Journalismus & Glosse
Berlin - Anschlag oder Amok? - Versuch einer Analyse - Ein politischer und persönlicher Versuch

0
"Es kann auch alles ganz anders sein"
Veröffentlicht am 23. Dezember 2016, 12 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
© Umschlag Bildmaterial: stillkost - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Zweifler, Pessimist, Misanthrop ... ... ungefähr so: "Nein, nein, ich habe nicht bewundernswert gesagt, ich sagte, ich bin außergewöhnlich. Das was ich tue, das was dir so viel bedeutet ... du meinst, ich tue es, weil ich ein guter Mensch bin? Ich tue es, weil es zu schmerzhaft wäre, es nicht zu tun. (...) Weißt du, es tut weh (...), alles das! Alles was ich sehe, alles was ich höre, rieche, berühre, die Schlussfolgerungen, die ich ...
Es kann auch alles ganz anders sein

Berlin - Anschlag oder Amok? - Versuch einer Analyse - Ein politischer und persönlicher Versuch

Berlin - Anschlag oder Amok?




Der Anschlag von Berlin vom 19. Dezember 2016 wird genau als das dargestellt: als terroristischer Anschlag, wahrscheinlich islamistischer Anschlag. Es stellt sich die Frage, ob er das war.



Das der selbsternannte Islamische Staat (IS) sich zu der Tat, bekannt hat, wird von den meisten Beobachtern als Versuch gedeutet, "auf den Zug aufzuspringen", aus

propagandistischen Gründen. Das Bekennerschreiben ist formelhaft und offenbart keinerlei Insiderwissen. Eine Urheberschaft des IS ist wenig wahrscheinlich.

So bleibt, um den Massenmord zu verstehen, lediglich der Tatverdächtige Anis Amri. Eine enge Bindung an den Islam oder islamistische Gruppierungen scheinen bei ihm unwahrscheinlich zu sein. Allerdings wissen wir, dass er sich seit dem Jahre 2012 in Europa - zunächst in Italien - aufhält. Dabei scheint er das zu sein (oder sich zu dem entwickelt zu haben), was man im Allgemeinen einen Kleinkriminellen nennt. Des weiteren muss man ihn zweifellos als entwurzelt betrachten.

Darin liegt meiner Ansicht nach der

Schlüssel zu der Motivation zu der Tat. Als gebürtiger Tunesier kann für ihn angenommen werden, dass mit einem patriarchalischen Männerbild sozialisiert wurde, einem Bild der männlichen Stärke und Durchsetzungskraft, in dem der Mann seine Welt bestimmt und nicht die Welt den Mann, Männlichkeitsfantasien, die keinerlei Raum für Schwäche lassen, bzw. solche als persönliches Versagen stigmatisieren. In den letzten vier Jahren hat er jedoch genau das Gegenteil von alle dem erlebt. Was für die Außenwelt ein Kleinkrimineller sein mag, ist für den Tatverdächtigen das Erleben des ständigen Versagens. Nichts von dem, was er tut, gelingt ihm oder ist von Bedeutung. Anis Amri träumt davon wirkmächtig zu sein (weil

man ihm das beigebracht hat), stattdessen fühlt er sich ohnmächtig. Dabei ist es offensichtlich, dass ihm die intellektuellen Mittel für eine selbstkritische Selbstbetrachtung fehlen. Niemals hat er das gelernt. Er ist handelt stets impulsgesteuert.

Das erklärt dann auch seine Wanderungen, dass er nirgends heimisch werden kann, von einem Ort zum anderen zieht. Bleibt er länger irgendwo, wird der Umwelt sein Versagen bewusst und er sinkt in der Wertschätzung seiner Mitmenschen. Ob dem wirklich so ist, spielt keine Rolle, in seinen Augen ist es so und allein das zählt für ihn.

All das versucht er vor der Welt zu verbergen. Darum werden die meisten, die im Kontakt zu ihm standen, ihn als "netten

Menschen" bezeichnen. Er verbirgt sein Gefühl von Unzulänglichkeit, weil er es selbst kaum ertragen kann. Offene Kränkungen von anderen - es mag sie gegeben haben, doch es wäre verwunderlich, sollte Anis Amri stets auf Ablehnung gestoßen sein - könnte er nicht ertragen. Darum verhält er sich angepasst, will nicht auffallen. Die Folge ist eine Innere Unruhe, die ihn daran hindert, beständige Sozialbindungen aufzubauen, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. So rutscht er immer wieder in die Kriminalität, was seinen Minderwertigkeitskomplex stetig befeuert.

Ein selbstkritischer Mensch, der gelernt hat, mit sich, seinen Gefühlen, Wünschen und Vorstellungen umzugehen (die wichtigste

Erkenntnis ist hierbei, dass wir die Welt nicht so beeinflussen können, dass alle so geschieht, wie wir es gerne hätten), würde langsam aber sicher an einen Wendepunkt kommen. Das Gefühl ständigen Versagens könnte durchaus zu Depressionen führen oder zu einem starken Unglücklichsein. Doch zu all dem ist Anis Amri nicht in der Lage. Sein schematisch-patriarchalisches Männerbild hindert ihn daran. Es entwickelt sich Wut und Hass - auf sich selbst. Und wie es bei Menschen, die, wie oben beschrieben, nicht dazu in der Lage sind, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen (bzw. die dabei zu keinem Ergebnis kommen), projiziert er seine empfundene Unzulänglichkeit, sein Versagen, die in Selbsthass mündet, auf die

anderen. Dabei fehlen ihm die Möglichkeiten in irgendeiner Weise kreativ zu werden, z.B. seinen Gefühlen als Künstler Ausdruck zu verleihen. Als bedient er sich der zeitgeistigen Stereotypen des unterdrückten Moslems, der für die Freiheit (wovon?) seiner Glaubensbrüder (der Glaubensschwestern kaum) kämpft. Auch seine Vorgehensweise bei der Tat ist nicht seine eigenen, sie ist abgeschaut.

Doch das ist nur Fassade. Es ist z.B. daran erkennbar, dass er keinen Selbstmordanschlag unternommen hat. Wahrscheinlich hatte er sich das vorgenommen, doch wie viele Menschen, die an Selbstmord denken, musste er feststellen, dass er dazu nicht in der Lage ist. Ein

weiteres Zeichen dafür ist das zurücklassen von Papieren, die zu seiner Identifizierung führten. Wahrscheinlich hat er sich auch das zuvor überlegt - ein weiterer Hinweis darauf, dass er keinen Selbstmordanschlag plante - und verfolgt damit nur einen Zweck: Er will berühmt werden. So versucht er - gesteuert durch sein Unterbewusstsein - den Kreislauf von Versagen und Minderwertigkeitsgefühl zu durchbrechen. Es steht zu vermuten, dass ihm das gelungen ist. In gewisser Weise wird er sich im Augenblick in einem Hochgefühl befinden. Doch dies wird zusammenbrechen, sobald sich der Ring der Fahnder enger um ihn schließt. Er mag berühmt geworden sein - in seinen Augen ist eine Berühmtheit als Massenmörder besser als gar keine

Berühmtheit, die er sich anders auch gar nicht verschaffen kann -, doch sobald seine Verhaftung sich für ihn deutlich abzeichnet, wird es schlagartig nachlassen. Meiner Ansicht nach wird Anis Amri sich - natürlich je nach dem, wie seine Verhaftung abläuft - der Gefangennahme entziehen und sich selbst richten.

Aufgrund dieser Überlegungen kann man eindeutige Parallelen zu anderen bekannten Amokläufen ziehen (Columbine, Winnenden). Der Massenmord - denn um nichts anderes handelt es sich - von Berlin ist meiner Ansicht nach darum eher ein Amoklauf und kein terroristischer/islamistischer Anschlag.




Anmerkung: Wie gesagt: Das alles ist hoch spekulativ und vielleicht habt ja ihr ja noch weitere Informationen.

0

Hörbuch

Über den Autor

ArnVonReinhard
Zweifler, Pessimist, Misanthrop ...

... ungefähr so:

"Nein, nein, ich habe nicht bewundernswert gesagt, ich sagte, ich bin außergewöhnlich. Das was ich tue, das was dir so viel bedeutet ... du meinst, ich tue es, weil ich ein guter Mensch bin? Ich tue es, weil es zu schmerzhaft wäre, es nicht zu tun. (...) Weißt du, es tut weh (...), alles das! Alles was ich sehe, alles was ich höre, rieche, berühre, die Schlussfolgerungen, die ich imstande bin zu ziehen, die Dinge, die sich mir offenbaren ... die Hässlichkeit. Meine Arbeit fokussiert mich. Das hilft. Du sagst, ich benutze meine Gaben. Ich sage, ich geh nur mit ihnen um."
(Sherlock Holmes; In: Elemantary)


Fantasy- und Schauergeschichten sind mein Ding, weil sich darin alles Menschliche verarbeiten lässt.
Und ob ich es will oder nicht, auch das Thema "Freundschaft" taucht immer wieder auf.
Aphorismen.
Ein weiterer großer Bereich, mit dem ich mich beschäftige, in Erzählungen und Nonfiction, ist das Thema Krieg.

Arn von Reinhard ist EU-Skeptikerkritiker und Medienkritikerskeptiker.


foto by and with permission of Evelyne Steenberghe from vlien.net

Leser-Statistik
11

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Herbsttag Richtig: Wir wissen es nicht. Und das sofort erst einmal ein anderer verhaftet und befragt wurde zeigt doch die ganze Hilflosigkeit unseres Staates. Es wäre doch so schön gewesen, einen schnellen Erfolg vorzuweisen. Da wir ja immer nur das erfahren, was wir auch wissen sollen (in wieweit es zuftrifft??) wage ich keine Prognosen. Was bleibt uns? "Abwarten und Tee trinken", sagte schon meine Großmutter und damit hat sie doch bis heute recht, oder etwa nicht? IvB
Vor langer Zeit - Antworten
ArnVonReinhard Du hast in so fern recht, dass das medial Gewitter - ganz gleich ob in den "klassischen" oder den "Sozialen" Medien - in keinem Verhältnis zu den wirklichen Erkenntnissen stand. Die hätten wahrscheinlich in einen 5-minütige Sendung gepasst - und passen vielleicht immer noch in wenige Minuten. Das dieses Gewitter dennoch stattfand, zeigt, dass es da ein echtes Bedürfnis gab/gibt. Warum dem so ist, sollte man, mit etwas Abstand, mal genauer beleuchten, auch wenn ich mir davon keine Veränderungen verspreche.

Ich habe halt versucht, mit dem, was ich weiß - über die Tat, den mutmaßlichen Täter und mithilfe meinen amateurhaften psychologischen/forensisch-psychologischen Kenntnissen - mir ein Bild zu machen und bin zu dem gekommen, was ich geschrieben habe. Dabei bin ich mir sehr wohl bewusst, dass es Spekulationen sind und alles ganz anders sein kann.

LG
AvR
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Das ist doch in Ordnung. Ich fand die vielen Sondersendungen, wo ständig alles von Neuem durchgekaut wurde, völlig daneben. So ist unsere Zeit: alles muss schnell, sofort... Die Kinder lernen schon, dass man auf nichts mehr warten braucht. Wie schade. Lass es Dir trotz allem gut gehen. Ira
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks so abwägig sind deine Gedanken nicht. Zumindest auf der Basis der vorhandenen Infos ein interessantes Profiling.
Doch darf es nicht dazu führen, das wir nun sagen: "Ach der Arme! Opfer seiner Umwelt."
Nein, denn jeder trägt Verantwortung für sein Leben.
LG vom Tintenklecks
Vor langer Zeit - Antworten
ArnVonReinhard Ich möchte das nicht als Entschuldigung verstanden wissen. Darum habe ich auch das Wort "Massenmord" verwendet.Ich persönliche finde es stärker als z.B. Terrorismus, aber das mag Geschmackssache sein.

Doch gerade jetzt, wo der mutmaßliche Täter tot ist, sind Erklärungen wichtig und das habe ich versucht: Ich wollte eine Erklärung anbieten. Durch eine Prozess wird es ja nun keinen Rechtsfrieden mehr geben, was nicht gut ist - obwohl es bei so einer Tat, ganz gleich ob Amok oder Anschlag, ja grundsätzlich eher unwahrscheinlich war, das der Täter lebend gefasst wird.

Ich bin tatsächlich der Meinung, dass Amri gravierende psychologische Probleme hatte. Das bedeutet aber nicht, dass ich ihn für schuldunfähig halte. Er wusste sehr wohl was er tat, dass das, was er tat, falsch war - hätte jemand anderes so etwas jemandem angetan, den er kennt, wäre er ermpört gewesen - und er, vereinfacht gesagt, zwischen gut und böse zu unterscheiden vermochte.

Nun, wo er tot ist, werden wir jedoch in vielen Punkten auf Spekulation angewiesen bleiben, so wie ich es hier getan habe.

LG
AvR
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
5
0
Senden

149737
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung