Romane & Erzählungen
Besser als Taube auf dem Dach ... - FB 59

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" ... kein Spatz in ihrer Hand"
Veröffentlicht am 11. März 2017, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
© Umschlag Bildmaterial: Bildquellenangabe: Erich Westendarp / pixelio.de
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Über den Autor:

Ich bin alt wie ein Baum, wild wie der Wind und neugierig wie ein Kind. Ich schreibe und lese, solange ich mich zurückerinnern kann. Einst beruflich als Fernsehautorin. Nun solls als Hobby in die Belletristik gehen. Ich lebe wieder in Deutschland, in Stralsund. Ungarn ist Vergangenheit
... kein Spatz in ihrer Hand

Besser als Taube auf dem Dach ... - FB 59

FB 59

Aufgabe: Ihr sollt ein gebräuchliches Sprichwort, Zitat, Redewendung, etc. so abwandeln, dass sich der Inhalt gravierend ändert und dann über den neuen Inhalt einen Beitrag schreiben.


"Besser als Taube auf dem Dach denn als Spatz in der Hand"









Es gibt natürlich wieder 12 Vorgabewörter:


Larve,

Himmel,

bohren schlüpfen,

Kasten,

selbstlos Herzklopfen,

fadenscheinig,

Zahnbürste Tannenzapfen,

singen,

abends.


als Taube auf dem Dach

Kati spürte, wie ihre Mutter über die Treppe zu ihr hinauf kam. Unter dem Gewicht der doch rundlichen gluckenhaften Frau vibrierte und schwankte das ganze Holzgestell, das ihr Vater ihr damals gebaut hatte.

„Damit mein Spatz dem Himmel ein Stück näher ist“, hatte er ihr lächelnd gesagt, sie anlässlich ihres 14. Geburtstags mit verbundenen Augen diese Leiter hoch geleitet und ihr dann in dem Kasten in der alten Kiefer die Augenbinde wieder abgenommen.

Ein Baumhaus mit Dachgarten, ganz für sie alleine! Wie glücklich war sie doch auch

heute noch hier oben, wo sie abends unter den Sternen träumen konnte und auch heute gern noch leise die Lieder sang, die Vater und Großmutter sie gelehrt hatten.

Das stets zu einer besorgten Maske verzogene Gesicht ihrer Mutter erschien im Einlass, wo die Leiter ins Baumhaus mündete.

„Kati, mein Spatz, komm doch runter, es wird schon kalt und auch bald dunkel“, sah Kati ihre Mutter sagen.

Seit fast zehn Jahren nun schon, jeden Abend das Selbe, seit sie und Vater diesen entsetzlichen Reitunfall hatten. Nur ungern erinnerte sich Kati. Der Tag hatte wunderschön begonnen. Es war Sonntag. Sie saßen im Baumhaus und planten ihren

Ausritt. Der Himmel leuchtete märzblau mit lauter Fotowölkchen, die Vögel sangen die fröhlichsten Frühlingslieder und Vater versprach ihr eine Überraschung. Noch heute bekam sie Herzklopfen. Und sofort packte sie eine ungeheure Traurigkeit. Die Überraschung hatte Vater ihr nicht mehr verraten können.

Man hatte ihn nur noch tot unter seinem Rappen hervorholen können. Dessen Rippen hatten sich in Vaters Brustkorb gebohrt. Es war schrecklich. Das Pferd musste noch vor Ort erschossen werden.

Kati war danach nie wieder auf ein Pferd und auch nie wieder in ein Flugzeug gestiegen, nachdem die Cessna mitten auf das Feld vor ihnen gestürzt und vor ihnen explodiert war.

Ihr Fuchs hatte zwar gescheut, sich aufgebäumt doch sie hatte ihn zum Stehen gebracht; aber durch das Knalltrauma und den Schock hatte es so schwere Schäden davon getragen, dass es nicht mehr zum Reiten taugte.


Die mütterliche Larve einer Gefängniswärterin holte sie in die Gegenwart zurück. Lächelnd, besorgt, lauernd und letztendlich irgendwie selbstsüchtig.

„Nun komm schon, mein Spatz, lass uns essen“, formulierte ihr Mund.

Kati warf einen Tannenzapfen vom Dach ihres Baumhauses in den Garten, verabschiedete sich mit einem langen Blick von dem sich abendlich färbenden

Wolkenhorizont und schlüpfte dann durch die geöffnete Fensterluke ihrer Mutter entgegen.

„Ja, ich komme schon“, antwortete sie.

Jeden Abend kam sie, um ihre Tochter zum Essen zu holen. Scheinbar selbstlos kümmerte sie sich seit damals unbändig und beengend um Kati, versuchte einen goldenen Käfig um ihren "Spatzen" zu bauen und sie immer fest in der Hand zu behalten. Kati kam das sorgenvolle Getue schon fast ein wenig scheinheilig vor. Schließlich war sie gesund und berufstätig, eine erfolgreiche EDV-Expertin mit eigenem Laden. Doch diese Unabhängigkeit passte ihrer Mutter ganz und gar nicht. Irgendwie schien sie mit dieser Überfürsorge den Verlust ihres

Mannes kompensieren zu wollen. Was sollte nur werden, wenn Kati tatsächlich auszog. Sie hatte sich neulich eine hübsche Wohnung angesehen, die in der Nähe ihres Geschäftes verkauft wurde.

