ich Dinge mache, wo ich gelernt habe, ich darf es nicht.“
Ich sage, ich danke für die Frage, es ist eine sehr wohldurchdachte Frage, denn kennen wir nicht auch alle dieses schlechte Gewissen, Dinge zu tun und nicht zu dürfen, weil es nicht erlaubt ist und nicht den Gesetzmäßigkeiten entspricht? Dieses schlechte Gewissen kommt von unserer Erziehung. Wir
werden erzogen, hineingezogen in eine Welt der Moralvorstellungen, die uns an den Strippen zieht und uns sagt, wie wir uns zu bewegen haben. So gehört es sich.
Ich frage nach: „Werde ein bisschen konkreter, wenn du vom schlechten Gewissen sprichst. Ich möchte nur einen kleinen Hinweis. Welche Tat würde dich zu einem schlechten Gewissen verführen? Die Doppelsinnigkeit dieses Satzes, die Tat verführt dich zu einem schlechten Gewissen. Du wirst verführt, du wirst irgendwo hingezogen. Du kannst nicht anders. Doch du weißt, das schlechte Gewissen sitzt dir im Genick und wird dir erzählen, dass es nicht gut ist, was du machst. Sei ehrlich, wenn du dich
getraust. Sprich aus, was wäre für dich ein schlechtes Gewissen? Wenn du mutig bist, so sprich es aus.“
Der Schüler erzählt: „Ich kann damit nicht umgehen und ich werde immer wieder übermannt von meinen Gefühlen und ich beginne mich selbst zu befriedigen, weil ich sonst keine Ruhe finde. Dieses ist ein genüsslicher Akt, doch wenn es abgeschlossen ist, dann sitze ich da wie ein Häufchen Elend und schäme mich tief in den Boden hinein. Und jetzt, wo ich dies ausspreche, schäme ich mich noch viel mehr, es öffentlich einzugestehen, Dinge zu tun, die man nicht tun sollte.“
Ich antworte: „Wir sind alle
Gotterschaffene Geschöpfe. Wir haben die Dinge so bekommen, wie sie als gut empfunden wurden. Wir kennen dieses alle. Weil du so offen bist, wird sich auch jeder andere öffnen und es ebenso erzählen, was mit ihm vorgeht.“
Die Mitschüler geben großen Beifall. Sie sagen, ja auch mir geht es so. Der Drang, dieser Trieb hält mich ab von andern Dingen. Er setzt sich so plötzlich in den Vordergrund und ich kann ihn nicht zur Seite schieben, solange bis er sich auflöst und es geht nur, wenn ich mich selbst befriedige. Dann habe ich die Erlösung. Ich habe dabei ein gutes Gefühl und es ist angenehm.
Jeder gibt zu, dass er sich schämt für
diese Tat, zutiefst bis in den Boden. Im Moment herrscht die Verschämtheit in der Klasse. Irgendwie ist es tief berührend, wie jeder so offen ausspricht und eingesteht, dass er diese Triebfeder auch nicht anders bearbeiten kann, wenn er keinen Partner hat, der ihm aus der Patsche hilft, um sich auszuleben.
Ist es nicht so, dass wir alle unseren Körper haben, um ihn zu benutzen und mit ihm zu leben? Es wird schon seinen Sinn haben, dass es so ist, wie es ist. Könnt ihr dem zustimmen? Würdet ihr bereit sein, offen darüber zu reden mit einem anderen, nur um ihm zu zeigen, dass er nicht anders ist. Damit er sich öffnen kann, um ihm die Scham zu
nehmen für etwas, was ganz natürlich ist, was nicht abzutrennen ist von unserem Gefühl. Es geht darum, dem anderen zu zeigen, dass es ein ganz normales Verhalten ist. Den Tieren würde man so was nicht böse anrechnen. Für die ist es ganz normal, es sind ja Tiere. Doch Menschen verhalten sich nicht so wie Tiere. Ist es nicht die Moral? Die Menschen haben sich anders zu verhalten wie Tiere. Man erwartet, dass sie dieses animalische Verhalten, diese Triebhaftigkeit bezähmen, bezichtigen und ins Lot bringen. Wir sind nun mal so, wie wir sind und wir haben diese Triebfeder in uns. Wir beginnen, uns zu züchtigen und zu
befremden. Ich sage, respektive mit dem Hintergrund, wir befremden uns, weil wir uns in eine andere Richtung zwängen, nicht so sind, wie wir sind. Wir beginnen uns einzuschränken in unsere eigene Vorstellung, in den Erziehungsplan einzufügen, um der Gesellschaft gerecht zu werden.
Doch wir wollen noch viele andere Themen bearbeiten. Wir können sie gar nicht wirklich bearbeiten, aber wir können sie aufwerfen, in den Raum stellen und einfach nur wirken lassen. Ich bitte um die nächste Frage.
Ein Mitschüler erzählt: „Ich bekomme oft so eine Wut, einen Zorn, eine Hassattacke! Aggressionen sind in mir,
dass sich mein Kopf ganz heiß anfühlt. Es ist so viel Zorn in mir und ich versuche ihn krankhaft zurückzuhalten, dieses macht mich ganz heiß und rot. Wenn ich mich austoben würde, so würde ich um mich schlagen, und ich weiß nicht, was dann passiert. Dieses geschieht oft durch einen kleinen Anlass, der nicht der Grund für meine Aggression ist. Der Grund ist meist ein anderer. Der Anlass ist oft so banal, dass ich mich schäme. Wie kann ich mich so benehmen, mich aufplustern wie eine wilde Horde Ochsen, die sich nach ihrem Instinkt austoben. Ich bin doch kein Ochse, ich möchte mich verhalten wie ein Mensch. Doch die Aggression kommt
so schnell und überrennt mich. Ich habe keine Möglichkeit mich auszutoben. Ich unterdrücke sie und sammle meine ganze Kraft, verwende sie gegen mich, um sie aufzuhalten, um mich selbst zu sänftigen. Denn der Anlass ist so banal, dass ich mich dafür schäme. Ich bekomme einen roten Kopf und dafür schäme ich mich schon wieder, es macht mich verlegen. Wie kann ich dem begegnen? Wie kann ich mich in den Griff bekommen? Weißt du eine Antwort?“
Ich sage, wer kennt dieses auch von sich? Ich schaue in die Klasse und jeder Einzelne hebt die Hand.
Sie schauen sich an, jeder sieht fragend
in den Blick des anderen: Du auch? Sie finden es komisch und sie lachen. Sie lachen über sich selbst.
Ist es nicht schön, wenn man über sich selbst lachen kann? Es ist ein wichtiger Aspekt, denn es ist der Moment, wo sich alles auflöst. Dieses Lachen zeigt, dass du alles durchschaust in einem kurzen Augenblick und es löst sich auf.
Es gibt viele Gründe aggressiv, impulsiv zu werden, vielleicht auf eine banale Situation. Dahinter liegt eine Ansammlung von vielen Reaktionsketten. Irgendwann brechen die Ketten und dies oft in einem Moment, wo Ursache und Wirkung nicht verstanden werden. Darum verstehst du dich selbst nicht
mehr. Auch dein Gegenüber versteht dich nicht. Es potenziert sich, denn es schaltet sich noch jemand dazu, der mitmischt mit seiner Aggression. Es ist nicht wichtig, welcher Moment ausschlaggebend ist. Wichtig ist, dass ihr begreift, worum es geht. Dann werdet ihr Lachen, und es wird sich alles auflösen. In dieser vermeintlichen Unvollkommenheit ist es wichtig zu erkennen, auch das ist nur ein Teil von uns.
Ich bitte um die nächste Frage: „Ich kann damit nicht umgehen, wenn ich fühle, dass jemand anderes besser ist als ich. Ich habe Neidgefühle, wenn ich merke, er bekommt Lob und
Anerkennung. Er steht im Licht und ich stehe im Schatten und ich bin voller Neid für dieses Licht, denn ich möchte es auch haben, wenigstens ein kleines bisschen. Ich bin neidisch und ich schäme mich dafür, weil ich es ihm nicht gönne. Wenn ich ehrlich bin, gönne ich es ihm, aber ich will es auch haben.“
Ich sage, wer es auch von sich kennt, der hebe die Hand. Jeder Einzelne hebt die Hand. Sie schauen sich wieder in die Augen mit der Frage, du auch? Sie bitten mich, die Hintergründe zu erklären: Neid und Eifersucht ist die Angst, etwas zu versäumen, etwas nicht zu bekommen, was der andere hat. Es äußert sich in materiellen Dingen, doch die
Hintergründe sind immateriell, denn wir sind alle immateriell. Unsere Vorstellung ist materiell, doch in Wirklichkeit sind wir ohne Körper, frei von Zeit und Raum. Dieses wissen wir im Prinzip noch, doch es ist tief vergraben. Wir sind Wesen, frei von Zeit und Raum und können alles ermöglichen, was wir begehren. Doch in unserm materiellen Dasein ist diese Möglichkeit so weit weggerutscht. Aber irgendwie wissen wir, wir konnten uns schon einmal alles wünschen und haben alles bekommen, was wir wollten. Doch nun sind wir manifest, begrenzt, eingegrenzt in unseren Körper, in die Enge getrieben und wir spüren, wenn der andere etwas
erreicht, was ich auch gerne erreichen würde, so ist er ein Stück weit freier als ich, weil er sich aus der Enge befreit. Es befreit ihn. Ich möchte das auch. Ich grenze mich selbst ein, weil ich fühle, diese Eifersucht und der Neid drängen mich in die Enge. Tief innerlich wissen wir, wir können alles, doch es funktioniert nicht so, wie wir uns das vorstellen. Ich sehe den anderen, was er Tolles erreicht. Ich fühle sein Glück und das ist, was mir fehlt - nicht wirklich die materiellen Dinge, diese scheinbaren Glücksbringer. Es ist ein tiefer Wunsch in uns begraben, der die Sehnsucht erweckt, wieder das zu erreichen, was wir schon ganz selbstverständlich für uns
in Anspruch genommen haben.
Es war so selbstverständlich, dass wir alles erreichen konnten, was wir uns wünschten. Doch nun merken wir, es geht nicht mehr. Sobald jemand vor dir steht, der das, was er sich wünscht erreicht hat, und strahlt in dem Licht, weil er sich so glücklich fühlt, spüren wir, dass uns etwas fehlt. Es ist das Glück, das ihn weitet und du spürst ein Stück Freiheit in ihm. Du denkst, er ist freier wie ich. Er bekommt Anerkennung und es macht ihn noch größer und weiter und ich will es auch.
Das Unterbewusstsein erinnert uns daran, dass wir das alles schon einmal hatten und wir wollen es wiederhaben. Darum
entstehen Neid und Eifersucht. Der Effekt ist das Gegenteil, denn wir ziehen uns noch mehr zusammen, wir begrenzen uns selbst. Dies war der Plan unserer Seele, damit wir uns bewusstwerden, wie schön die Freiheit ist. Was wir erleben auf der anderen Seite, ist so selbstverständlich, da können wir alles erreichen. Aber wir können es nicht mehr schätzen, denn es ist ganz normal und natürlich. Wir sind frei und unbegrenzt. Wenn wir uns nun selbst eingrenzen, denn die Seele macht dieses bewusst, so gehen wir mit dieser Erfahrung wieder zurück und erinnern uns wieder an diese Dinge. Wir können dann diese Freiheit, diese ewige Liebe
und das Glück besser realisieren. Das, was normal ist, löst sich irgendwann auf und ist nicht mehr. Darum möchten wir uns selbst verstehen und fühlen, denn ewiges Glück löst sich auf und ist kein Glück mehr. Weil es keinen Gegenspieler gibt, der mir zeigt, es gibt auch etwas Anderes, weil sich das Glück, die Liebe und der Frieden irgendwann auflösen. Wenn es nichts Anderes mehr gibt, kennen wir keinen Unterschied mehr. Darum verdichten wir uns ganz bewusst und gehen in die Enge, um zu erfahren, wie es ist, wenn dieses Glück nicht mehr da ist. Wenn ich dann jemandem begegne und spüre, er hat ein Stück von diesem Glück, so kann ich mich daran erinnern
und es macht mich traurig. Das ist die Reaktion, die dahintersteht. Unbewusst ist noch sehr viel vergraben in uns, denn wir sind hochgeistige intelligente Wesen. Ein göttlicher Teil ist in uns, denn wir sind Gott selbst.
Um uns vor uns selbst zu schützen, gehen wir in die Schule des Lebens und darum sitzen wir hier. Warum, frage ich, um uns selbst zu schützen? Wenn wir frei und göttlich sind, so brauchen wir uns doch nicht vor uns selbst schützen. Wir schützen uns vor dem anderen und vor uns selbst, weil wir Angst haben vor unserer Größe und vor unserer Mächtigkeit. Wenn wir dieses spüren würden, was würde dann passieren?
