Die Rache der Satzzeichen
Susanne war froh dass endlich Wochenende war. Wie jedes Wochenende setzte sie sich auch an diesem Wochenende wieder an ihren Computer. Eigentlich war es jedes Wochenende das gleiche. Zuerst machte sie die Gewinnspiele die sie so finden konnte, immerhin gewann sie auch öfters etwas, warum also nicht? Wenn sie damit fertig war dann las sie meistens noch ein wenig, und dann schaute sie was es so für Ausschreibungen für Anthologien gab.
Susanne schaute ihre Liste durch welcher Verlag wieder Ausschreibungen für
Anthologien machte, und heute entdeckte sie eine mit dem Thema Schattenfeuer und man sollte eine Geschichte im Genre Fantasy schreiben. Da Susanne sehr gern schrieb, und Fantasy ihr Lieblingsgenre war konnte sie dieser Ausschreibung nicht widerstehen. Sie setzte sich sogleich auf ihren Stuhl vor dem Computer und überlegte, und überlegte. Irgendwann fing sie einfach an zu schreiben, ohne dass sie so wirklich wusste um was es in der Geschichte gehen sollte.
Eines wusste sie allerdings, sie hatte große Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung und vor allem auch mit den Satzzeichen. Susanne hatte es zwar immerhin schon drei Mal in ein Buch geschafft, doch vielleicht wären es ja
noch mehr wenn sie es schaffen würde das Problem mit der Rechtschreibung und den Satzzeichen in den Griff zu kriegen. Sie war sich sicher dass manche der Absagen für die Anthologien auch an ihrer schlechten Kommasetzung und der Rechtschreibung lagen.
Sie verwechselte öfter einmal die Wörter das und dass, schrieb Wörter klein, die man eigentlich groß schreibt, schrieb Wörter groß, die man eigentlich klein schreibt, und mit den Satzzeichen stand sie restlos auf Kreigsfuss. Sie versuchte zwar Kommas zu setzen, aber sie setzte davon viel zu wenige und wenn sie doch einmal eines setzte dann war das
garantiert an einer Stelle wo es sicher nicht hingehörte.
Natürlich bekamen die Satzzeichen und die Buchstaben auf der Tastatur von Susanne das auch mit dass sie mit der Rechtschreibung und mit der Kommasetzung so große Probleme hatte.
Deswegen beschlossen die Satzzeichen und Buchstaben auf der Computertastatur miteinander zu sprechen. So konnte das ja nun wirklich nicht mehr weiter gehen.
Besonders die Kommas fühlten sich sehr vernachlässigt. Der Punkt versuchte Susanne zwar in Schutz zu nehmen, denn diesen
setzte Susanne zwar nicht immer, aber meistens. Daher verstand er die ganze Aufregung der Kommas nicht so ganz. Doch die vernachlässigten Kommas waren eindeutig in der Mehrzahl. Die Buchstaben, die Susanne ja auch des Öfteren durcheinander brachte waren ganz auf der Seite der Kommas.
Die Frage war nun allerdings: Was sollten und vor allem auch was konnten sie tun?
Die Buchstaben hatten eine Idee und als Susanne in das Bett gegangen war und wahrscheinlich von ihrem großen Erfolg als Autorin träumte, vielleicht ja sogar vom Literatur-Nobelpreis, da weckten sich die Buchstaben auf der Tastatur gegenseitig.
Denn ein Großteil war schon eingeschlafen, und das was sie vor hatten würde nur funktionieren wenn alle zusammen hielten.
Die Buchstaben waren ganz leise, denn sie mussten aufpassen dass sie Susanne nicht aufweckten. Was würde Susanne wohl denken oder sagen wenn sie die gesamten Tasten ihrer Tastatur auf dem Tisch hätte herumtanzen sehen.
Die Buchstaben ordneten sich auf der Tastatur so an dass sie jetzt in alphabetischer Reihenfolge waren, also nicht mehr in der ersten Reiche Q dann W dann E usw. sondern in dieser Reihe sah man jetzt erst A, dann B, dann C. Die Zahlen und die
Sondertasten wie die Esc Taste hielten sich raus und der Punkt versuchte immer die Buchstaben davon zu überzeugen dass man so etwas doch nicht machen kann.
