„ Herr Pauser, kommen sie bitte kurz in mein Zimmer,“ wartet die Oberärztin vor ihrem Dienstzimmer, als Arnie
zu seiner kleinen Vorstellung auf die Kinderstation des Samariter Krankenhauses kommt.
Arnie Pauser ist vierundzwanzig, studiert Psychologie und Sozialpädagogik. In seiner Freizeit beschäftigt er
sich mit Kindern, die Krebs haben, dadurch lange Zeit in Krankenhäusern und Sanatorien verbringen müssen.
Im Samariter Krankenhaus ist er seit zwei Jahren, fühlt sich da auch sehr wohl. Der Direktor hat immer
ein
offenes Ohr für ihn und seine Anliegen, unterstützt ihn finanziell und materiell.
Ärzte und Schwestern, das übrige Personal, wer sich,s einrichten kann, sieht sich die Vorstellungen und
Aktionen von Arnie an. Er wiederholt nur äußerst selten was und wenn, fügt er es nach Bedarf spontan auf seine Zuschauer gestimmt ein.
Dass Oberärztin Susanne Schreiner ihn heute sprechen will, bereitet ihm ein ungutes Gefühl.
Normal heißt sie ihn mit einem
strahlenden Lächeln willkommen, geht mit zwei drei Kindern im Schlepptau in
den Aufenthaltsraum, in dem er seine Vorstellungen gibt, sich mit den Kindern beschäftigt.
„ Setzen sie sich bitte,“ fordert die Ärztin Arnie auf, holt sich einen Schnellhefter aus der Ablage, legt ein Foto
von einem jungen Mädchen auf ihren Schreibtisch. „ Das ist Jule Englert,“ legt sie zwei weitere Fotos auf den
Tisch, „ Jule leidet an einem Tumor im Kopf, an den sich niemand ran wagt.
Sehen sie,“ zeigt die Ärztin mit
einem Kugelschreiber auf ein Foto aus einer Fachzeitschrift, „ hier sitzt die Geschwulst, ein richtiges gemeines
Miststück, zwischen Blutgefäßen und Nervensträngen. Es zu operieren ist ein sehr großes Wagnis.“
„ Und es gibt keinen Arzt, der sich das zutraut? Heutzutage werden solche OPs Computer gesteuert auf
den Millimeter genau ausgeführt.“
„ Ja schon,“ stimmt Doktor Schreiner zu, „ aber es kann nicht gewährleistet werden, dass der Patient sich nicht
bewegt und trotz Computer.... schon bei der kleinsten Abweichung kann das eine
oder andere Blutgefäß
verletzt werden und die Patientin verblutet uns auf dem Tisch.“
„ Und alle anderen Möglichkeiten sind ausgeschlossen?“ fragt Arnie noch mal.
Der traurige Blick von Doktor Schreiner macht eine Antwort überflüssig.
„ Ich wollte ihnen Bescheid sagen, falls Jule in den Aufenthaltsraum kommt.“
„ Vielen Dank,“ lehnt Arnie sich in seinem Stuhl zurück, „ ist gut, dass sie,s mir gesagt haben.“
„ Lassen sie sich noch etwas Zeit,“ legt die Ärztin ihre Hand auf Arnie´s
Schulter, „ ich geh schon mal vor.“
Nachdenklich lässt Arnie sich durch den Kopf gehen, was Doktor Schreiner ihm berichtet hat. Normal hat er es mit Kindern zwischen drei und acht Jahren zu tun. Bisher war noch nie eins in
Jule´s Alter dabei. Und schon gar nicht mit einer solchen Diagnose.
Wenige Minuten später sind einige Kinder im Aufenthaltsraum, warten auf ihren Arnie.
Jule Englert ist nicht dabei.
„ Sie hat ein Schmerzmittel bekommen,“ erklärt Doktor Schreiner mit leiser Stimme, „ schläft
noch.