Wenn wir spüren würden, wer wir wahrhaftig sind, wenn wir spüren würden, wie groß und mächtig wir sind, jeder Einzelne von uns, so würde vielleicht eine Unordnung entstehen. Denn jeder würde hervortreten und sich darstellen wollen. Vielleicht ist dann irgendwann kein Raum mehr für den anderen, denn jeder möchte sich selbst darstellen. Das ist die Gefahr. Darum müssen wir uns vor uns selbst schützen. Wenn wir wüssten, wer wir sind, würden wir in unserer vollen Größe im Raum stehen. Wir würden leuchten und strahlen und uns in dem Glanz und in dem Licht sehen und uns göttlich fühlen, Gott selbst. Doch wir würden vielleicht
den anderen nicht mehr sehen, sondern nur mehr uns selbst.
Das ist die Gefahr dabei, den anderen nicht mehr zu sehen. Dann entsteht die Unordnung im Raum. Denn wenn sich jeder selbst darstellt, wird er keinen Zuhörer oder Zuschauer mehr finden. Es wäre kein Platz mehr für den anderen. Dieses würde wieder Unordnung erzeugen, denn irgendwann löst sich auch dieses Gefühl auf. Es löscht sich aus, das Licht verbrennt, wenn dich keiner sieht. Wenn dich keiner betrachtet in deiner Größe und Schönheit, erlöscht dein Licht, weil die Nahrung fehlt, die dir der andere gibt, wenn er dich sieht in deinem Licht. Das Licht würde
erlöschen, es würde nicht immer so sein.
Darum gehen wir in die Schule des Lebens, um uns an die andere Seite zu erinnern, um die Ordnung zu erhalten. Denn Gott selbst ist die Ordnung und er führt uns wieder zurück in die Ordnung, damit wir uns wieder eingliedern und einreihen auf unsere Plätze, damit jeder seinen Platz einnimmt.
Ja, meine lieben Freunde, wir haben uns in dieses Leben gezwungen. In der Freiwilligkeit sind wir hierhergekommen, um uns selbst einzuengen. Schon alleine durch den Körper beengen wir uns, damit wir wieder demütig werden. Damit wir erfahren, dass es das eine gibt und das
andere auch, denn immer in dieser Größe zu verweilen geht nicht. Es lässt sich nicht erhalten, denn nichts lässt sich erhalten. Alles verwandelt sich, wird umstrukturiert. Es bleibt nichts so, wie es ist. Es ist nichts so, wie es scheint. Jedes Licht wirft seinen Schatten ab. Darum sind wir vollkommen so, wie wir sind, denn wir sind Lichtwesen. Doch jedes Licht wirft seinen Schatten ab.
Wir sind vielseitig, schöpferisch begabt, hochbegabt, doch im Grunde sind wir das reine Leben. Wir sind kein Standbild das verharrt auf einer Stelle, wo es sich wohlfühlt. Die Energie im Raum so groß ist, dass sie uns weitertreibt. Es ist eine Wirkung von außen, die auf uns
einwirkt. Wir drehen uns und irgendwann werden wir berührt von außen und vorangetrieben von einem Erlebnis in das andere, von einer Möglichkeit in die andere. Es gibt nichts, was nicht möglich ist. Doch die Möglichkeiten wahrzunehmen, wäre die Kunst, sie anzuschauen und ein reiches Potenzial an Erfahrungen zu sammeln. Die Möglichkeiten anzunehmen, in der wir gerade sind, um zu erkennen, was dahintersteckt. Was will uns diese Möglichkeit ermöglichen? Denn das göttliche Prinzip weiß warum.
Wenn wir lernen hinzuschauen und zu verstehen, so wird es sein wie bei dem Erkennen. In einem kurzen Moment
werden wir lachen und es gerne annehmen. Vielleicht löst sich die Möglichkeit schon wieder auf, wenn wir begreifen, worum es geht. Es wird sich wieder eine andere Möglichkeit hervortun, woraus wir wieder weiter lernen und uns weiterentwickeln, von einer Ebene in die andere, ein Auf und Ab. Wir sind hier um Erfahrungen zu sammeln, doch so, wie es im Moment ist, so ist es gut. Es gibt nicht gut oder schlecht. Es ist so, wie es ist. Die Reife steckt in dem Erkennen aller Möglichkeiten. Und du hast die freie Wahl zu wählen. Welche Möglichkeit willst du dir aussuchen? Es ist alles im Wechselspiel. Nichts ist abgegrenzt vom
anderen. Alles ist Bewegung. Bewegung ist Leben. Es war schon immer so. Es wird immer so sein.