Doch die Buchstaben liessen sich nicht davon abbringen, und ganz besonders aufgeregt was das Komma und der Strichpunkt. Denn diese fanden die Idee klasse, aber es ging ihnen nicht weit genug. Sie waren sauer, richtig sauer, auf Susanne. Sie waren beide eindeutig der Meinung, dass man Susanne eine Lektion erteilen müsste. Doch dem Komma und dem Strichpunkt ging das Tasten umsortieren nicht weit genug.
Das Komma und der Strichpunkt sprangen auch aus der Tastatur und sie schafften es unter dem Türschlitz von Susannes Wohnung
hindurch zu schlüpfen und schon machten sie sich auf die Suche nach noch mehr vernachlässigten Kommas. Sie schlüpften bei der nächsten Wohnung unter dem Türschlitz hindurch, doch hier ergriffen sie sehr schnell wieder die Flucht. Denn kaum waren sie unter dem Türschlitz hindurch gekrochen wurden sie von einem großen Hund angebellt, der sie anscheinend wahrnehmen konnte obwohl sie ja nur sehr klein waren. Der Strichpunkt schrie den Punkt an und schrie: „Daran bist Du schuld, Du hast Dich bestimmt wieder nicht gewaschen“
Der Punkt beteuerte dass er sich gewaschen hatte und bezichtigte seinerseits den Strichpunkt dass dieser an der Attacke des
Hundes schuld sei, weil dieser sich ja immer dermaßen mit Parfüm zusprühen musste dass man ihn schon auf 100 Meter mit Gegenwind riechen konnte.
Die beiden bekamen einen sehr heftigen Streit und fast hätten sie sich getrennt weiter auf den Weg gemacht, doch schnell merkten sie dass das wahrscheinlich keine gute Idee ist. Deswegen redeten sie ein bisschen miteinander und machten sich danach auf in die nächste Wohnung.
In dieser Wohnung sahen sie eine alte Frau auf einem Sessel sitzen und stricken, zuerst dachten sie dass sie hier auch einfach wieder gehen sollten, doch dann fiel dem Komma ein
dass man die Stricknadeln vielleicht überzeugen sollte mitzukommen und tatsächlich, die Stricknadeln schlüpften aus den Händen der alten Frau. Ihnen gefiel es auch nicht wie sie behandelt wurden, immer nur am Abend wenn sie eigentlich schon lange müde waren und eigentlich in ihr kleines Schächtelchen zurückkehren wollten, genau dann wurden sie herausgeholt. Nein so geht das ja nicht.
Die alte Frau bekam einen sehr großen Schrecken, denn Laufmaschen kannte sie ja, laufende Stricknadeln dagegen nicht. Der Schrecken war so groß, dass die alte Dame einen Herzinfarkt bekam und in ihrem Sessel starb. Leider hatte sie kaum Kontakte, so
dass sie erst nach mehreren Tagen ihres Todestages gefunden wurde, und das auch nur aufgrund des Geruchs der dann schon bald durch das ganze Haus strömte.
Der Strichpunkt, das Komma, und jetzt auch die Stricknadeln machten sich weiter auf den Weg um weitere Kommas oder andere vernachlässigte Gegenstände zu finden.
Sie suchten und suchten, doch in den nächsten Wohnungen gab es überhaupt nichts Besonderes. Was wollten sie denn mit Studenten die offensichtlich sogar in Deutsch Leistungskurs machten? Oder was wollten sie mit einer Klofrau? Diese hatte nicht einmal einen Computer, somit auch keine Computertastatur, also konnten sie hier auch
keine vernachlässigten Kommas finden.
Sie suchten noch einige Zeit und als sie schon kurz davor aufzugeben und wieder zu Susanne zurückzugehen da kamen sie in eine Wohnung in der offensichtlich auch gerade jemand eine Geschichte am PC schrieb. Das mussten die vier sich doch einmal genauer anschauen. Das Komma und der Stichpunkt schlichen sich von hinten an ohne dass derjenige sie bemerkte. Nur die Stricknadeln hielten sich etwas im Hintergrund, denn diese waren aufgrund ihrer Größe doch zu auffällig.
