Peter Wessel
Man defilierte im Schloss Herrenhausen, dem kurfürstlichen Hof in Hannover. Die Herrenhausener Gärten waren herrlich. Dazu gehörten der Berggarten, der Georgengarten und der Welfengarten. Man war fürstlich untergebracht. Vor allem aber war König Georg I. angekommen. Als englischer König kam er immer gerne in Hannover vorbei.
So ein königlicher Hofstaat, den wollte sich auch der hochdekorierte Haudegen Peter Wessel ansehen. Heutzutage gibt es ja auch eine ähnliche Hype bei Madonna und zum Beispiel bei den englischen Thronnachfolgern.
Nun war der Herr Peter Wessel Tordenskiold (Donnerschild) nicht irgendjemand. Er war Admiral der vereinigten norwegischen-dänischen Seemacht. Raffiniert, mutig, hoch geachtet, reiste er mit seiner Equipage an. Mehrere Diener und ein Vertrauter waren seine Begleiter.
In Hannover angekommen, bezog er Quartier bei dem berühmten Stabschirurgen Wrede in der Marktstrasse. Er bot der Herrschaft adäquate und ausreichende Unterbringungsmöglichkeiten an.
Seine Ankunft, die eines echten Seehelden, blieb nicht unbemerkt. So lud ihn Friedrich Wilhelm von Görtz zu einem Herrenabend ein.
Besagter Görtz war nicht nur Geheimrat und Kammerpräsident, er war auch ein Graf (öfters im Gebrauch Graf von Schlitz). In seinem Herrenhaus sollte der kurzweilige Abend statt finden. Dieses Haus steht übrigens noch heute.
Es war aber nicht nur der Seeadmiral zugegen, sondern ausgerechnet der erbitterte Gegner der nordischen Kriege, nämlich Jacob Axel Stael von Holstein, seines Zeichens Generaloberst der schwedischen Streitkräfte. Verheiratet mit der Schwedin Gräfin Ulrika Lewenhaupt, gehörte er dem gehobenen Adel an. Aber nicht nur das, auch er war ein Kriegsheld, für seine Tapferkeit bekannt und kein Mann von Traurigkeit.
Schon seine Vorfahren hatten sich mehrfach duelliert und nur Einer war auf der Strecke geblieben.
Es kam, wie es kommen musste.
Am Samstag, den 09.11.1720, nach weinseligem Dinner, setzte man sich an den Kartentisch. Es war tatsächlich schon zu vorgerückter Runde. Es ging um hohe Einsätze in der starken Währung wertvoller Dukaten.
Da saß der Admiral da und gab ein „Geschichtchen“ zum Besten.
Eine reizende Dame hätte er kürzlich in Hamburg getroffen. Ein hochgestellter Abenteurer hätte sie um eine sehr hohe Summe beim Kartenspiel betrogen.
Natürlich wäre sie ein unschuldig betrogene
Dänin gewesen und der betrügerische Abenteurer ein Schwede.
[In Wirklichkeit hatte sein Bekannter, ein gewisser Abraham Lehm, ganz normal als schlecher Spieler eine erhebliche Summe verloren]
Im gleichen Augenblick sprang Oberst Steal wutentbrannt vom Stuhl auf.
„Das nehmen sie gefälligst zurück! Widerrufen sie diese Lüge!“
Doch der Seeheld, der Admiral goss noch Öl ins Feuer.
„Sie wissen doch genau, dass sie es selbst waren, welcher die Dame ausgenommen hat!“ Das war zu viel!
Die Streithähne sprangen aufeinander zu und Faustschläge fielen. Der Admiral warf den
Dänischen Oberst zu Boden. Hofbeamte schrieben diese Auseinandersetzung auf, so dass es wohl genauso gewesen sein musste. Ein paar zaghafte Diener versuchten einzugreifen, aber erst der Hausherr von Görtz komplimentierte die Raufbolde aus seinem Haus. Schließlich sei der König in der Stadt und sein Haus stünde schließlich unter königlicher Obhut.
Jeder der beiden Kontrahenten fühlten sich zutiefst beleidigt und ein Duell war unausweichlich.
Aus Rücksicht auf den König wurde der Termin um drei Tage auf den 12.11.1720, den nächsten Dienstag, verschoben. Man wollte den König erst wieder abreisen lassen.
Die entsprechenden Bedingungen wurden ausgehandelt. Nachdem der Schwede Stael von Holstein Genugtuung gefordert hatte, konnte der Admiral die Waffen wählen.
Er entschied sich, welch ein Wunder, für Duellpistolen. Kein Überraschung, denn der dänisch-norwegische Seeheld war bekannt dafür, praktisch ein Scharfschütze zu sein. Eigentlich wurden diese Pistolen ungern genommen, denn normaler Weise endete so ein Duell dann, wenn das erste Blut floss. Bei Pistolen war es meist tödlich, bei anderen Waffen konnte es auch nur mit Verletzungen beendet werden.
Der Dienstag brach an und ein Problem tauchte auf. In dem hannoverischen Gebiet war das Duellieren unter strengste Strafe
gestellt. Nicht so sehr der König selbst war das Problem, eher schon der einflussreiche Bischof. So beschloss man auf Hildesheim auszuweichen, ganz in der Nähe gelegen. Von dieser Überlegung wurde Wessel Tordenskiold im Unklaren gelassen. Er war pünktlich am ursprünglichen Duellplatz mit den Pistolen, seinem Adjudanten und dem Gefolge erschienen, allerdings auf dem Gebiet von Hannover. Es war der falsche Ort. Keiner da. Sein Duell-Adjutant mit den Pistolen stieg in die Kutsche und fuhr ab.
Da erschien ein Bote, der den neuen Austragungsort mitteilte. Mit dem Rest seiner Begleitung fuhr Peter Wessels dorthin, in die Nähe des Dorfes Geidingen (Hildesheim). Südlich davon auf der sogenannten „Sehlwiese"
(Salzwiese), da traf er auf ca. 20 Mann. Alles die Begleitung des schwedischen Oberst Stael, der auf ihn wartete. Natürlich hatte auch Wessel Gefolgsleute dabei, sogar Beamte und Beide verfügten über Ärzte, die vielleicht noch etwas retten konnten. Da nun die zugelassenen Duellpistolen fehlten, schlug der Schwede andere Waffen vor.
Zurück konnte Wessels nicht ohne seine Reputation vollständig zu verlieren, aber die verfügbaren Waffen waren für Stael von Vorteil. Wessel hatte ein schmales Schwert, ein sogenanntes "dress sword", das man als Offizier trug. Es lag gut in der Hand mit spitz zulaufender Klinge. Sie war aber eher für einen Übungskampf, als Sparringstraining
geeignet, denn auf einen Kampf um Leben und Tod.
Stael hingegen benutzte ein als "Carolean sword" bekanntes Gerät. Die Waffe war schwerer, besser zur Verteidigung und natürlich erheblich wirkungsvoller im bestialischen, kraftvollen Angriff.
Wir wissen dies durch Zufall, denn in Deckung beobachteten drei Bauern die Tragödie. Sie hießen Casten, Peiper und Plinke.
Ob es, wie so oft in Filmen zu sehen, tatsächlich in den frühen Morgenstunden anfing, glaube ich nicht. immerhin hatte Wessel erst noch den neuen Austragungsort anfahren müssen.
Streng nach Reglement begann der erste Waffengang.