Kati versuchte ihre Sorgenfalten wegzulächeln und ihren Unmut nicht nach außen zu tragen. Lächelnd folgte sie der Mutter ins Haus.


Nach dem Abendessen, vorm Spiegel im Bad, mit der Zahnbürste im Mund, sah sie sich kritisch an. Ihr gleichmäßiges Gesicht, der Lockenkopf wie ihr Vater, die dunklen Augen ihrer Mutter und niemand würde, wenn er sie so sah auf die Idee kommen, dass sie behindert war.

War sie es? Oder war es tatsächlich nur eine vorrübergehende Störung? Lange Gespräche mit ihrer Psychologin und dem behandelnden Ohrenarzt hatten ihr erst vor kurzem wieder etwas Hoffnung gemacht: psychogene Hörstörung nannte man ihre Art der Taubheit und ihre Ärzte hatten ihr gesagt, es könne sein, dass sie eines Tages wieder hören könne.

Doch dazu müsste sie ihr Leben ändern, es in die eigene Hand nehmen, empfahl ihre Therapeutin.

„Vielleicht ist ja die eigene Wohnung in der Stadt und ein neuer Freundeskreis ein guter Anfang“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, nachdem sie die Zahnbürste weggelegt hatte.

Ganz deutlich konnte sie jedes Wort, das sie zu sich sprach von ihren eigenen Lippen ablesen.  

Aus der Tauben auf dem Dach, die sich dagegen wehrte, ein Spatz in der Hand ihrer Mutter zu sein, würde wieder eine lebensfrohe Kati werden. Das fühlte sich an wie ein Versprechen und wie ein guter Plan.

Kati knipste das Licht im Bad aus und verschwand in ihr Zimmer. Nachdem sie den Vibrationswecker an ihrer Armbanduhr aktiviert hatte, löschte sie das Licht und kuschelte sich in ihr Kissen.

"Besser als Taube auf dem Dach denn als Spatz in der Hand, das ist nur die halbe Wahrheit", mit diesem Gedanken schlief sie ein.

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Tintenklecks
Ich bin alt wie ein Baum, wild wie der Wind und neugierig wie ein Kind.
Ich schreibe und lese, solange ich mich zurückerinnern kann.
Einst beruflich als Fernsehautorin. Nun solls als Hobby in die Belletristik gehen.

Ich lebe wieder in Deutschland, in Stralsund. Ungarn ist Vergangenheit

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schnief Eine klasse Umsetzung des Themas!!!
Liebe Grüße Manuela
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks Danke für Deine Lesezeit, freut mich. Ebenso die Talerchen und dein Favo
LG vom Klecks
Vor langer Zeit - Antworten
vanga was für eine Geschichte - so *süß* geschrieben - im Puppenhausformat und doch so tragisch. Heile Welt gibt es halt nicht . Ich danke dir für einige besinnliche Leseminuten und fand es so schön geschrieben

LG Andrea
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks danke für Deine Lesezeit und den Kommentar. Freut mich, dass Du Gefallen gefunden hast an der Tauben auf dem Dach
Deine Talerchen erfreuen mich ebenso :-)
LG vom Tintenklecks
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Besser als Taube auf dem Dach ... - FB 59..."
Sowohl eine interessant geschriebene,
auch dramaturgisch richtig gut gelungene Geschichte,
selbst wenn ich persönlich diese Wortvorgaben als eine
schreckliche Bevormundung empfinde...
Genügte es nicht, ein bestimmtes,
von mir aus auch eng gefasstes Thema
mit begrenzter Seitenzahl vorzugeben? ...smile*
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks Naja, ich find es interessant, um die Worte herum etwas zu erfinden, was auch noch sinnvoll ist und die Begriffe auszuloten, wie hier Taube und Taube. und dabei etwas gänzlich Neues entstehen zu lassen. Meinen grauen Zellen tut es wohl. Und Freude macht es auch. LG vom Klecks und herzlichen Dank für Dein Lob und die Lesezeit
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume  Aufgabe gelöst und gut umgesetzt. Text liest sich flüssig .Gefällt mir.
Freue mich das Dein PC sich rechtzeitig besonnen hat.
Grüße schickt die Kornblume
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks ich danke Dir.
Ja, bin auch froh..
Lg vom Klecks
Vor langer Zeit - Antworten
Lindenblatt 
Mit Deiner Geschichte zum FB 59, wünsche ich Dir viel Glück.
LG, Linde
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks Danke Dir, auch für den Favo
lg vom Klecks
Vor langer Zeit - Antworten
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