In dieser Stadt
Über den Straßen ist der Tag schon hell,
In dieser Stadt.
Doch in der Nähe des Bodens,
Krallt sich der Nebel, unnachgiebig
An den Morgentau der noch überall zu finden ist,
Auf den kalten Oberflächen,
Wo der März sich gestern voller Zuversicht,
In die Gewänder des Junis hüllte.
Du erwachst,
Zu den Geräuschen im Treppenhaus,
Dem kratzen auf der anderen Seite der Schlafzimmerwand,
In dieser
Stadt.
Dein schwermütig schlagendes Herz begreift,
Dass es nun zu wach ist, um erneut zu schlafen,
Zu wach um zu dem Traum zurückzukehren,
Der gerade noch war,
Aber in unfassbar große Ferne rückt,
Wenn man diesem “gerade”,
Den Namen “Letzte Nacht” nun gibt.
Ein Regen fällt auf ihre Dächer,
Ein ungestümes Kind der Wolken
Und ein Wind zieht durch alle Straßen,
Über alle fleckigen entstellten Stellen,
Derer sich so zahlreich finden in dieser
Stadt.
Ein Wind, wie die Hände eines neugierigen Blinden,
Für den das Aussehen keine Rolle spielt,
Der an den Wänden der Häuser,
Die Geschichten jener, die darin lebten und starben
Liest,
Der nach dem Zigarettenqualm vergangener Atemzüge
Unter den Schichten einer Tapete,
Die so oft gewechselt wurde,
Dass die Wände näher rückten wie unpassend an den Tag gelegte Zärtlichkeit,
Gräbt,
Wie es Archäologen nach ihrer
Vorstellung von Schönheit tun.
Der Regen fährt dir in Knochen,
Der Wind sticht dir in deine Haut.
Du bist jetzt so wach, dass du fast Gewissheit findest,
Könnte die Stadt nur eine Sekunde in Stille verharren,
Könnten all die grellen Lichter nur für den winzigsten Atemzug,
Die Existenz der Nacht verstehen,
Es würden sich noch finden lassen,
Spuren jenes letzten Traumes,
In den Augen all der Menschen,
Die starrend in das Licht des Großstadt-Molochs,
Den Wunsch zu wissen, was an der Schlafzimmerwand in der anderen
Wohnung kratzt
Und was die Stimmen im Treppenhaus an Worten mit sich tragen,
Zusammen mit den anderen Resten eines zerbrechlichen Paradieses,
Im Staub und Echo leerer Himmel begraben,
Wo einmal die Sterne schimmerten, wie die ewige Fotografie von Glühwürmchen
Und eben erst ein Traum verklang.