Vorbemerkung
Peter Wessel Buch 1 schildert, wie es zu dem legendären Duell kam.
Dieses Buch 2 verschafft einem den historischen Rückblick.
Copyright: G.v.Tetzeli
Cover: G.v.Tetzeli
In der Kutsche
Auf der „Sehlwiese“ (Salzwiese), südlich von dem Dorf Geidingen gelegen, hatte der Zweikampf zwischen Peter Wessel Tordenskiold und Jacob Axel Stael von Holstein begonnen. Genauso illegal, wie innerhalb der Hannoverischen Grenzen. Auf dem Gebiet Hildesheims konnte man die Sache vielleicht eher vertuschen.
Es war Dienstag, der 12.11.1720.
Das Duell besahen sich ungefähr 20 Personen an, die auf der Seite des Schweden Stael von Holstein standen. Wie viele der Duellanten helfer Wessel schließlich dabei gehabt hatte, bleibt unklar. Es müssten aber
zumindest, soweit die ungeschriebenen Vorschriften es vermuten lassen, um mindestens fünf Personen gehandelt haben.
Der erste Waffengang wurde frei gegeben und schon da konnte Stael eine Attacke abwehren. Im Gegenzug hatte er den leichten Degen weggedrückt und mit dem schweren Schwert zugestochen.
Die Klinge muss messerscharf gewesen sein. Peter Wessel hatte sich geschickt nach dem Ausfallschritts seitlich gestellt, um wenig Angriffsfläche zu bieten, doch die Klinge durchfuhr den Oberarm und drang in den Oberkörper ein. Wessel fiel schwer getroffen zu Boden. Sein Arzt lief herbei und Stael von Hohenstein blieb auf Abstand.
Das Duell war entschieden. Die Verletzung
war sehr schwer. Offensichtlich war einigen Berichten zufolge die Hauptschlagader aufgerissen. Das glaube ich nicht. Wessel lebte noch und er wurde in seine Kutsche geschafft.
Die Herrschaften um den schwedischen Oberst sahen nun, dass sie das Weite suchten. Falls der Seeheld starb, wollte niemand etwas damit zu tun gehabt haben. Berichten zufolge warf sich Axel Stael aufs Pferd und galoppierte ohne Pause in das bremisch-schwedische Gebiet, um eventueller Verfolgung wegen Totschlags zu entgehen.
Wessel befand sich in der Kutsche und blutete stark.
Wie waren das noch für Zeiten gewesen, dachte er.
Erste Erfolge
Wessels wurde am 28.10.1690 in Trondhein, Norwegen geboren.
Mit 14 Jahren wollte er nach Kopenhagen, um dort als Kadett in die Marine aufgenommen zu werden. So schlich er sich in Trondheim auf ein Handelsschiff. Dort traf er den königlichen Kaplan Peder Jaspersen. Der nahm sich seiner an und verschaffte ihm schließlich einen Platz auf einem Westindienfahrer (1706). Jaspersen ermöglichte es ihm dann auch endlich in dem königlichen Kadetten Korps seine Marine-Laufbahn zu beginnen. Auf seiner Fahrt nach Ostindien wurde er am 07.07.1711 Leutnant zur See. Wessel hasste die Schweden mit Leib und Seele. Und so konnte er sich endlich beweisen. Sein erstes Kommando war die Schaluppe Ormen (die Schlange), die über vier Kanonen verfügte.
Wie ein Freibeuter machte er sich über
schwedische Handelsschiffe her. Fortwährend brachte er, auch mit List und Tücke, schwedische Schiffe in seine Gewalt.
Wie immer sah die dänische, militärische Obrigkeit sein zügelloses Ungestüm nicht nur mit Freude. Wessel war zu sehr Eigenbrötler, schien sich nicht an offizielle Order zu halten.
Ein Glück für ihn war, dass der norwegische Admiral, Baron Waldemar Lowenda, Gefallen an dem Haudegen fand. Norwegen und Dänemark bildeten damals eine Allianz gegen Schweden.
Und so kam es, dass Peter Wessel das Kommando über die Fregatte Lowendals Galley erhielt. Mit diesem Kriegsschiff, immerhin mit 20 Kanonen mehr als ordentlich bestückt, ließ sich schon mehr Unheil
anrichten.
Seine Aufgabe bestand darin Handels- und Transportschiffe aufzubringen mit denen die Schweden die Verbindung mit den deutschen Provinzen aufrecht erhielten.
Da kannte Wessel kein Pardon. Von taktischer, oder politischer Rücksicht keine Spur.
Die Schweden setzten ein Kopfgeld auf ihn aus und die dänische Führung stellte ihn vor ein Kriegsgericht wegen angeblicher illegaler Übergriffe und auch wegen Brutalität.
Diesmal aber mischte sich der norwegisch-dänische König, Friedrich IV, höchstpersönlich ein. Ihm gefiel sein Seeräuber. Das Verfahren wurde niedergeschlagen, obwohl ich vermute, dass Wessel normaler Weise schuldig
gesprochen worden wäre.
Stattdessen wurde er zum Kapitän befördert. In der Seeschlacht bei Fehmarn (April 1715) zeichnete er sich besonders aus. Der norwegisch-dänische Flottenverband unter dem Befehl des Schoutbynacht (Konteradmiral) Christian Carl Gabel bestand aus zehn Kriegsschiffen. Wessels Fregatte Lovendals Galley war das kleinste Schiff mit 20 Kanonen, aber bei weitem das schnellste und wendigste. Gabel gab ihm den Auftrag sich allein Richtung Fehmarn aufzumachen, um die Schwedische Flotte aufzuspüren. Wessel fand sie. Der schwedische Konteradmiral Carl Hans Wachtmeister mit seinem riesigen Linienschiff Hedvig Sophia (80 Kanonen) konnte eine Schlacht nicht mehr
vermeiden. Am 24. April standen sich die beiden Flottillen gegenüber. Für die Schweden wurde es zu einem Desaster.
Wachtmeister gab der frischen Fregatte Vita Örn den Befehl aus dem Gefecht zu segeln, um die Heimat zu erreichen. Wer war hinter dem Flüchtigen her? Wessel! Obwohl kampftechnisch überlegen und mit größerer Feuerkraft der Vita Örn, ließ sich Wessel nicht abschütteln. Und durch trickreiche Manöver zwang er den Gegner abzudrehen und wieder zu dem Untergang geweihten Verband zurückzukehren. Schließlich verhinderte er durch sein schnelles Eingreifen, dass fünf Linienschiffe der Schweden sich noch selbst zerstören konnten, um nicht in die Hände der Feinde zu fallen. Er nahm sogar den Admiral
Wachtmeister gefangen.
Die Beute war gewaltig.
Verdienter Maßen wurde er 1716 geadelt als Tordenskiold (Donnerschild)
Wessel war zu diesem Zeitpunkt gerade 26 Jahre alt.
Dynekil-Fjord
Sein nächstes Husarenstück festigte seinen Ruhm.
Er galt danach als der Befreier Norwegens. Die Ausgangslage war wie folgt:
Karl XII., König der Schweden, wollte unbedingt Reichsgebiete erobern. Er strebte die Belagerung von Fredikshald an. Würde er diese Festung erobern können, wäre der Weg nach Oslo frei.
Zur Unterstützung wurde eine Flotte zusammengestellt. Sie sollte für die Armee Vorräte, Munition, Artillerie und Verstärkung von Soldaten zuführen.
Im gegenzug sandte der Dänenköing seinen Kapitän Tordenskjold, um die dänischen Verteidigungskräfte zu entlasten. Er sollte wenigstens ein paar Transportschiffe aufhalten. Wessels Flotille war denn auch reichlich bescheiden. Lediglich aus zwei Fregatten und sechs kleineren Kriegsschiffen bestand sein Verband.
Wie jeder gute Stratege, informierte er sich bei den Fischern vor Ort. So erfuhr er, dass die Schweden im Fjord von Dynekilen vor Anker lagen. 15 Kriegsschiffe und ungefähr 20 Transportschiffe lagen in dem natürlichen Meerbusen, der nur einen schmalen Zugang hatte. Allerdings befand sich auf einer vorgelagerten Mini-Insel eine kleine Festung, welche mit ihren sechs 12 Pfünder-Kanonen
die Zufahrt bestreichen konnte.
Um 8 Uhr morgens des 8.Juli 1716 war es soweit.
Wessel lief unter vollen Segeln mit Schwung in den Fjord ein. Er setzte auf Schnelligkeit. Die Festungsgeschütze verfehlten ihn ein ums andere Mal. Dann beschoss er die ruhig daliegenden Schiffe. Eines nach dem anderen. Zuerst schaltete er das Flaggschiff, die Stenboken mit 24 Kanonen aus. Der Befehlshaber Olof Stromstierna war völlig überrumpelt worden. Die Mannschaften größtenteils an Land. So wütete Wessel bis dreiUhr Nachmittags. Gleichzeitig hatte er heimlich einen Sturmtrupp bei der im Eingang liegenden Festung abgesetzt, welche die Kanonen eroberten und vernagelten, um den
Rückzug zu ermöglichen.
Für die Schweden war dieser Tag eine vollständige Katastrophe. Tordenskjold kaperte 19 Transportboote, versenkte neun. Vier Kriegsschiffe sanken, aber noch schlimmer, elf Kriegsschiffe fielen in die Hand des verwegenen Wessel. Mit der Beute zog er sich wieder aus dem Fjord zurück. Die eilig an Land aufgestellte Artellerie konnte ihn auch nicht aufhalten.
Ein unglaublicher Kaperstreich war gelungen. Die Verluste, die Wessel hinnehmen musste, waren 19 Tote und 57 Verletzte. Bei den Schweden waren es 931 Tote und Gefangene. Das zeigte auch, wie sträflich unterbesetzt die vor Anker liegenden Schiffe gewesen waren.
Am Vorabend hatten die Mannschaften frei bekommen. Die meisten Offiziere hatten einer Hochzeit beigewohnt und die Führung hatte sich beim Abendmahl vergnügt, zu dem der Konteradmiral Stromstierna geladen hatte. Natürlich war am Vorabend reichlich Alkohol geflossen.
Wessel wusste davon durch die mitteilungsfreudigen Fischer. Ich nehme an, dass sich auch Kundschafter betätigt hatten. Eigentlich wollte er an diesem Abend bereits angreifen, doch der Wind bot nicht genügend Schub, um an der Festung schnell genug vorbei zu kommen. Deshalb wurde der Angriff auf den Morgen verschoben
Diese Glanzleistung hatte Folgen.
Die Schweden mussten die Belagerung von Fredikshald abbrechen.
Der gesamte Eroberungsfeldzug der Schweden war gescheitert, weil es ohne Nachschub keine Erfolgsaussicht mehr gab.
Ab dem 18.Juli kehrte die Armee nach Schweden zurück