Fantasy & Horror
Die Bestie

0
"Da stand er. Wunderschön. Hell. Groß. Rund. Und dennoch ein Monstrum"
Veröffentlicht am 27. Februar 2017, 14 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: silent_47 - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Zurzeit bin ich Theologiestudent in Bad Liebenzell. Ursprünglich komme ich aus dem schönen Schwabenland, genauer gesagt aus der Hesse Stadt Calw und um noch genauer zu sein aus einem schönen kleinen Dorf mit Namen Würzbach. Neben dem Schreiben, sind meine Hobbys Gitarre spielen, etwas mit Freunden unternehmen, Campen und Jugendarbeit. Wenn du noch weitere Fragen hast, dann schreibe mich doch einfach an^^
Da stand er. Wunderschön. Hell. Groß. Rund. Und dennoch ein Monstrum

Die Bestie

Die Bestie

„Ah, sehen Sie, die Versicherung für das Auto haben Sie ja gerade abgeschlossen.“ Ben sah seinem Kunden eindringlich an. „Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein. Was ich Ihnen anbieten kann, das wird Ihnen auch jede andere Versicherung anbieten können. Aber darf ich Ihnen eine Empfehlung aussprechen?“ Da sein Kunde schwieg, sprach Ben weiter. „Versichern Sie Ihre Wertgegenstände nur bei einer Gesellschaft. Dann sparen sie Geld. Wenn Sie möchten, dann können Sie Ihr Haus, Ihren Laptop, ja sogar Ihre Frau und Ihre Kinder bei uns versichern lassen.“ Herr Lämmlin lächelte und Ben erahnte dessen Interesse. „Lesen Sie sich unser Prospekt durch. Wissen Sie, ich möchte Sie natürlich zu nichts drängen. Nehmen Sie es mit und rufen Sie an. Meine Nummer steht auf der

Rückseite.“ Der Kunde bedankte sich und verschwand mit einem Lächeln auf seinem Gesicht durch die Eingangstür. Er würde wiederkommen. Das konnte Ben an seinen Augen ablesen. Er wollte niemanden über den Tisch ziehen, das war nicht seine Art. Ben sagte seinen Kunden die Wahrheit und empfahl bei Interesse die sinnvollsten Angebote weiter. „War das der Typ mit der Schrottkarre?“ Ben drehte sich um und schaute auf einen großen, schlaksigen Mann mit blondem, kurzem Haar. Felix. „Jepp, der hat sein‘ alten Golf angemeldet. Ich glaub für sein‘ Sohn. War nich‘ der Typ für so `ne Klapperkiste.“ „Hm. Hey, hast du heute Abend Zeit? Die Jungs wollen noch ein‘ drauf machen. Im Puzzles spielt heute ´ne gute Band. Lust mitzukommen?“ Das Angebot lockte ihn, aber es war der falsche

Tag. „Ne, sorry. Hab‘ heute schon was vor.“ „Oho, hast etwa jemanden am Start? Komm, sag schon, wie heißt sie?“ Ben lächelte, denn Felix verstand es bis heute nicht, dass Ben keine Freundin hatte. „Nein, kein Date. Hab `n wichtiges Treffen. Geht heut‘ leider nich‘.“ „Ach Mensch, Ben. Waren schon lang nicht mehr zusammen unterwegs. Wer nicht jagen geht, kann auch keine Beute machen. Lass dir das vom alten Felix gesagt sein!“ Der Blondschopf drehte sich um und verschwand hinter der Tür. Den Rest des Tages verbrachte Ben im Büro, sortierte Akten, kümmerte sich um den Fall Sommersten und kippte sich zwischendurch immer wieder eine Tasse Kaffee in den Rachen. Um 18:00 Uhr war Feierabend und Ben verließ das Gebäude. Im Winter dämmerte es früher und dann wurde es gefährlich. Er machte sich auf

den Weg in Richtung Bushaltestelle. Sein Magen begann bereits zu schmerzen. „Hey, Ben!“ rief Felix ihm hinterher, „du hast deine Tasche vergessen!“ Auch das noch. Notgedrungen drehte er sich um und ging zurück. Felix stand in der Tür und hielt eine braune Aktentasche zwischen seinen Fingern. „Bist du sicher, dass du nicht mitkommen willst?“ „Ja, ganz sicher.“ Ben versuchte zu lächeln, was ihm aber nicht gelang. „Siehst irgendwie nicht gut aus. Ist alles in Ordnung mit dir?“ „Ja, alles Bestens. Danke für die Tasche.“ Nichts war Bestens. Er war spät dran. Ben nahm die Tasche und machte sich erneut auf den Weg. Die Kopfschmerzen begannen. Ein stetes Brummen und Stechen im Hintergrund. Er bog in die Schlossgasse ein und sah das Unheil. Der Bus schloss die Türen und fuhr an. Ben rannte

ihm hinterher wedelte wild mit seinen Armen. „STOP! STOP! Ich muss noch einsteigen! Halten Sie an!“ Aber der Busfahrer ignorierte ihn und fuhr davon. „Nicht gut… Gar nicht gut…“ Ben brabbelte vor sich hin und dachte nach. Dann zückte er sein Handy und wählte. Tuuuut – Tuuuut – Tuuuut. „Ben, was gibt’s?“ „Hey Jonny, ich hab ein fettes Problem! Ich hab den Bus verpasst.“ „Ok… Dann nimm halt den Nächsten. Was hab ich damit zu tun?“ „Hast du schon in deinen Kalender geschaut? Weißt du was wir heute haben?“ Stille. „Oh. Verdammt! Ich hol dich ab. Wo bist du?“ „Noch an der Bushaltestelle.“ „Lauf mir entgegen. Kannst du zum Bahnhof kommen?“ „Denke

schon.“ „Dann bis gleich. Bin in 20 Minuten da.“ Jonny legte auf und Ben atmete tief durch. Sein Freund war der Einzige, der von seiner Krankheit wusste. Die Kopfschmerzen nahmen zu. Sein Stress ebenso. Ben eilte in Richtung Bahnhof und redete sich ein, dass er später sicher in seinem Keller sitzen würde. Wenn nicht jedes Mal diese unerträglichen Kopfschmerzen wären! Seine Hände zitterten. Erst unmerklich, dann aber mit jeder Minute mehr. Zum Bahnhof waren es eine Viertel Stunde. Wenn er sich beeilte auch weniger. „Kein Stress, Ben. Alles wird gut. Du wirst das heute überstehen.“ Mit jedem Moment sah er schärfer. Sein Geruchsinn verbesserte sich mit rasender Geschwindigkeit, jedes noch so kleine Geräusch konnte er hören - und die Kopfschmerzen, ja die Kopfschmerzen. Sie wuchsen zu einem

lähmenden Ziehen und Zerren heran. Es war noch nicht zu spät. Eine Stunde hatte er Zeit. Der kleine Bahnhof tauchte vor Bens Augen auf. Vier Gleise und eine kleine Vorhalle, in der sich eine Dönerbude befand. „Fleisch!“. Der Gedanke schoss ihm unwillkürlich durch den Kopf. Ben hielt inne, kniff die Augen zusammen, atmete tief ein und lief zielstrebig auf den Vorplatz zu. Dort setzte er sich auf eine Bank und wartete ungeduldig auf seinen Freund. Das Fieber setzte ein. Ihm wurde heiß und kalt. Schweiß lief von seiner Stirn herab. Wer ihn sah, hatte Mitleid mit ihm, aber keiner wollte ihm helfen. Keiner konnte ihm helfen. Ben fiel es schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Er zitterte nun am ganzen Leib und vermochte es kaum zu verbergen. Er schloss seine Augen und lehnte seinen Kopf nach hinten. Kurz darauf tat er sie wieder auf und

sah in den sternenklaren Nachthimmel. Da stand er. Wunderschön. Hell. Groß. Rund. Und dennoch ein Monstrum, welches das Sonnenlicht auf die Erde reflektierte. Ein Gott für all jene, die sich dem hellen Mondschein hingaben. Das Blut pulsierte in seinen Adern und sein Herz schlug schneller. Wo blieb Jonny nur? Zwanzig Minuten waren längst um. Eine Bahn fuhr in die Gleise ein. Ben hörte sie Kilometer früher. Die Türen des Zuges öffneten sich und der Duft von Parfum und Zigaretten stieg ihm die Nase hoch. Dann kam der Alkohol. Bier. Schnaps. Und der billige Whisky. Ein paar Jugendliche traten heraus und grölten laut. Selbst ohne geschärfte Sinne hörte man sie über den gesamten Bahnsteig. Sie kamen näher. Ben sah sie nicht. Er erlauschte sie, erschnüffelte sie, er spürte sie. Dann waren sie da. „Hey Leute, schaut euch den Junkie an.“ Sie waren zu dritt und lachten. Jungs im Alter

zwischen Fünfzehn und Siebzehn. Kinder. Wie sie wohl schmecken würden? Ben verscheuchte den Gedanken wieder. Sein ganzer Körper rebellierte, aber er versuchte ruhig zu bleiben. „Kev, meinst du wir können ihn umhauen? Der sieht so aus, als müsste er sich mal hinlegen.“ Die beiden anderen hielten dies für eine gute Idee. Warum ließen sie ihn nicht in Ruhe? Jonny war nicht gekommen. Die Stunde war vorbei und seine Kopfschmerzen fühlten sich an, als würde jemand an seinem Gehirn operieren. Einer der Jungs ging auf ihn zu und streckte seine Finger nach ihm aus. Ben schlug seine Augen auf. Sein Puls stieg ins Unermessliche und er packte den Jungen mit seiner rechten Hand am Hals. Er brauchte kaum Kraft um ihn hochzuheben. Ein diabolisches Grinsen überzog sein Gesicht und die zwei anderen erstarrten vor Schreck. Das Jucken begann. Vor ein paar Sekunden hätte

er die Jungs noch warnen können. Jetzt freute er sich, dass sie geblieben waren. Der Jugendliche in den Händen des Versicherungsangestellten wehrte sich. Vergebens. Bens Blut pulsierte unablässig und immer schneller durch seinen Körper. Ein raues Fell wuchs auf seiner Haut. Seine Fingernägel mutierten zu scharfen Klauen. Bens Gesicht verformte sich zu dem eines Ungeheuers, mitten darin die Fangzähne eines Raubtieres. Sein Brustkorb dehnte sich aus und sein Anzug zerriss wie Papier. An seinem Gesäß begann ein buschiger Schwanz zu wachsen und auch seine Füße veränderten sich zu riesigen Tatzen, die nun auf dem nackten Asphalt standen. Die Verwandlung endete und die Kopfschmerzen verschwanden. Das Zittern hörte auf und sein Puls sank rasend schnell. Ben, der Versicherungsangestellte, war spurlos verschwunden. Auf dem Vorplatz des Bahnhofes stand nun ein monströser Wolf in zerrissener

Anzugshose, der einen Jugendlichen in seinen fetten Pranken hielt. Genüsslich drückte er dessen Hals zu. Auf dem Bahnhof war es totenstill. Wer genau hinhörte konnte das leise Knurren des Wolfes hören. Nachdem dieser den Jungen getötet hatte, warf er dessen bleiche Hülle achtlos drei Meter über den Platz. Angespanntes Schweigen. Niemand wagte es sich zu bewegen. Dann folgte das schreckliche Heulen des Wolfes. Die wenigen Passanten, die auf den nächsten Zug warteten, rannten panisch in alle Richtungen. Der Werwolf fixierte die zwei übrigen Jugendlichen, als wüsste er noch, dass sie ihn kurz zuvor verspottet hatten. Sie standen wie angewurzelt da. Knurren, Zähne fletschen. Dann bewegte sich der Wolf in ihre Richtung und einer erwachte aus seiner Schockstarre. Er stolperte einige Meter in Richtung der Bahngleise. Das Ungetüm kümmerte sich

zunächst nicht um ihn, sondern um den Jungen, der stehen blieb und den Wolf mit Entsetzen anstarrte. Regungslos hoffte er, dass das Wesen ihn ignorieren würde. Das struppige Tier stand unmittelbar vor ihm und begutachtete das Gesicht des Kindes. Dann riss es sein Maul auf und brüllte ihn an. Der Teenager konnte nicht anders und wollte das Weite suchen. Eine Pranke packte ihn an der Brust und drückte ihn schmerzvoll zu Boden. Der Junge spuckte Blut und keuchte schwer. Die Bestie beugte sich tief hinunter und riss mit seinen Fangzähnen ein großes Stück Fleisch aus seiner Schulter. Der Junge kreischte, was seinem Widersacher nur noch mehr Freude bereitete. Das Knirschen und Knacken von zerberstenden Knochen erfüllte den Wolf mit Genugtuung. Dann hob er seine Schnauze in die Luft und versuchte den letzten der Dreien wahrzunehmen.

Der Alkoholgeruch war nicht schwer auszumachen. Die Gleise. Das Monster setzte sich in Bewegung. Es hörte ein leises Wimmern und Schluchzen. Dann war es da, schaute vom Bahnsteig auf die Gleise hinab und sah den Dritten Jungen zusammengekauert und heulend auf dem Boden sitzen. Erschrocken blickte er dem Tier ins Gesicht und stolperte davon. Seine Füße hoben sich nicht über die Schienen und er fiel schreiend zu Boden. Von Mordlust und Hunger getrieben sprang die Bestie auf den Rücken des Kindes. Das wiederholende Wolfsgeheul durchdrang die Abendstunden. Und während Ben in der Innenstadt wütete, stritt sich Jonny mit dem Mann, der ihm die Vorfahrt genommen hatte.

0

Hörbuch

Über den Autor

currywurschT
Zurzeit bin ich Theologiestudent in Bad Liebenzell. Ursprünglich komme ich aus dem schönen Schwabenland, genauer gesagt aus der Hesse Stadt Calw und um noch genauer zu sein aus einem schönen kleinen Dorf mit Namen Würzbach. Neben dem Schreiben, sind meine Hobbys Gitarre spielen, etwas mit Freunden unternehmen, Campen und Jugendarbeit. Wenn du noch weitere Fragen hast, dann schreibe mich doch einfach an^^

Leser-Statistik
12

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Zeige mehr Kommentare
10
0
0
Senden

151085
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung