Das kleine Samenkorn
Es war nur ein Samenkorn unter vielen, und doch spürte es, dass es etwas ganz besonderes war. Mit all den anderen Samenkörnern lag es in der dunklen Scheune, und träumte von einem wunderschönen, lichtdurchfluteten Engel mit prächtigen, perlweißen Flügeln. Mit langem blonden Lockenhaar, und gütigen Augen. Der Engel, es musste ein Engel sein sprach im Traum zum Samenkorn.
„ Du, kleines Samenkorn wach auf, ich bringe dir eine Botschaft, die sehr wichtig ist. Wichtig für viele Menschen, und Tiere. Und auch für dich, kleines
Samenkorn.“
Das Körnchen rieb sich verschlafen die Äugelein, und sah sehr verwirrt aus, es dachte bei sich „ Ich träume ja noch, gibt es denn wirklich Engel? Das kann ich gar nicht recht glauben, und was sollte so ein Engel wohl für eine Botschaft für mich haben? Ich bin doch nicht wichtig, und ganz allein schon gar nicht.“
Als hätte der Engel seine Gedanken gelesen, sagte er „ Du bist sehr wichtig, du trägst die Hoffnung in dir“ „ Hoffnung, was für ein schönes Wort sagte das Samenkorn, aber was bedeutet es?“ Der Engel antwortete, „ Hoffnung bedeutet einfach leben, und lieben und was ganz wichtig ist-
glauben.“
Das kleine Samenkorn nickte, „ ja, ich glaube an den lieben Gott, ich habe von ihm gehört, aber warum bin gerade ich so wichtig, dass ich etwas in mir tragen könnte?“ Der Engel sagte „ Puh, du hast viele Fragen, und ich bin doch nur ein Bote, Gott selbst gab mir den Auftrag auf die Erde zu kommen, und dich weiterzuschicken in ein fernes Land, dort wirst nur du dringend gebraucht, mehr weiß ich auch nicht. Gott redet nicht mit uns über seine Pläne.“
„ Darf ich dich denn fragen, wie du heißt?“ Sagte das Samenkorn. „ Ja, das darfst du, ich bin der Engel Effila, und
dich nenne ich Samuel, es passt so gut zu einem Samenkorn, magst du den Namen?“
„ Oh ja, sehr sogar jetzt bin ich bestimmt das einzige Samenkorn mit einem richtigen Namen.“ Samuel hüpfte vor Freude ein ganz klein bisschen in die Luft. Effila lachte richtig laut, sodass Samuel psst sagte, „ du weckst noch die anderen auf Effila.“ „ Keine Bange, die habe ich in einen tiefen Schlaf versetzt, sie träumen jetzt.“
„ Aber auf dich wartet Arbeit Samuel, du musst weit fort von hier, sehr weit.“
„ Was soll ich denn tun, und wie komme ich hier
weg?“
„ Überlasse dich einfach dem Wind, er wird dich leiten und dorthin wehen, wo du schon erwartet wirst, und fürchte dich nicht, wenn der Wind mal zum Sturm wird, dir wird nichts geschehen Samuel, denn Gott ist mit dir. Ich muss nun wieder zurück in den Himmel, und Glück muss ich dir gar nicht wünschen, denn das Glück ist bei den mutigen.“ Dann war Effila fort, und Samuel blieb mit einem warmen Gefühl zurück.
Am nächsten Morgen wollte der Bauer die Samen, es waren Weizenkörner unterpflügen, plötzlich kam ein starker Wind auf, und der Bauer sagte zu seiner Frau „ das wird heute nichts mit dem
säen, wahrscheinlich gibt es auch noch Regen. Warten wir bis morgen.“
Samuel war aufgewacht, und streckte sich, er erschrak plötzlich hatte er Beine, und Hände sonst hätte er sich ja nicht strecken können, da fiel ihm Effila ein. Natürlich, der Engel hatte ihm Gliedmaßen geschenkt, das durften die anderen auf keinen Fall sehen. Was hatte Effila noch gesagt? Er sollte sich dem Wind überlassen, und er sollte sich nicht fürchten, er ging ganz vorsichtig zur Scheunentür, auf seinen beiden wunderbaren Beinen. Niemand bemerkte ihn, die Tür stand offen und der Wind blies in die Scheune, fegte unter Samuel durch, der wurde sanft hochgehoben, und
los ging die Reise ins Abenteuer.
Oben am Himmel, hinter einer Wolke versteckt schaute Effila zu, wie Samuel vom Wind davongetragen wurde. Effila gluckste ein wenig vor Lachen , und murmelte vor sich hin „ gar nicht so übel dieser Auftrag, und ich kann den Kleinen die ganze Zeit begleiten, das wird Spaß machen.“ „ Der himmlische Vater weiß es eben am besten.“
Inzwischen war Samuel schon eine ganze Weile auf den Schwingen des Windes unterwegs, es gab so viel zu sehen. Wälder, Wiesen, Blumen in allen Farben, Felder und Häuser, Straßen und Menschen, die geschäftig hin und her
liefen oder zusammen standen, sicher um ein Schwätzchen zu halten. Woher Samuel das alles wusste? Er wusste es einfach, sicher hatte der liebe Gott ihm dieses Wissen geschenkt, denn nun war Samuel Gottes Samenkorn. Und so flog er glücklich dahin, er wollte gerne mit dem Wind reden, und fragte“ du, Wind wohin fliegen wir überhaupt? Effila hat gesagt, sehr weit fort, wie weit; ist denn sehr weit?“
Zuerst kam keine Antwort, dann nach einiger Zeit sagte der Wind mit brummelnder Stimme „ ich denke mal nach Afrika oder vielleicht doch nach China? Ich muss es vergessen haben, seltsam – wirklich seltsam, schau da
unten Samuel, dort machen wir Rast, ich bin ein wenig müde.“ Samuel sah nach unten, dort lag ein herrliches Mohnblumenfeld, es war so wunderschön es musste von Gott sein, kein Mensch könnte je so etwas schaffen. Effila sagte zu sich selbst „ der Kleine ist wirklich pfiffig, und von Herzen gut, er sieht die Wunder des Herrn.“
Der Wind ruhte, und Samuel ging ein wenig umher, er schaute sich all die herrlichen Mohnblumen an, er pflückte nicht eine einzige denn er verstand, dass sie eine Einheit waren bei der keine fehlen durfte. Jetzt fing der Wind leise pfeifend an zu schnarchen, Samuel kicherte vor sich hin, schnarchender
Wind, wo gab’s denn sowas? Plötzlich hörte er die leise Stimme Effilas, „ Samuel, du musst den Wind aufwecken, euer Weg ist noch sehr weit.“
„ Oh, Effila, du reist mit uns wie schön, ich dachte du müsstest zurück in den Himmel, und bitte kannst du mir sagen wohin der Wind mich weht?“ „ Das, mein Lieber ist ein Geheimnis, der Wind weiß genau wo ihr hinmüsst, und ich habe vom Herrn die Erlaubnis bekommen, euch zu folgen. Nun wecke den Wind, ihr habt einen langen Weg vor euch, außerdem schnarcht der Bursche zum Steinerweichen.“
„ Du bist lustig, sagte Samuel und fügte hinzu, für einen Engel.“ Dann rief er so
laut er konnte,“ hallo Wind wach auf, wir müssen weiter.“ Der Wind erhob sich gähnend, wobei er leider ein paar der Mohnblumen einatmete, und schon fühlte Samuel sich hochgewirbelt weiter ging es, wohin auch immer.
Fortsetzung folgt…