Denke, sie kommt nicht mehr.“
Im Reingehen zaubert Arnie einer kleinen Patientin ein Geldstück hinter dem Ohr hervor.
Sie ist heute zum ersten Mal da und deshalb will er sie gleich mit einbeziehen.
„ Hey, schleppst du immer so viel Geld mit dir Rum?“ grinst er die Kleine an, versucht, ihr ein Lächeln
abzuringen. „ Das hast du doch schon vorher in der Hand gehalten,“ schüttelt das Mädchen ungläubig den Kopf,
„ du schwindelst doch.“
„ Aber nein, wo denkst du hin,“ zaubert
Arnie ein weiteres Geldstück vom andern Ohr, „ da ist noch eins und in
der Nase hast du auch eins versteckt,“ tut er so, als würde er dem Mädchen ein Geldstück aus der Nase zerren.
Erstaunt fasst das Mädchen sich an die Nase, fragt sich, wie Arnie das wohl gemacht hat.
„ Na, was schon gefunden?“ grinst er weiter. Er hat gemerkt, dass es der kleinen Patientin nicht gut geht.
„ Dann lass mich noch mal nachsehen,“ lässt er seine Hand über ihr Gesicht gleiten, „ siehst du, da ist noch
eins...ha ha.. und das kannst du sogar
essen.“
Noch erstaunter wickelt das Mädchen die Goldfolie ab, steckt sich die Geldschokolade in den Mund. Zwei kleine Stammgäste warten auf ihren Arnie„ Möchte noch jemand Geld haben, das man essen kann?“
lässt Arnie seinen Blick in die Runde schweifen, „ vielleicht hat Frau Doktor was dabei,“ geht er auf die Ärztin zu.
Doktor Schreiner war schon oft in Arnie´s Shows dabei, hält ihren Kopf hin, damit er ihr zwei Schokomünzen hinter jedem Ohr zaubern kann.
„Na, was haben wir denn da,“ hebt er die Schokomünzen hoch, „ wer möchte eine haben?“ Obwohl seine Vorstellung, seine Aktionen bestens laufen, ist Arnie in Gedanken bei Jule. Er fragt sich, ob er den Trick bei ihr auch anwenden kann, wie sie es wohl aufnehmen würde.
Ist das, was er mit den Kindern macht, seither gemacht hat, zu albern für eine Vierzehnjährige?
Aufregung, und eine Art Landenfieber, durchzuckt Arnie. das hat er schon lange nicht mehr in dem Masse gefühlt.
Doktor Schreiner verteilt dann die
Schokolade an die
Kinder. Sie weiss auch am besten, wer welche essen
darf. Für die Kinder, die keine Schokolade bekommen haben, holt er seine Luftballons aus der Tasche, mit
denen sich Tiere und Skulpturen formen lassen. „ Wer möchte ein Tier von mir haben?“ fragt er lächelnd in die Runde, „ heute gibt es welche, die ihr sogar hier im Krankenhaus haben und wenn ihr entlassen werdet, mit nach Hause nehmen dürft.
Da freuen sich eure Eltern, denn die Tiere müssen nicht gefüttert werden und man kann sie getrost in Urlaub
mitnehmen.“ „ Ich möchte eine Katze,“
meldet sich das Mädchen, dem Arnie die Geldstücke hinter den Ohren
rausgezaubert hat.
„ Eine Katze, bitte sehr, mein
Fräulein, kommt sofort...dadada...“ dreht er den Ballon in verschiedene
Richtungen, während er ihn aufbläst, zwirbelt einen Knoten rein, zerrt und zupft an verschiedenen Stellen, um
kleine Ohren und Haare anzudeuten.
„ Bitte sehr, eine kleine Katze für jeden Bedarf,“ überreicht er dem Mädchen
die
Ballonkatze.
Zwei weitere Katzen, drei Hunde und eine Schlange sind die weiteren Wünsche der Kinder.
