Hund setzt Herrchen aus
Es ist stickig und warm im Auto. Gefühlte sieben Stunden sind wir
jetzt schon unterwegs und meine
Körpertemperatur steigt stetig. Zumindest kann ich mich auf der
breiten Rücksitzbank frei bewegen,
während mein Herrchen auf sein
liebstes Spielzeug, das Auto direkt
vor uns, fixiert zu sein scheint.
Mich würdigt er kaum eines Blickes.
Endlose Autobahnkilometer später
biegt mein Herrchen Klaus, schneller
als erwartet, bei einer Raststätte ein.
Meine Zunge berührt bereits die Polster der Rückbank, als er sich wohlwollend zu mir umdreht: "Na, jetzt werden wir erst einmal einen Schluck trinken und uns die Beine vertreten, was?" Wie es um seinen Durst bestellt ist, weiß ich nicht, doch im bin am Dehydrieren und
sehne mich gerade zurück auf die Straßen Rumäniens. Dort gab es
Pfützen oder Bachläufe und überall Hauswände und Sträucher, um sich
zu erleichtern.
Klaus leint mich an und endlich, ich sehe mich quasi schon am Baum, schlendert er auf das große Gebäude
quer über den betonierten Parkplatz zu.
Da es mir ein Bedürfnis ist, mich an einem hohen Punkt zu lösen, nehme
ich, was ich kriegen kann und das ist Herrchens Bein. Klaus ist alles andere als freudig angetan. Nachdem er mich dann Wut schnaufend an den kleinen Zaun vor dem Restaurant anbindet, verschwindet er aus meinem Blickfeld. Zeit für mich durchzuatmen und die Gegend zu erkunden, soweit es die
Leine hergibt.
Schließlich verrät mir meine Nase,
Klaus ist wieder ganz in der Nähe. Er steuert mit einem Napf Wasser auf mich zu. Dankbar nehme ich die Erfrischung an. Es beginnt leicht zu regnen. Mein
Herrchen ärgert sich sichtlich darüber: "Jetzt dieser sibirische Nebel, das hat mir gerade noch gefehlt." Entsetzt reiße ich die Augen auf, so weit sind wir doch wohl nicht unterwegs, denke ich. Oder meint er den Nebel in Sibiu, meiner ehemaligen Heimatstadt in Rumänien. Sind wir etwa im Kreis gefahren? Wir gehen schnell zum Auto und Klaus will gerade starten, als die Bedienung mit seinem Portemonnaie winkt. Genervt steigt er aus und läuft der netten Frau entgegen. Ich springe am Fenster auf
und ab, um alles zu beobachten.
Klaus will gerade wieder ins Auto steigen, als er bemerkt, dass die Türen
verschlossen sind. Ups, ich muss wohl auf die Verriegelung gekommen sein. Klaus führt ein Tänzchen auf und auch mein Bellen beruhigt ihn wenig. Ich wäre jetzt gern an seiner Stelle da draußen. Kurze Zeit später öffnet ein Fremder mit wenigen Handgriffen die Autotür und lacht: "Da will wohl ein Hund sein Herrchen aussetzen, was?!"
Fragend schaue ich Klaus an, der sein Gesicht in lächerliche Falten gelegt hat.
"Jetzt aber nichts, wie nach Hause.", meint mein Herrchen am Ende seiner Kräfte. Eine seiner besten Ideen, wie
ich finde.
Coverbild kostenlos by Pixabay