Kurzgeschichte
Mike

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"Mike"
Veröffentlicht am 06. Januar 2017, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Meistens bin ich ruhig. Im wahren Leben habe ich einen Mann, zwei Töchter, eine Hand voll Enkelkinder, zwei Katzen und alle zusammen leben wir im Süden Deutschlands. Wenn ich nicht schreibe, fotografiere ich, denn Fotos sind für mich auch kleine Geschichten - wenn man sie lesen kann. Ansonsten bin ich optimistisch, (fast) immer gut drauf und stehe mit beiden Beinen fest im Leben. Ergänzung: Das wahre Leben gibt es nicht mehr. Ich musste ...
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Mike Randbeitrag zum Forumbattle 57 Aller Anfang ist schon schwer. Aber diese Neuanfänge immer! Mike hatte nicht mehr viel Hoffnung und doch wollte er sich seinem Schicksal vorurteilsfrei und ohne Magendrücken stellen. Wieder einmal hatte sich eine Pflegefamilie gefunden, die es mit ihm versuchen wollte. Seit dem er als Findelkind aufgegriffen wurde, schob man ihn von Familie zu Familie. Immer wieder Neuanfänge, immer wieder neue Bedingungen und Eigenarten, oft Geschwister, die den Neuling verdammten. Er hatte es satt

und sehnte sich nach einer Familie, die ihn kritiklos so aufnahm, wie er war. Seine Mutter konnte nie ermittelt werden. Friedlich schlummernd fand man ihn damals im Kellerschacht eines Kartoffelkellers. Ein großer Neufundländer, der seinen Hundehaufen genau neben diesem Ort ablegen wollte, wurde auf ihn aufmerksam. Eisige Temperaturen herrschten und es entbehrte jeder Logik, dass er, nur wenige Tage alt, diesen Start ins Leben überlebte. Eine Odyssee begann. Zuerst versuchten die Ämter natürlich, seine Herkunft zu ermitteln.

Daten wurden erhoben, gesammelt,

ausgewertet. Nichts! Anhand eines Gentestes wollte man seine Abstammung ergründen. Ob Zufall oder Absicht - neben der blauen Decke, in die er gewickelt war, lag eine Zahnbürste. Wieder nichts! Es war wohl doch nur eine Beliebigkeit gewesen. Als in der zuständigen Behörde ein Computervirus sämtliche Schaltgetriebe des Systems sowie die Nerven aller Mitarbeiter lahmlegte, traf Mike dir traurige Selbsterkenntnis, dass wohl alles wieder von vorn beginnen würde. Es ging ihm nicht schlecht, dort, wo er untergebracht war und doch wollte er

endlich richtig dazu gehören. Nicht mehr nur zuschauen, wie die Kinder und Jugendlichen in seiner Umgebung nach und nach ihre Familien fanden, beziehungsweise von diesen gefunden wurden. In jeder Nacht träumte er wieder von liebenden Pflegeeltern, die sich ehrlich über seine Anwesenheit freuten, von einem richtigen Bett mit weichen Decken, von Mahlzeiten, die sich von dem Einheitsbrei unterscheiden würden, den er jetzt vorgesetzt bekam. Ja, sogar mit Geschwistern wäre er einverstanden, wenn sie ihn akzeptieren würden. Nur noch zwei Tage, dann hat er wieder einmal einen Kennlern-Termin mit einem

jungen, kinderlosen Ehepaar. Wird es diesmal ein Neuanfang werden? (Für interessierte Pflegfamilien: Das ist das aktuelle Foto aus Mikes umfangreicher Akte.)












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Über den Autor

Memory
Meistens bin ich ruhig.
Im wahren Leben habe ich einen Mann, zwei Töchter, eine Hand voll Enkelkinder, zwei Katzen und alle zusammen leben wir im Süden Deutschlands.
Wenn ich nicht schreibe, fotografiere ich, denn Fotos sind für mich auch kleine Geschichten - wenn man sie lesen kann.
Ansonsten bin ich optimistisch, (fast) immer gut drauf und stehe mit beiden Beinen fest im Leben.
Ergänzung:
Das wahre Leben gibt es nicht mehr. Ich musste meinen Mann, meine große Liebe, ziehen lassen. Seit dem steht die Welt still.

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Lindenblatt 
Ein sehr schöner Beitrag am Rande, der Mitgefühl aufkommen lässt.
Doch auf der letzten Seite.....welch Überraschung.
Lieben Gruß
Linde
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
*lach*
Eine kleine Irreführung am Rande eben.
Danke dir, liebe Linde und viele Wintergrüße zu dir
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Magnolie 
Liebe Sabine,
welch überraschendes Ende einer anrührenden Geschichte. Möge er ein Heim finden.
Herzlichst
deine Manu
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Ganz sicher finder ER ein Heim.
Danke dir auch hier, liebste Manu.
Lieben Gruß
deine Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Da sind jetzt gleich mehrere Faktoren zusammen gekommen, warum du mich hier völlig in die Irre laufen lassen konntest, Sabine. Erst einmal hast du mit dem Paragraphenzeichen auf dem Cover ganz "gerissen" das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) vor meinem geistigen Auge auftauchen lassen. Und dann gibt es da ein Buch von Richard F. Miniter mit dem Titel "Mike" - Pflichtlektüre für Pflegeeltern! Jener Mike wünschte sich nichts sehnlicher als eine Angel und eine Familie..... Aber jenem Mike eilte halt auch der Ruf eines Satansbraten voraus, was die Erfüllung seines zweiten Wunsches extrem schwierig machte. Ich glaube, da hat es DEIN Mike wesentlicher einfacher ;-)
Klasse und sehr gekonnt, Sabine!
Liebe Grüße, Merle
PS: Aus dem Klappentext: Irgendwann einmal hatte er in krakeliger Kinderschrift auf einen Zettel geschrieben: "Was ich mir am meisten wünsche. Eine Familie. Eine Angel. Eine Familie..."
Mike treibt die Miniters an den Rand der Verzweiflung: Es geht nicht. Er kann nicht bleiben... Doch dann geschieht etwas Außergewöhnliches.....
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Yes! Irreführung gelungen :)
Volle Absicht, nur der Name Mike in Verbindung mit dem Buch, war mir bisher nicht bekannt. Deinen "Mike" habe ich gerade eben gekauft, meiner würde es im wahren Leben wohl wirklich leichter haben.
Danke dir, für deinen Kommi, den Favo und auch für den Buchtipp.
Liebe Grüße
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
derrainer liebe sabine ,
ich vermisse meinen kommi , ich weiß ich gab ihn , aber er ist weg ,
wobei ich noch meine, gesagt zu haben , dass ich deine geschichte interessant fand , und der schluß überraschend war ,
vielleicht schwirrt er irgendwo rum und weiß nicht wohin ,,,,,,

lieben gruß rainer
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Gelöscht habe ich ihn nicht, freue mich ja über jeden Kommi. Und ich erinner mich auch daran.
Wer weiß ... Dann danke ich dir eben noch einmal ganz herzlich, lieber Rainer.
Liebe Grüße
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
MarieLue Ich hoffe sehr, dass Mike ein neues Zuhause findet! Schöne Geschichte!
Herzliche Grüße
Marie Lue
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Davon bin ich überzeugt, sogar hier wollen ihn alle haben :))
Danke dir, liebe Marie Lue, habe mich sehr über deinen Besuch gefreut.
Lieben Gruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
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