Eigentlich wollte Arnie die Luftballontiere heute nicht machen, aber die glänzenden Augen des kleinen
Mädchens haben ihn dann doch dazu veranlasst. „ Was für ein Tier würde Jule sich wohl wünschen..“ fragt er
sich dann, als seine Gedanken wieder zu ihr schweifen.
Einige Luftballontiere, die Arnie
gemacht hat Die Kinder sind von den Ballontieren begeistert. Arnie kommt
kaum nach, sie zu formen. Einige von ihnen sind schon lang in der Klinik, waren mindestens ein mal dabei,
als Arnie das gemacht hat.
Sie sind aber genauso begeistert, wie bei ersten Mal.
Nach knapp fünfundvierzig Minuten bringt Doktor
Schreiner die Kinder in ihre Zimmer zurück. Von sich aus
hätten sie noch mal so lang weiter zusehen können. Aber es soll nicht zuviel werden.
„ Am Freitag kommt Arnie wieder, wird
euch was komplett Neues mitbringen,“ tröstet die Ärztin die Kinder, freut euch drauf.“ Gedankenversunken räumt Arnie seine Utensilien ein, als Doktor Schreiner zurück kommt. Sie
hat gespürt, wie sehr Jule Arnie beschäftigt. „ Sie geht ihnen nicht aus dem Sinn?“ fragt sie ihn.
„ Wenn sie Jule meinen, ja, da haben sie recht. Ich muss die ganze Zeit an sie denken. Vor allem, was ich für
sie tun kann. Mit vierzehn wird sie kaum begeistert sein, einem Clown zu begegnen, vielleicht nichts dafür
übrig
haben.“
„ Daran hab ich auch schon gedacht,“ stimmt die Ärztin Arnie zu, „ ich beneide sie da nicht.“
„ Will sie überhaupt kommen, wenn ich mit den anderen Kindern was mach?“
„ Ich weiss es nicht. Sie ist
sehr ruhig und verschlossen, seit sie weiss, wie es um sie steht.“
„ Erzählen sie mir mehr von ihr,“ bittet Arnie die Ärztin, „ vielleicht fällt mir was ein.“
„ Ich weiss nicht viel über sie,“ reibt Doktor Schreiner sich die Stirn, „ sie
lebt die meiste Zeit allein mit einer
Haushälterin, geht auf´s Gymnasium. Ihre Eltern sind als Berufsmusiker mit einem Sinfonieorchester viel auf
Konzertreise.“ „ Macht sie auch Musik?“ fragt Arnie neugierig, „ spielt sie ein Instrument?“
„ Ja, soviel ich mitbekommen hab, spielt sie Klarinette und Querflöte, ist beim Vorspielen im Musikunterricht
zusammengebrochen. Beim Röntgencheck wurde der Tumor entdeckt.“
„ Klarinette... Querflöte..“ grübelt Arnie vor sich hin,
„
Klarinette... Querflöte..hmm.. kann ich sie besuchen? „
„ Wir können gern in ihr Zimmer sehen,“ ist Doktor Schreiner einverstanden, „ vielleicht ist sie wach.“ Leise öffnet die Ärztin die Tür, nachdem sie kurz angeklopft hat, lässt Arnie voraus gehen.
Jule schläft noch. Sie liegt auf der Seite, hat die Bettdecke zur Hälfte von sich gestrampelt. Das Kopfkissen
hält sie zusammen geknuddelt wie ein Schmusetier in den Armen.
Arnie ist hin und weg, geht näher ans
Bett, um sie eingehend zu betrachten.
"Sie ist wunderbar..." geht es ihm durch den Kopf. Der Wunsch, sich aufs Bett zu setzen, ihre blonden,
wallenden Haare zu streicheln, ist groß. Er möchte ihr sagen, dass sie nicht aufgeben soll, egal, wie es um sie steht, sie nach vorn sehen soll, nur nach vorn... denn wer zurück sieht, hat verloren.... möchte ihr sagen, er will
ihr bei allem was sie braucht, helfen...
Doktor Schreiner spürt, wie bewegt Arnie von Jule´s Anblick ist, spürt, da geht was Besonderes vor
sich... bleibt an der Tür stehen, um die Atmosphäre nicht zu stören.
Arnie kann seinen Blick nicht von Jule
abwenden.
".. sie ist so schön.."
Der Gedanke, dass sie sterben muss, weil der Tumor in ihrem Kopf nicht operiert werden kann, lässt eine
unbändige Wut in ihm aufkommen. Wütend ballt er seine Hände zu Fäusten, dass die Knöchel weiss durch
die Haut schimmern.
„ Ich werde dir helfen,“ flüstert er dann leise, zwingt sich das Zimmer zu verlassen.
Doktor Schreine weiss nicht so recht, ob sie Arnie auf das Gefühl ansprechen soll, dass sie gespürt hat, als
er
an ihrem Bett stand, entscheidet sich dann, es nicht zu tun.
„ Sehen wir uns am Freitag?“ fragt sie noch, bevor sie auf Station geht, um ihre Visite zu machen.
„ Ehh ja, natürlich..“ stottert Arnie kurz. Die Frage hat ihn aus seinen Gedanken zurück geholt.
„ Freitag, ja ich komm etwas früher..“
Zu Hause beschäftigt ihn der Gedanke, was er für Jule machen kann, vielleicht mit ihr machen.
Was er seither mit den Kindern gemacht
hat, kommt bei ihr nicht in Frage.
„ Sie ist kein Kind mehr,“ grübelt er leise, „ sie ist eine junge Frau.“
Im Schlafzimmer kommt ihm dann eine Idee, was er für und mit Jule machen kann. Auf der Suche nach einem
passenden Hemd für den nächsten Tag stößt er auf seine alte Mundharmonika. Sie springt ihn regelrecht an,
schreit nach ihm... nimm mich
mit in die Klinik...
„Ja genau, das ist es,“ klopft er sich mit der Hand an die Stirn, „ wir machen
Musik.“
Am nächsten Morgen fällt ihm auch noch ein, was genau er machen kann. Im Radio kommt ein Bericht über
eine Vorstellung von einem Schultheater. Gespielt wurde das Stück, Peter und der Wolf.
„ Genau das ist es,“ klatscht Arnie in die Hände, holt die Handharmonika aus dem Koffer, probiert, ob sie gut
spielt. Am Freitag ist er schon eine Stunde früher im Krankenhaus, lässt sich zu Doktor Schreiner bringen.„ Ich
weiss, was wir für und mit Jule machen,“ strahlt er aus allen Knopflöchern.
„ Na, dann lassen sie mal hören,“ setzt die Ärztin sich hinter ihren
Schreibtisch.
„ Jule spielt Klarinette und Querflöte,“ beginnt Arnie begeistert zu erzählen, „ denke für die Kinder ist die
Querflöte eher geeignet. Einen Augenblick,“ holt er die Handharmonika aus dem Koffer, „ sie kennen das
Stück Peter und der Wolf?“
„ Ja,“ nickt Doktor Schreiner, „ aber ist das was für die Kinder?“
„ Sicher nicht, ich wollte ihnen nur ein Beispiel sagen, das sie kennen. Hab mir ein paar Stücke überlegt, die ich mit den Kindern spiele, sie dazu singen können.
Jule begleitet mich mit der Querflöte, ähnlich der Musik
bei Peter und der Wolf. Das wird den Kindern sicher Spaß machen, da mitzuwirken und für Jule ist es was
Anspruchvolles.“
Doktor Schreiner wird von Arnie´s Begeisterung angesteckt.
„ Prima, ist eine super Idee. Lassen sie uns gleich zu Jule gehen, fragen, was sie dazu meint.“
„ Ich denke, ich kann sie überzeugen,“ geht Arnie voraus.
„ Hei Jule, grüß dich,“ setzt er sich zu
ihr aufs Bett,“ ich hab einen Überfall auf dich vor.“ Jule sitzt im Bett, weiss erst nicht, was los geht.
„ Du hast sicher schon von mir gehört, ich versuche, hier im Krankenhaus die Kinder zum Lachen zu bringen,
sie zu unterhalten, mit ihnen was bauen und basteln.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, legt Arnie ihr seine Hand auf die Schulter.
„ Heute hab ich was Besonderes vor und dazu brauche ich dich.“
Jule sieht Arnie erstaunt an.
„ Du spielst Querflöte, hat mir Doktor Schreiner erzählt,“ lässt er Jule nicht zu Wort kommen, „ du kennst das
Stück Peter und der Wolf...“
„ Ja, aber was hat das mit den Kindern zu tun?“ meldet Jule sich nun doch zu Wort, „ die verstehen das noch nicht.“
„ Das ist nicht weiter schlimm,“ fährt Arnie fort, „will dir nur sagen, was ich mir überlegt hab. Ich kenne ein paar ähnliche Stücke und Geschichten, die wir den Kindern erzählen können, mit Querflöte und meiner alten
Handharmonika begleitet.“
„ Und du denkst, die Kinder wollen das?“
„ Ja, sie kennen mich schon ne Weile, wissen, dass ich immer wieder was Neues mit ihnen mach,“ hört Arnie
nicht auf, seine Begeisterung auf Jule zu übertragen. Fragend sieht sie Doktor
Schreiner an, als wollte sie
deren Meinung dazu hören. Doktor Schreiner hat längst gemerkt, dass es Arnie gelungen ist, Jule zum
Mitmachen zu bewegen. Wenige Minuten später sitzen Doktor Schreiner, Jule und Arnie im Aufenthaltsraum.
Jule steckt ihre Querflöte zusammen, prüft, ob sie richtig gestimmt ist, spielt ein paar Töne an. Arnie hört eine
Melodie raus, spielt mit der Handharmonika mit. Es klappt, als würden sie schon ewig zusammen
spielen.
Die Kinder kommen aufgeregt in den Raum gelaufen, als sie die Musik hören.
„ Hei Kidis,“ begrüsst Arnie sie, „ haut euch auf eure Plätze. Heute machen wir was total Neues.
Ich hab euch Jule mitgebracht,“ stellt er sie vor, „ sie macht heute mit uns Musik. Ich erzähl euch erst eine
Geschichte, dann müsst ihr raten, welches Lied Jule und ich euch vorspielen.“
Neugierig und gespannt sitzen die Kinder auf kleinen Polstern und am Fußboden, warten auf Arnie´s Geschichte. „ Also,“ beginnt Arnie seine Geschichte, lässt
dazu die Bässe an seiner Harmonika brummen, „die Vögel haben sich eines Tages gestritten, wer am besten singen und pfeifen kann. Jeden Tag
haben sie sich gezankt und rumgemacht, jeder wollte der Beste sein.
Es war ein heilloses Durcheinander, Einer versuchte den Andern zu übertrumpfen und zu stören.
Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie bescheuert sich das angehört hat.
Außerdem hat es die anderen Tiere in Wald und Flur furchtbar geärgert und als es nicht besser wurde, haben sie sich bei der Eule beschwert. Jetzt werdet ihr euch
fragen, warum sie ausgerechnet
die Eule gefragt haben. Nun, ihr wisst, dass Eulen sehr gescheit sind, für alle Probleme eine Lösung und
einen Rat wissen. Nach kurzer Überlegung hat die Eule Boten losgeschickt, dass alle Vögel am nächsten Tag
auf der großen Wiese zusammen kommen sollen, um einen Gesangwettbewerb zu machen.
Jeder Vogel darf
ein Lied vortragen. Der große Stier, der Hund vom Bauern und der Fuchs werden als eine unparteiische
Kommission den Sieger ermitteln. Dann ist aber ein für alle mal Schluss mit der
Streiterei und keiner von euch wird mehr meckern.
