Die erste Schlacht
Sie rannten gegen unsre Schilde
Gleich einem Wall wir hielten stand
Es waren Bestien und Wilde
Die Wesen keinem Mann bekannt
Wieder und wieder sie stürmten herbei
Wir sahen kein Ende, wann war es vorbei?
Ich stach immer wieder das Schwert in sie ein
Zertrennte die Glieder, mal Arm, mal ein Bein
Zur meiner Rechten fielen Krieger
Ein Speer in ihrem toten Bauch
Wer bleibt am Ende hier der Sieger?
Zu allen Seiten stechend Rauch
Hinter uns die Bogenschützen
Formiert in blutgefärbten Pfützen
Es surrten Pfeile ihrer Bögen
Auf dass sie Feinde treffen mögen
Stahl auf Stahl, es sprühten Funken
Wir standen wacker unsren Mann
Vereint die Bauern und Halunken
Es kämpfte jeder wie er kann
Die Biester kannten kein Erbarmen
Keine Gnade, kein Gefühl
Es stand der Reiche mit dem Armen
Nichts folgte logischen Kalkül
Gewiss war unsre Niederlage
Sie waren in der Überzahl
Bald wären wir nur eine Sage
Wir hatten wahrlich keine Wahl
Wäre in diesem Moment jemand geflüchtet
Weil er den Tod zu sehr hat gefürchtet
Wäre der Schildwall zusammengebrochen
Wir wären gerannt, gelaufen, gekrochen
Doch just in der letzten Sekunde
Gab ein Signalhorn uns diese Kunde:
Aus fernen Dörfern kamen Leute
Die wir nennen Brüder heute
Von links und rechts, von beiden Seiten
Sie zur Hilfe zu uns eilten
In uns war neuer Mut gebor`n
Wir stürmten alle nun nach vorn…
Die Nachhut
Ich sah sie stehen, ein Heer voller Reiter
Lose hing mein Schwert am linken Arm
Berührte den Boden, das Bett der Toten
Die rechte Hand hielt einen Schädel
An seinen langen Haaren fest
Der Nebel ging und trug das Klagen
Der Mütter und der Frauen fort
Die Welt war rot, aufgrund des Blutes
Das Feld glich einem Schlachterhaus
Es war ein Sieg, am Anfang nur
Nun näherte sich die Reiterei
Ich blickte über meine Schultern
Wer stand, für den wars nicht vorbei
Vom Hügel preschten sie herunter
Gleich einer Wand aus Schwert und Speer
Der Dunst wich jedem ihrer Schritte
Als fürchte sich das Nebelmeer
„Versteckt euch, sonst sind wir Geschichte“,
Schrie ich Befehle in den Wind.
Nur wer bin ich, dass ich sie richte,
Erwachsen, doch im Krieg ein Kind?
Die Männer sahen in meine Richtung
Als gleiche ich Gevatter Tod
Näher kam ihre Vernichtung
Sterben würden sie gleich dort
„Lauft, verlasst sofort die Lichtung!“
Allmählich fiel herab der Bann
Sie verschwanden in dem Nebel
Ich folgte ihnen selbst alsdann
Der neue Anführer
Wie Fliegen um die leuchtend Quelle
Wir Schlächter waren eben noch
Sitzen schweigend um das Feuer
Im Geiste tot, am Leben doch
Das Überleben bezahlten wir teuer
Den Kampf für unser freies Leben
Verloren Freunde und Verwandte
Bereit noch mehr dafür zu geben
Weil jeder hier von selbst erkannte:
In Freiheit einzig und allein
Kann nur wahres Leben sein
Ich sah in Ihren aller Augen
Das Feuer, gleich der Wut der Seelen
Die jeden hier schien hart zu quälen
An ihrem Lebensmut zu saugen
Stolze Männer waren gebrochen
Dem Tod viel näher als dem Leben
Zuviel des Blutes sie gerochen
Zuviel von ihrer Kraft gegeben
„Ach, wär` ich auf dem Feld gefallen“
Hörte ich sie öfters rufen
„Zerfetzt von ihren scharfen Krallen,
Zertreten unter ihren Hufen!“
Wer konnte uns von nun an führen
Der Männer Mut erneut berühren?
Verloren ganze Führerschaft
Wer hatte noch genug der Kraft?
Es sprach einer von den Alten:
„Der Junge sollte uns verwalten.
Im Kampf bewies er reichlich Mut
Als Führer eignet er sich gut!“
Dabei zeigte er auf mich.
Es enthielt auch keiner sich
Und so wurde ich gewählt
Zum neuen Führer bestellt.
Wiedererstarken
Ich rief alle in den Kreis
Jungen, Kranken, jeden Greis
„Hört bitte jeder hier mein Wort!
Gebrochen hier, an diesem Ort
Wir senken das Haupt
Statt in die Höhe zu strecken
Der Hoffnung beraubt
Sich gewillt zu verstecken
Wir sitzen wie von Pest geplagt
Doch eines wahrlich sei gesagt:
Wir sind noch da und ja, wir leben
Es gibt genug, wonach zu streben
Sich für uns doch reichlich lohnt
Bevor das Böse uns entthront
Lasst uns durch die Dörfer ziehen
Dem offenen Kampf vorerst entfliehen
Wir sammeln um uns neue Recken
Bis wir uns nicht mehr nur verstecken
Wir gründen einen Widerstand
Überall im ganzen Land
Der Feind wird nirgends Ruhe finden
Sich stets in Angst und Sorge winden
Wenn sie uns dann nicht mehr erwarten
Kann der Rückschlag wirklich starten
Bereit und für den Kampf geeint
Zerstören wir den feigen Feind
Wir werden unsre Länder retten
Verjagen ihn aus unsren Städten
Vernichten ihn auf unsren Feldern
Zerschlagen ihn in unsren Wäldern.“
Der Kampf der Waldläufer
So verbrachten wir die nächste Zeit
Zerstreuten uns nun meilenweit
Rekrutierten Willige an jedem Gehöft
Der Wille zum Kämpfen war nicht erschöpft
Trafen uns an heimlichen Orten
Von denen wir selbst selten hörten
Die Streitmacht der geeinten Schwerter
Wie wir vom Volk wurden genannt
Wuchs immer größer, wurde härter
Wir wurden auch beim Feind bekannt
Stets überraschend und spontan
Wir griffen unsre Feinde an
Dort wo sie uns nie erwarten
Konnte doch ein Angriff starten
In einem Tal vor einer Brücke
Die sie mit Rössern immer queren
Spießten wir mit unsren Sperren
Sie allesamt voll Hass in Stücke
Ein altes Gasthaus voll Verräter
Ihrer menschlichen Gesellen
Die alle Bauern gerne quälen
Sie nannten sich erhaben Retter
Sperrten wir in dieser Schenke
Entfachten Flammen, drei Mann hoch
Wenn ich noch heute daran denke
Hör ich ihr Schreien immer noch
Wir stellten Fallen, spielten Schwächen
Der Plan war: Ihren Mut zu brechen
Die Dunkle Macht, sie wurde strenger
Zog die Freiheitsleine enger
Sie schickten Boten durch das Land
Die jedem eines gaben bekannt:
Nur wer einen Freischein hat erhalten
Darf nach dem Scheine förmlich walten
Darf auf den Straßen sich bewegen
Nur wer des Herrn geschrieben Segen
Sein Eigen nennen darf
Dies prüften ihre Reiter scharf
Nur Hoffnung allein
Der Handel kam schnell zum Erliegen
Sie wollten uns damit besiegen
Die Geduld der Unterstützer
Wurde täglich immer kürzer
Es folgte eine Hungersnot
Für ein vertrocknetes Laib Brot
Hat manch Bauer uns verraten
Doch nur, weil sie nichts mehr hatten
Um ihre Kinder zu versorgen
Sie hatten Angst vor jedem Morgen
Welches Kind würde erwachen?
Wann könnten dieses wieder lachen?
Hatte der Feind dann einen Namen
Gab es nur Folter, kein Erbarmen
Ganze Dörfer wurden zerstört
Wenn ihre Namen wurden gehört
Sie nahmen die Frauen nach belieben
Wenn diese dann am Leben geblieben
War ihr Schicksal den Männern gleich:
Man quälte sie ins Totenreich.
Der Rückschlag
Wir mussten etwas unternehmen
Bevor die Krieger nicht mehr kämen
Aus Angst um Heim und ihre Lieben
Die massenweise nun vertrieben
Ich ließ Falschmeldung sich verbreiten
Dass wir zur letzten Schlacht bereiten
Kleine Gruppen ließ ich marschieren
Bekannte Späher, Spione passieren
So war der Feind sich ziemlich sicher
Um sich versammelt seine Viecher
Das größte Heer, das jemals gesehen
Ließ das Böse mit sich gehen
In seinen Augen wir waren zu schwach
Er hatte geschlafen, war nicht ganz wach
Gleich einem naiven Kinde
Schluckte der Feind unsere Finte:
Er zog meilenweit zum vermeintlichen Feld
Im Glauben, dass er sich uns stellt
Uns alle gemeinsam auf einmal bekämpft
Dann wär` unser Wille für immer gedämpft
Wir aber sammelten uns an Orten
Wo sie ihren Nachschub horten
Ihre Burgen und Schlösser standen fast leer
Kaum welche Krieger waren dort mehr
Unsere Besten bestiegen die Mauer
Legten sich schweigend auf die Lauer
Stunden noch bis zur Dunkelheit
Dann überall und zur gleichen Zeit
Begann der Sturm der geeinten Schwerter
Gleiche einem Orkan, nur noch viel härter
Wir fegten den Feind von den Palisaden
Zerstampften sie wie fette Maden
Erst hier sahen wir ein paar der Wesen
Sie glichen Menschen, die verwesen
Reißzähne im Maul und lange Krallen
Wer ohne Mut, war beim Anblick gefallen
Die Augen schwarz, ein Schrei gewaltig
Am Körper alle Haut ganz faltig
Tierisch stark, doch mit Verstand
Dennoch tot durch unsere Hand
Mit Tapferkeit und Rachegier
All ihre Bauten eroberten wir
Doch zum Ruhen war keine Weile
Geboten weiter größte Eile
Noch war dem Bösen nicht bekannt
Dass seine Burgen von uns nun bemannt
Die große Täuschung
Als auf dem Feld seine Krieger gesichtet
Sind einige Männer von uns so geflüchtet
Dass der Anschein wurde erweckt
Wir hätten uns vor Feigheit versteckt
Seine Eitelkeit, die Arroganz
War für uns die größte Chance
So feierten sie nun den Sieg
Vorbei für sie schien schon der Krieg
Tagelang nur Bier und Wein
Zum Fressen gab es Mensch und Schwein
Dann müde von dem langen Zechen
Die Schädel meinten zu zerbrechen
Zum Rückmarsch blies ihr feiner Herr
Misste er doch die Bequemlichkeit sehr
Sie wähnten sich auch ständig sicher
Verräter der Menschen und diese Viecher
Auf dem Rückweg von dem Feld
Wurden dem Heer Fallen gestellt
Sie kamen zum Tal, das sie wollten queren
Doch mussten sie sich, hier dann wehren
Von überall, von allen Seiten
Ließ ich den Pfeil von Stein begleiten
Im Rücken des Feindes entfachten wir Feuer
Verbrannten flüchtend Ungeheuer
Der Eingang zum Tal war mit Felsen blockiert
Dahinter die Recken mit Speeren postiert
Kam der Feind über Felsen gekrochen
Sofort im Speer sein Blut er gerochen
Bevor der Feind die Ordnung gefunden
Waren wir alle wieder verschwunden
Sie wurden erheblich dezimiert
Uns war kaum etwas passiert
Am Tag und der Nacht griffen wir an
Mal nur mit Pfeilen, mal Mann gegen Mann
Sie durften keine Ruhe finden
Dem Müden wird die Kraft schon schwinden
Beim Anblick der Stadt, die zuerst sie erreichten
Ihre Gesichter, Gemüter erbleichten
Die Krieger, die sie dort gelassen
Bekamen wir davor zu fassen
Außer deren Leichen an der Wand
Kein Wesen hier der Feind vorfand
Auch war das Heer schon deformiert
Wir hatten es bereits halbiert
Doch immer noch in Unterzahl
Eine Schlacht war keine Wahl
Für einen unserer Recken
Mussten ihrer drei verrecken
Es war unser Wald, war unser Feld
Das wir zuvor mit Mühe bestellt
Es war unser Reich, war unser Land
Ein jedem von uns bestens bekannt
Das Böse jedoch war hier fremd
In einem Land, das es kaum kennt
Trotz unsrer Mühen, das Heer war noch groß
Auch wenn bereits deren Blut reichlich Floss
Der Alte, der zum Führer mich wollte
Ein Held er damals werden sollte
Seine Gedanken weckten Ideen
Etwas Bedeutendes ließen geschehen
Die letzte Schlacht
Seine größte Festung erreichte der Feind
Das Heer schon verstritten, durch Angst nur geeint
Die Tore geöffnet, marschierten sie ein
Alles geplant, so sollte es sein
Vor deren Rückkehr wir hergeeilt
In der ganzen Festung Fässer verteilt
Gefüllt mit Pech und brennenden Stoffen
Die sie gelegentlich und gerne gesoffen
Unsere falschen Hausverwalter
Waren der Intrige wahren Gestalter
Sie passierten in Ruhe die Pforte
Gingen gemächlich und ohne Worte
Die falschen Wachen auf den Mauern
Blieben dort nicht lange kauern
Seilten sich nach außen ab
Wir kamen gelaufen in Trapp
Stellten Wagen vor das Tor
So etwas machte noch niemand zuvor
Brennende Pfeile wurden verschossen
Auf die Fässer, die zuvor vergossen
Flammen vereinten sich zu großem Feuer
Entsetzlich schrien die Ungeheuer
Sie brachen durch das brennend Tor
Ein Wall aus Speeren stand davor
Wir ließen keinen entkommen
Wir stachen, wir schnitten, wir stoßen
Gleich einem Bach ihr Blut ist geflossen
Jedem Feind wir das Leben genommen
Wer waren hier die Bestien nun?
Doch was, was sollten wir tun?
© by A.D. Kissing, 01.2017
Traumwelten Wow, welch ein Epos, bildreich, fesselnd, voller Spannung, wundervoll in Wort und Reim. Chapeau !!! Schöne Grüße Eva |