Morgendämmerung
Der Tag erwacht aus seinem dunklen Traum. Einem roten Feuerball gleich steigt die Sonne aus dem rubinfarbenen Japanischen Meer. Durch das matte dämmrige Rot wirkt der Morgen-himmel unwirklich und der Strand und seine Umgebung wirken mystisch. Die Grenze zwi-schen dem goldrot funkelnden Wasser und dem leicht bewölkten Himmel verschwimmen ineinander. Dunkelblaue hohe Wellen lassen die schäumende Gischt im nassen Sand zurück, während sie wie von einem Band gezogen ins Meer zurückgleiten. Ein erfrischender kühler Wind streicht durch die trockenen Büsche und lässt sie beruhigend rascheln. Aufgeschreckt durch die plötzliche Bewegung der Zweige verstummen die Grillen, um sofort danach mit ihrem zarten Zirpen fortzufahren. Ein rotgrauer Schleier legt sich langsam über den einsamen Strand. Im feuchten Sand sitzend erfüllt mich
ein tiefes Glücksgefühl und das warme Licht der Morgenröte lässt mich wohlig frösteln. Wie klein sind meine Sorgen im Gegensatz zu diesem wunderbaren Naturschauspiel. Wie klein bin ich selbst angesichts dieser mächtigen Wasserfläche und dem unendlich weiten rotglühenden Himmel. Ich breite die Arme aus und atme tief die salzige feuchte Seeluft ein. Das aufwühlende Gefühl, mit dem Universum eins zu sein, belebt meine Sinne und eine wohlige Zufriedenheit durchströmt mich. Zum ersten Mal strahlt die Morgensonne die weißen bauschigen Regenwolken rot an und erscheint schließlich in ihrer vollen Pracht am Horizont. Die Konturen der Insel sind jetzt klar zu erkennen. Das mächtige Meeresrauschen umfängt den Strandbesucher. Ein neuer Tag beginnt. Während der sanfte Wind durch mein Haar streicht, spüre ich das Leben mit allen Fasern meines Körpers. Das Bewusstsein, jedes Problem birgt auch eine Lösung und nichts kann
zu schwierig sein, macht mich stark für den Tag, als plötzlich neben der goldenen Himmelskugel eine pilzförmige weiße Wolke empor steigt und die Luft nach Blei schmeckt.
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