Gesagt getan. Am nächsten Tag waren alle Vögel auf der großen Wiese versammelt. Um keinen Streit aufkommen zu lassen, wer als Erstes singen darf, hat die Eule die Vögel
nach dem ABC eingeteilt. Die Amsel durfte somit als Erste ihr Lied vortragen.“
Jule hat sofort verstanden, was Arnie vorhat. Gekonnt spielt sie mit der Querflöte zu jedem Vogel ein kleines
Stück, um die Kinder hören zu lassen, welcher Grade dran ist. Ab und zu spielt Arnie ein paar Takte mit.
Die
Kinder sind begeistert, wollen den einen und anderen Vogel mehrmals hören, weil ihnen Jules Spiel so gut gefällt.
Als der letzte Vogel vorgespielt war, hat Arnie ein kleines Problem. Trotz aller Anstrengung ist es ihm nicht
gelungen, einen passenden Schluss zustande zu bringen.
Jule merkt, was ihm fehlt, beugt sich zu ihm.
„ Sag einfach, alle Vögel haben gut gesungen, jeder ist einzigartig und sie sollen froh sein, dass dem so ist...“
flüstert sie ihm zu.
Genau so macht Arnie es auch. „ Jetzt wisst ihr, wie das war, mit der Streiterei. Wenn ihr draußen seid, einen
Vogel singen hört, denkt immer dran, wie klug die Eule entschieden hat.“
Die Kinder sind aus dem Häuschen, freuen sich auf die Lieder, die sie nun raten dürfen. Doktor Schreiner hat
sich spontan entschlossen, Schokolade und Gummibärchen an die auszugeben, die die Antwort am schnellsten wussten. Jule ist nach der Aktion erschöpft, aber sehr glücklich. In ihrem Zimmer schmiegt sie sich in Arnie´s Arme, weint vor Freude.
„ Hei, findest du das zum Heulen, was
wir gemacht haben?“
„ Quatschkopf,“ haut Jule mit den Fäusten auf Arnie´s Brust, „ es hat mir riesen Spaß gemacht.. die Kidis sind
weg und alle....ich dachte anfürsich, ich will nie mehr Flöte oder Klarinette spielen... hab an so vielem die Lust verloren...“
Mehr kann sie nicht sagen. Tränen fließen über ihr Gesicht.
Arnie weiß auch so, was sie sagen will. Er freut sich noch mehr, dass es ihm gelungen ist, Jule aus der
Versenkung zu holen, ist dankbar, dass ihm die Idee gekommen ist.
Von dem Tag an spielen Arnie und Jule einmal in der Woche für und mit den
Kindern, ab und zu auch für die
anderen Patienten im Krankenhaus.
Die größte Freude aber wurde Doktor Schreiner zuteil. Von dem Tag nach dem Konzert hat Jule keine
Schmerzmittel mehr verlangt, sich von Tag zu Tag besser gefühlt. Wenn Arnie da war, hat sie sich besonders
gut gefühlt. An ihrem fünfzehnten Geburtstag hatte Doktor Schreiner das schönste und beste Geschenk für Jule, das man sich wünschen kann.
Jule´s Eltern waren zu Besuch gekommen, haben auch Arnie gebeten,
mit ihnen zu feiern.
Zusammen stehen sie in Doktor Schreiner´s Zimmer, betrachten die Röntgenaufnahme, die Tags zuvor gemacht wurde.
„ Fällt ihnen an der Aufnahme was auf?“ fragt sie in die Runde. Schweigen.
„ Sehen sie hier,“ zeigt sie mit ihrem Stift auf die Stelle, an der vor Wochen ein faustgroßer Tumor zu sehen
war, „ der Tumor ist bis auf
Erbsengrösse zurück gegangen und ich denke, das wird auch noch verschwinden.“
Jule starrt mit weit aufgerissenen Augen
auf das Röntgenbild, kann es kaum glauben....
„ Das ist das schönste Geburtstagsgeschenk der Welt....“ fällt sie Arnie um den Hals...