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Was es über Panik (nicht) zu sagen gibt.

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"Was es über Panik (nicht) zu sagen gibt."
Veröffentlicht am 26. März 2017, 14 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Über den Autor:

Das Schreiben hat mittlerweile Ausmaße erreicht, bei denen ich es nicht mehr als Hobby abtun kann. Es ist zur Krankheit geworden und ist gleichzeitig die Medizin. Problem und Therapie. Ich bin süchtig nach meinem Methadon, es ist mir mittlerweile wichtiger geworden als das Heroin. Die Worte sind Hunger und Brot zugleich. Sie halten mich nachts wach und machen mich tagsüber müde. Nichts liebe und hasse ich so sehr, wie das geschriebene Wort. Ich ...
Was es über Panik (nicht) zu sagen gibt.

Was es über Panik (nicht) zu sagen gibt.


Wenn ich über Panik, oder Panikattacken spreche, dann meine ich damit ein Gefühl des Kontrollverlustes, meist ausgelöst dadurch, dass man den Dingen, die in einen einzelnen Tag hineinpassen, nicht mehr nachkommt. Das ist etwa so, als würde man jonglieren und immer mehr Bälle dazu nehmen. Irgendwann nimmt man den einen dazu, der zu viel ist, oder von außen werden einem Bälle zugeworfen, die man nicht eingeplant hatte. Während man diesen einen Ball der zu viel ist, versucht aufzufangen, bevor er den Boden berührt, verliert man alle anderen Bälle, nach und nach immer

schneller aus den Augen. Was den meisten Leuten nicht klar ist: „Darüber reden“, hilft nicht, jedenfalls nicht auf Dauer. Irgendwo wurde eine Grenze überschritten, man verliert die Kontrolle und spürt das auch. Da braucht man keinen Hobbypsychologen. Ich weiß, dass es sich echt gut anfühlt jemandem zu helfen: das Gefühl zu haben, ihn völlig durchschaut zu haben und sein Problem noch besser zu kennen, als er selbst. Ja, reden kann da helfen, das stimmt. Das traurige ist, dass sich Panikattacken meist leicht vermeiden ließen. Aber

dafür braucht man Freunde, keine Therapeuten. Ein guter Therapeut zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht dein Freund ist. Ein guter Freund dadurch, dass er nicht deinen Psychiater spielt. Denn ein Psychiater kann in seiner Therapie aufs ganze gehen, weil er, wenn er an den unangenehmen Stellen bohrt, nicht befürchten muss, einen Freund zu verlieren, sich nicht gekränkt fühlt wenn er für seinen Hilfeversuch nur Undank erntet. Freunde bauen einen auf, Therapeuten sind nur dazu da, etwas wieder aufzubauen. Es braucht, keine Wunder die den Unterschied ausmachen,

zwischen dem einen Jonglierball der zu viel ist und einer Darbietung, die so gekonnt ist, dass es einen selbst beeindruckt. Das sind so ganz kleine Dinge, die da den Unterschied machen. Das klassische Lächeln im richtigen Moment. Das Mittagessen, das man einem langen Arbeitstag nicht allein verbringt. Umarmungen, die lange genug dauern, dass die Endorphine, oder was auch immer da frei gesetzt wird, einem die Stimmung retten. 60 Sekunden, nach denen sich garantiert jeder besser fühlt. Der Umarmende, so wie auch der Umarmte. Letzten Endes geht es eigentlich nur darum, Dinge früh genug

zu tun. Und vor allem, Dinge zu tun und nicht einfach über Dinge zu reden. Es gibt Momente, da ist man sich nicht so ganz sicher, wo die Außenwelt aufhört und man selbst anfängt. Nicht alles ist erklärbar mit einem lange zurück liegenden Kindheitstrauma. Manche sehen die Welt, als bestehe sie aus einem endlosen Vorrat an Akkusativen. Aber manchmal fürchtet man nur, nicht unbedingt etwas. Manchmal trauert man nur, nicht unbedingt um etwas. Es gibt Tage, da fühlt sich der Weg vom Bett zur Zimmertür an, als würde man von Alcatraz nach San Francisco schwimmen. Alles fühlt sich kälter an, die Zahnräder im Kopf rattern auf Hochtouren, aber

Armen und Beinen kriegt man nicht einmal ein Zucken entlockt und man hat gar nicht mehr die Kraft um zu reden. Solche Tage hat man nicht, weil man den Tod seines Lieblingshamsters nicht überwunden hat, sondern weil es im Moment mehr zu bewältigen gibt, als man Ressourcen hat. Man hört oft: „Achte mehr auf dich selbst.“ Aber das klingt, wie ein weiterer Schlag in den Magen, wenn man alles doch so leicht abwickeln könnte, mit einer Umarmung, die lang genug ist, im richtigen Moment. Aber alle wollen sie mit dir nur über deine Probleme reden. Dabei ist das Problem nicht kompliziert,

du hast Panik. Das ist nicht so schwer zu begreifen. Doch statt der einfachen Lösung, wollen alle nur darüber reden und du fragst dich unweigerlich, ob du P-A-N-I-K, jetzt noch Buchstaben-tanzen sollst? Sicherlich es ist nicht so gemeint und stimmt auch nicht, dennoch klingt es wie: „Pass deine Lebensführung daran an, dass du allein bist.“ Kein Scheiß, eine einzige Umarmung, kann manchmal die Ressourcen für einen ganzen Tag auffüllen und viele Belastungen kann man sich zwar aussuchen und sich demnach auch aussuchen, sie zu vermeiden. Aber längst nicht alle und wenn wir einander nur Freunde sind,

wenn es uns sichtbar schlecht geht, dann lernen wir irgendwann Angst zu haben, traurig zu sein und die Kontrolle zu verlieren, wenn wir uns nach Menschen sehnen. Würdest du einem verdurstenden anbieten, mit ihm über seinen Durst zu reden, oder ihm einfach einen Schluck Wasser reichen? „Darüber reden“ hat immer den ekligen Beigeschmack von Mitleid. „Erbarmen“ und „erbärmlich“, haben nicht von ungefähr eine Wortverwandschaft. Und letzteres beschreibt, wie man sich fühlt, wenn es zu oft aussieht, als würden einem die Menschen mehr aus Mitleid, denn aus Sympathie, „zur Hilfe eilen“. Man fühlt sich mehr wie ein Studienobjekt. Wie

dieser Patient mit dem unglaublich seltenen Leiden, zu dem der Medizinprofessor seine Studenten zur Visite schickt. Oft geht es einem so, dass man an einem langen Tag an der Universität nach Hause fährt und der eigene Kopf so ausgebrannt ist, dass er nichts mehr zusammenbringt, außer den simpelsten Gedanken, die mehr dem weißen Rauschen alter Röhrenfernseher gleichen und sich irgendwie in die Dinge fügen, die passieren. Man setzt einen Schritt nach dem anderen, man drückt auf die Haltewunschtaste der Straßenbahn, rückt ein bisschen nach rechts, wenn an einem jemand auf der Ubahn-Rolltreppe vorbei will.

Und manchmal passiert einem etwas, dass sich gut anfühlt. Sonnenstrahlen, die einem ins Gesicht fallen, oder ein milder Wind, der einem nicht entgegen weht, sondern einen von hinten antreibt. Und man denkt sich nicht: „Hey, das fühlt sich gut an.“, sondern es fühlt sich einfach gut an. Und manchmal ist das nicht dieser so oft zitierte Rückenwind, sondern der sanfte Druck eines anderen Menschen Hand auf der eigenen Schulter. Zwar folgt dieser Berührung eine Welle der Gänsehaut, aber nur weil man nicht mit ihr gerechnet hat. Es drängt sich die Frage auf, ob es unterschiedlich Dinge, in unterschiedlichen Momenten sind,

wegen denen wir uns gut fühlen? Weil wir alle grundverschieden sind. Wegen der letzten Quintessenz des Gegenübers, die man nie zur Gänze begreifen wird. Die Wahrheit ist, auf eine gewisse Art und Weise sind wir alle allein. Aber nur weil wir niemanden kennen, nicht einmal uns selbst. Aber deshalb sind Freunde so wichtig. Jeder kennt ein bisschen von jedem. Du weißt Dinge über dich, die sonst niemand weiß und andere wissen wiederum Dinge von dir, die du nicht weißt. Freundschaft ist, wenn die zusammengesetzten Puzzleteile ein Gesamtbild ergeben. Wie Heuschrecken auf einem Stacheldraht, fügen sich die rasselnden

Atemgeräusche lieber und beschämender Erinnerungen in die kürzer werdenden Tage. So, dass schwer zu sagen ist, was noch Teil der Außenwelt ist und was das verkratzte Blickfeld der Wahrnehmung, Spuren eines Verschleißes, der mit der Geburt beginnt und ein Leben lang andauert. Die Narben auf der Netzhaut, Unebenheiten des Trommelfells, Spuren fremder Berührungen, Worte und Wärme. Das ist das schönste und das traurigste, der innere Kern der Einsamkeit, in den niemand reinpasst außer einem selbst, weil sich jeder die Welt, Tag für Tag aus seiner Erinnerung formt. Und da kann man nicht drüber reden. Man kann einen

Menschen der traurig ist, nicht durchleuchten, als hätte er sich einen Knochen gebrochen, den man wieder gerade rücken kann. Man kann andere Menschen nicht durch reden, von all ihren Problemen heilen. Aber je fester du einen Menschen in die Arme nimmst, desto freier kann er für den Moment atmen. Das scheint widersprüchlich zu klingen, aber vielleicht sollten wir das hin und wieder einfach als gegeben nehmen und mehr auf einander achten.

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Das Schreiben hat mittlerweile Ausmaße erreicht, bei denen ich es nicht mehr als Hobby abtun kann. Es ist zur Krankheit geworden und ist gleichzeitig die Medizin. Problem und Therapie. Ich bin süchtig nach meinem Methadon, es ist mir mittlerweile wichtiger geworden als das Heroin. Die Worte sind Hunger und Brot zugleich. Sie halten mich nachts wach und machen mich tagsüber müde. Nichts liebe und hasse ich so sehr, wie das geschriebene Wort. Ich kann nicht anders als es als meine Berufung zu sehen. Hermann Hesse trifft es mit seinen Worten am besten. Ich will Dichter werden oder Nichts.-Kerim Mallée

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gela556  Du hast das mit der Panik oder den Panikattacken, sehr gut beschrieben.
Doch davor schützen, nein, das geht gar nicht.
Wenn Du einen tierischen Schreck bekommst, bleibt die Panik nicht aus.
Der Körper reagiert immer, egal was das gerade war, das auf Dich unverhofft zugekommen war.
In einem gebe ich Dir recht, ein Psychiater, ist da total fehl am Platz.
Herzlichst, Gela
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