Der Vater sagt, er muss aus dem Haus. Er sei erwachsen, außerdem hat er keinen Platz mehr, wenn die neue Freundin einzieht. Jetzt ist er draußen unterwegs, ganz allein auf der Straße, so grau und kalt. Es schneit, doch der Schnee bleibt nicht liegen, fällt in die Pfützen, schmilzt, suppt. Ihm ist auch kalt, innerlich, die Kälte von draußen spürt er nicht mehr. Die Trambahn fährt vorbei, viele Menschen darin, viele Münder daran, doch keiner spricht den anderen an, jeder ist mit sich beschäftigt. An der nächsten Straße biegt er ab, will nur fort von daheim. Heim was bedeutet das? Ist es nur ein Heim, wenn es auch heimelig ist? Ein Heim hat
der, der Angst hat, es zu verlassen. Er hat keine Angst. Hat er kein Heim? Ein Obdachloser sitzt auf einer Stufe, Zeitungen verkauft er. Das Geschäft ging wohl schlecht, er hat nur ein paar Münzen in der Hand und starrt ihn an und doch nicht, nimmt ihn wahr und doch nicht, lebt, und doch nicht. Hat dieser Mann ein Heim? Kann ein Obdachloser überhaupt davon sprechen, von Heimat? An der nächsten Straßenecke steht ein Soldat, den Rucksack auf der Schulter, den Mantel eng um sich geschlungen. Kommt er aus dem Krieg? Geht er in den Krieg? Ein Foto hält er in der Hand, von einem Kind, wohl kaum ein Jahr alt. Sein
Kind? Ist das Kind daheim, wo auch sein Vater daheim ist? Der Wind wird nun immer kälter. Es ist ihm egal. Die Straße wird leer und leerer, nur ganz am Ende eine Gestalt. Ein Mädchen, so alt wie er, kein Mantel, kein Schal. Sie weint. Er setzt sich neben sie, und schweigt. Irgendwann beginnt sie zu erzählen. Ihr Vater ist eben gestorben, die Mutter schon lange tot, ihr Haus ist leer, dort will sie nicht sein. Sie hat noch Heimat, und erträgt sie nicht? Es schneit nun immer dichter, er legt seinen weiten Mantel um sie beide. Irgendwann hört sie auf zu weinen, und nimmt seine Hand. In ihm taut es. Er liest in ihren Augen und begreift. Heimat ist, wo das
Herz ist. Der Schnee hüllt die beiden ein. Morgen ist Weihnachten.