13. Erwartungen
( Überarbeitete Version )
„Willst du wirklich nicht ins Haupthaus?“
„Nein, Duncan.“
„Du vermisst deine Mutter und deinen Neffen, mehr als alles Andere in Falkenstein.“
Seinen Falken ließ Duncan von der Faust aufsteigen. Majestätisch hoben sich die Schwingen des Tieres in die kalte Nachtluft. Fast lautlose Flügelschläge trugen es weit über die Grenzen der ebenso prachtvollen Burgmauern davon.
„Ja, ich vermisse sie, doch ich könnte
nicht vor sie treten, nicht jetzt. Es wird zu viel passieren Duncan.“
Der Jüngere von beiden zog eine Augenbraue hoch: „Stimmt, mit einem gebrochenen Bein, wäre das ziemlich...“
„Wage es das zu sagen!“, forderte Julian scharf.
Darüber grinste Duncan bloß: „Erbärmlich.“
Mürrisch drehte sich der Mann weg. Auf der ganzen Erde war er weit und breit der Einzige, der das Kunststück fertig brachte sich beim Kaffee kochen das Bein zu brechen. Zwei Diplome mit Bestnote und ein Doktordiplom, aber dafür völlig lebensunfähig. Vor allem seit dem Zeitpunkt als sein
Gleichgewicht verschwand. Auch Julian konnte es als Zwilling nicht einsehen, dass es seinen Bruder nicht mehr geben sollte.
„Julian“, wurde Duncan wieder ernst, „Sag, war es gut Kai-Alexander die Skytale zu schicken?“
„Wenn nicht jetzt, wann dann?“, erwiderte Julian blass, „mein Bruder muss sich jetzt auf seinen Sohn verlassen können, nach all dem, was geschehen ist. Es darf nicht alles umsonst gewesen sein.“
Hierbei wusste der Mann genau, dass Duncan an den Tod seiner Eltern erinnert wurde, welcher der Beginn des gesamten familiären Leidens gewesen
war.
„Wir sollten ihn vor seinem Aufbruch besser darauf vorbereiten.“
„Nein Duncan das brauchen wir nicht, wie ich ihn kenne wird er zu Asarott gehen, und sich die Hörner etwas abstoßen."
Kaum sagte dies Julian, verriet sein Blick Zweifel und auch Furcht: "Ich hoffe, dass er sich gut um seine kleine Schwester kümmern wird.“
Der Älteste im Hause Balathsar fiel aus allen Wolken. So weit hoch oben auf den Zinnen der Burg konnte dies fast schon wörtlich genommen werden.
„Du willst ihm sagen wer Emily ist, aber willst sonst keinen Kontakt? Sogar für
einen Doktor der Historie, bist du ein ziemlich schräger Kauz.“
Darauf lachte Julian kurz abfällig: „Er wird sie nur ansehen müssen und wissen, wessen Kind sie ist. Ich habe Emily ihrer Familie nie vorgestellt. Als ich sie aus den USA geholt habe, war sie fünf. Um weiter nach meinen Bruder suchen zu können brachte ich sie zu euch. Ich bin kein guter Vater. Ich wusste fünf Jahre lang noch nicht einmal, von der Existenz des kleinen Wesens, dass ich jetzt mehr lieb habe, als alles Andere auf der Welt. Und das alles nur, weil ich meinem Vater nicht vertraut habe. Mir ist das alles viel zu viel.“
"Du denkst, sie hat das gleiche Schicksal
vor sich wie Rooster. Seine Existenz war auch nicht gewünscht von der Mutter. Aber Emily ist eine Alexis. Genau wie meine Schwester in unseren kleinen Bruder Jojo vernarrt ist, so wird Kai-Alexander sicher deine Tochter als Schwester ansehen."
"Dennoch muss der Zwist bestehen bleiben. Das wir alle getrennt sind wird Kai bloß die Chance geben, die Wahrheit zu erfahren. Ich bin parteiisch, und schon zu tief in der Materie verstrickt. Vielleicht besteht so die Möglichkeit, die nächste Generation zu retten."
Der Falke den Duncan losschickte, tauchte am Horizont wieder auf und zog noch einige Kreise in der Luft über der
Burg Falkenstein, bis sein Besitzer die Faust erhob und ihn mit einem Pfiff zur Landung herbeirief.
"Er wird also durch die Hölle zur Prüfung gehen müssen."
"JA."