Schlaflos und Kopflos
Vorgabeworte:
Schatten
streben
diffus
Socke
Kapaun
Unterrock
Polenta
abpumpen
unheimlich
Fingerspitzen
getrübt
schwingen
Schlaflos und Kopflos
Ein Schrei ließ mir das Blut in den Adern gefrieren und mich vom Sofa hochschrecken. Völlig diffus im Unterrock mit T-Shirt stürmte ich,
aus dem Mittagsschlaf gerissen, ein
Schatten meiner selbst, dem Hilferuf nach in den Hühnerstall und angelte mit den Fingerspitzen nach dem Hemdkragen meines Mannes. Dieser wollte gerade dem laut krakeelenden Kapaun.an die Federn. Doch er hatte die Rechnung ohne mich gemacht. Das Schlachten dieser armen Kreatur konnte und wollte ich nicht zulassen. Mit vor Aufregung zitternder Stimme überzeugte ich
meinen mir Angetrauten, dass die Polenta, nach dem Rezept meiner Schwiegermutter, auch ohne herzhafte Beilage von mir mit Pfirsichen, Tomaten und pikanter Sauce köstlich zubereitet werden würde.
Mein Gatte Fritz war vollkommen von den Socken, als ich ihn am Schlafittchen packte und seine Vorfreude auf eine deftige Mahlzeit damit getrübt. "Wofür mästen wir denn den Hahn?", fragte er mich entgeistert. Ich winkte ab. Es war mir fast unheimlich, wie rigoros ich meinem Mann gegenüber auftrat. Ich fühlte mich zwar kopflos und meines Schlafes beraubt, aber dennoch gut.
"Der Hahn kommt nicht in den Topf!", rief ich energisch. Des lieben Friedens Willen stimmte der immer noch verwirrte Fritz widerstrebend zu.
Erleichtert ging ich duschen, zog mich ordentlich an, um meine alte Kleidung auf dem Hof kräftig durch die Luft zu schwingen, so die Federn und den groben Dreck zu entfernen. Das Ganze stank mir gewaltig. Ich musste die Sachen sogar mit der Hand waschen, denn die Waschmaschine war seit gestern defekt. Der Frontlader hatte Probleme beim Abpumpen und mein Mann wollte ihn eigentlich gleich reparieren. Ich dachte nur: Männer und Technik!
Als meine Schwiegereltern zum Essen kamen, fiel kein Wort über die Eskapaden im Hühnerstall. Zu meiner Verwunderung lobte Fitzes Mutter sogar in einem Nebensatz meine Kochkünste. Ihr Sohn warf mir einen vielsagenden Blick zu und ich lächelte ihn von der Stirnseite des Tisches herüber liebevoll an.
Nachdem wir unsere Gäste verabschiedet hatten, herrschte Funkstille. Ich ging früh zu Bett und lag noch lange wach, stolz wie Bolle, dem Masthahn vorerst das Leben gerettet sowie meinem Fritz Einhalt geboten zu haben.
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