Engel aus Stein
Wie schön und anmutig,
dass man es kaum in Worte fassen kann,
begehrende Hände streicheln jede einzelne Kontur,
fahren über jeden Winkel eines namenlosen Wesens,
ein Körper unvergleichlicher Perfektion,
eine dunkel rote Träne rollt ungesehen über einen geschlossenen Mund,
so spricht die Trauer einer Skulptur,
welche allein für ihren Schöpfer weint,
Erschaffer einer Seele,
ohne den fleischlichen Wirt,
mit Hammer und Meißel hauchte er ihr Leben
ein.
Nun steht er in vollendeter Pose,
als sei er betrunken vor einem Ebenbild stehen geblieben,
welches selbst der Engel Herrlichkeit übertrifft,
nicht wirklich und auch nicht bewegungsfähig,
und doch empfindet er mehr als nur Liebe für sie,
Kniefall zu Boden,
während sich seine Finger ineinander falten,
flehend um Auferstehung flüstert er ein Versprechen,
für diesen lieblichen Engel zu
sterben.
Sein eigener Leib stellt doch nur eine vergängliche Hülle da,
will ihr unweigerlich geben was sie braucht,
Schreie bleiben in diesem finsteren Traum ungehört,
so fleht er weiter,
sie möge ihre Flügel spreizen,
um ihn ans Ende des Horizonts zu tragen,
aber nichts erhebt sie von ihrem Platz,
auch nicht der Gesang der Sterne in dieser Nacht,
brüllend versucht er ihr unermüdliches schweigen zu
brechen,
als er mit voller Wucht die Fäuste auf den harten Betonfußboden schlägt.
Denkt bei sich,
das wir doch alle allein geboren werden,
dann werden wir gewiss allein auch sterben,
jedoch berührt zu werden,
von einem Himmels gleichen Geschöpf,
dass ihm alle Schatten aus seinem verzweifelten Innenleben zieht,
durch einen einzigen Kuss,
geschenkt von bittersüßen Lippen,
lässt ihn vielleicht die zerreißende Stille,
sowie den verstörenden Verlust des
Lichts verschmerzen.
Willenloser armer Geist,
welcher sein verkommenes Gefühlsgewimmer verschmäht,
um es endgültig und für immer zu töten,
die Augen seiner geliebten starren unabwendbar in die Leere,
ihre Gestalt erwidert nicht einmal annähernd das,
was er sich sehnsuchtsvoll wünscht,
der Meißel fällt klirrend vor seine nackten Füße,
ein warmer Lichtkegel scheint auf die versteinerte Existenz vor seinem Angesicht,
es offenbart sich in ihm der eiskalte
Zorn einer unverstandenen Kreatur,
beschließt diesem Moment tränenreicher Hoffnungslosigkeit ein schnelles Ende zu setzen,
durch Eisengewalt und unter des Schöpfers Hände,
zerbröselt jener liebreizende Engel schließlich zu weichem Staub,
und so vergeht sie als glänzender Nebel, in den Weiten des endlosen Himmels.
Bildmaterial und Text
© Gebeine 2017