Und sie sahen schon sehr bald dass auch der Autor der hier vor der Tastatur saß große Schwierigkeiten mit den Kommas hatte. Hier
hatten sie allerdings das Problem dass der Autor ja noch auf der Tastatur vergnügte, und wie sollten sie das Komma aus den Fängen dieses Schreiberlings befreien, wenn dieser doch seine Hände nie von der Tastatur nahm? Sie hätten aber Glück, denn da stand der Autor auf und nahm seine leere Tasse mit die neben der Tastatur stand, offensichtlich wollte er sich einen Kaffee holen. Als der Mann verschwunden war sprangen die Stricknadeln schnell auf den Tisch und halfen dem Strichpunkt und dem Komma aus der Tastatur. Jetzt waren sie also schon zu sechst.
Sie dachten dass das bestimmt reicht und machten sich wieder zurück auf den Weg zu
Susanne. Unterwegs besprachen sie was sie wohl tun sollten und könnten um Susanne ein für alle Mal klar zu machen dass sie mehr auf die Satzzeichen und mehr auf die Rechtschreibung achten sollten.
Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Susanne es wohl niemals lernen würde, und wenn sie es niemals lernen würde, dann gab es nur eine Lösung: Susanne musste sterben.
Da sahen sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Messerschleifer und die Stricknadeln wollten sich beim Messerschleifer so spitz schleifen lassen dass sie zum Töten in der Lage wären.
Der Messerschleifer war zwar erst ein wenig irritiert, denn das das Werkzeug dass er schleifen sollte selbst zu ihm kommt, das war
dann doch eher ungewöhnlich. Und dann auch noch Stricknadeln? Doch egal, ihm war es das wichtigste dass er Geld verdient, also schärfte er auch die Stricknadeln.
Als sie wieder bei Susanne angekommen waren, sahen sie dass Sabine immer noch schlief und das war die Gelegenheit für die Stricknadeln. Sie sprangen auf einen Schrank der neben dem Bett von Susanne stand und sprangen von dort direkt auf Susanne. Da Susanne gerade auf dem Rücken lag trafen die Stricknadeln Susanne direkt ins Herz und sie war sofort tot.
Am nächsten Tag versuchte Susannes beste Freundin Sabine sie zu erreichen, doch eine Tote kann ja nicht mehr ans Telefon. Sabine
versuchte es noch einige Tage weiter, doch nichts. Susanne ging einfach nicht mehr ans Telefon. Nachdem es Sabine 2 Wochen versucht hatte rief sie die Polizei, denn irgendetwas sagte ihr dass hier irgendetwas nicht in Ordnung war. Die Polizei fuhr zu Sabines Wohnung und bald schon ließen sie die Tür von Susanne öffnen. Sie fanden Susanne mit Stricknadeln im Herz und sie war mausetot. Die Beamten schauten sich die Wohnung von Susanne an, und versuchten herauszufinden was geschehen war. Doch je mehr sie versuchten herauszufinden was hier geschehen war umso seltsamer wurde das alles. Wieso waren auf der Computertastatur die Tasten alphabetisch geordnet? Und wieso steckten in der Leiche angespitzte
Stricknadeln?
Hier würde die Spurensicherung und die Kriminalpolizei sicher noch einiges zu tun haben.
Die Polizei schrieb einen Bericht, brachte die Leiche zur Obduktion, die Tastatur kam in die kriminaltechnische Untersuchung. Die Taste mit dem Komma und dem Strichpunkt fehlte, und wurde auch nicht gefunden, was der Polizei weitere Rätsel aufgab.
Der Strichpunkt und das Komma unterdessen hatten schnell die Flucht ergriffen nachdem sie gesehen hatten wie die Stricknadeln Susanne umgebracht hatten. Die beiden wurden sehr gute Freunde und nachdem sie
dann längere Zeit in der Weltgeschichte herumgeirrt waren fanden sie auch wieder eine Tastatur auf der genau diese Taste fehlte. Und das tolle war, es war die Tastatur eines Autors der die Satzzeichen achtete so als wäre es seine Augen. Sie wurden beide vorbildlich behandelt und wollten nie wieder die Tastatur verlassen.
Diese Geschichte geschah genauso. Und weil sie ein Tatsachenbericht ist wurde sie, trotz der mangelnden Rechtschreibung, in eine Anthologie aufgenommen, um allen weiteren Autoren zu zeigen und klar zu machen dass es tödlich sein kann wenn man
nicht auf Rechtschreibung und Satzzeichen achtet.
(Anm.der Autorin: Leider hat es diese Geschichte dann doch nicht in die Anthologie geschafft)