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Emotionale Misshandlung

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"Emotionale Misshandlung"
Veröffentlicht am 16. Dezember 2016, 14 Seiten
Kategorie Ratgeber
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Emotionale Misshandlung

Emotionale Misshandlung

Ich möchte euch heute meine Geschichte erzählen. Viele von euch werden sie nicht verstehen, werden sagen ich bin dumm und selbst schuld, aber an euch ist diese Geschichte nicht gerichtet. Ich erzähle sie für all die Menschen, die sich in der gleichen Situation befinden wie ich mich befunden habe, oder in einer ähnlichen. Wenn ich nur einem Menschen damit helfen kann, dann hat es sich gelohnt. Zunächst sollte ich euch ein bisschen etwas über mich erzählen. Ich bin Lea, heute 19 Jahre alt und eigentlich ein ganz normales Mädchen. Ich habe zwei Eltern die mich lieben und Geschwister

mit denen ich mich gut verstehe, bin vielleicht nie das beliebteste Mädchen der Schule gewesen, aber hatte immer gute Freunde. Ich war immer gut in der Schule und konnte gut mit Lehrern. Bin eher ein Kopf- als ein Herz-Mensch und hatte bis ich 16 Jahre alt war ein ganz normales "Liebesleben", wenn man das in dem Alter so nennen kann. Es fällt mir sehr schwer mich an alles was in den letzten 3 Jahren passiert ist zu erinnern, aber ich möchte es versuchen. Begonnen hat alles als ich etwa 16 Jahre alt war. Der erste große Liebeskummer gerade mal so irgendwie überwunden und

in einer leicht depressiven Teenager-Phase. So suchte ich Zuflucht im Internet, oder war es einfach nur Neugierde? Ich kann es heute nicht mehr so genau sagen. Was ich aber weiß ist, dass ich in alle Gespräche immer mit dem Vorsatz hineingegangen bin, niemanden an mein reales Leben heran zu lassen. Das ging auch einige Zeit gut, bis ich ihn traf. Ein Junge, zwar ein paar Jahre älter als ich, aber wir verstanden uns von Anfang an sehr gut. Ich konnte ihm mein Herz ausschütten, er verstand mich und hörte mir zu. Wir sprachen Stunden lang über Politik, Menschen und Kulturen. Mir gefliel es mal über ernstere Themen sprechen zu können, da

die meisten meiner Freundinnen sich für nichts anderes als Jungs und Schminke interessierten. Doch schon bald merkte ich, dass er mich begann zu bedrängen. Er wollte immer öfter wissen wo ich bin und was ich mache. Das erste gravierende Ereignis war ungefähr 2 Wochen nachdem ich ihn kennengelernt habe. Meine Familie und ich hatten einen Theaterbesuch geplant und ich dachte nicht groß darüber nach und ging hin. Während ich unterwegs war bekam ich eine Nachricht von ihm. Ich antwortete ganz kurz und knapp ich wäre unterwegs und würde mich später melden, dann stellte ich mein Handy auf stumm, wie man es im Theater eben Macht. Doch als

ich nach der Aufführung auf mein Handy sah waren da sicher 50 Nachrichten. Richtig panisch war er geworden und hatte mich aufs übelste beschimpft. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte, heute ist mir klar ich hätte schon da den Kontakt abbrechen müssen, doch ich schrieb ihm eine Nachricht um mich zu erklären. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass er sehr gut mit Worten ist und einem jedes Wort im Mund umdreht wenn er möchte. Also schaffte er es nach einer langen Diskussion mich soweit zu bringen, dass ich ihn anrief und mich weinend bei ihm entschuldigte. Nach diesem Abend hatte er mich und

das wusste er auch. Er brachte mich dazu ihm immer mehr über meine Familie und meine Freunde zu erzählen und benutzte alles was ich sagte um diese schlecht zu machen. Er machte mir weiß sie würden mich bevormunden und mich nicht für voll nehmen, was da ich gerade mal 16 Jahre alt war einfach nur eine normale Form der Erziehung war. Dennoch lies ich mich von ihm einwirken und wir telefonierten und schrieben jeden Abend bis spät in die Nacht. Was natürlich zur Folge hatte, dass ich tagsüber todmüde war und mich nicht mehr auf die Schule konzentrieren konnte. Da er noch immer zuhause lebte und keinen Job hatte war ihm das aber völlig egal, im Gegensatz

zu meinen Eltern, die das natürlich mitbekamen. Irgendwann reichte es ihnen und sie kamen mit der Regel ich sollte ab 23 Uhr meinen Laptop und mein Handy vor mein Zimmer legen und schlafen gehen. Das gefiel ihm aber ganz und gar nicht. Er übte so lange Druck auf mich aus, bis ich mich bereit erklärte mit meinen Eltern nocheinmal darüber zu streiten. Es war der schlimmste Streit meines Lebens und er endete damit, dass mein Vater wie er mir später sagte, meine Erziehung beendete. Von dem Punkt an ging es nur noch bergab. Meine Freunde machte er mir auch jeden Tag weiter schlecht. Ich ging nur noch

zur Schule, kam nachhause, redete mit ihm und das wars. Tägliche Streitpunkte waren meine Eltern, meine Freunde, die Tatsache, dass ich weiterhin zum Jazzdance ging und das schlafengehen. Heute bin ich unglaublich dankbar, nicht nur für meine Eltern, sondern auch für meine Freunde, die trotz all den Dingen die ich in dieser Zeit gesagt und gemacht habe immer noch zu mir stehen. Ich könnte unendlich viele Geschichten erzählen in denen ich abends einfach aus Bars stürme oder nicht zu Geburtstagen komme, weil er es so verlangt hat. Doch ich möchte auch nicht zu sehr ins Detail gehen.

Eine Geschichte möchte ich jedoch noch erzählen, bevor ich vorerst zum Ende komme. Wie schon erwähnt war eines der vielen Probleme die wir hatten, das schlafen. Irgendwann führte er das Ritual ein, nachts oder abends gemeinsam, also gleichzeitig jeder vor seinem Computer Filme zu sehen. Doch durch den Schlafmangel und auch einfach weil es immer sehr spät war schlief ich immer wieder ein. Er ging dazu über mir alle 10-15 Minuten Kontrollnachrichten zu schreiben und wenn ich nicht antwortete, dann musste ich einen Großteil des Filmes nocheinmal schauen, solange bis

ich alles gesehen hatte. Doch auch dann war die Folter, ja ich nenne es Folter, noch nicht um, denn dann wollte er noch mindestens eine Stunde lang über den Film reden und dann noch ein bis zwei Stunden über seinen Tag oder was auch immer, da konnte es schon mal 6 Uhr früh werden. Ich hab natürlich auch mehrmals versucht die Beziehung zu beenden, doch er wusste immer alles so zu drehen, dass ich die böse und egoistische in der Geschichte war. Dann drohte er damit, sich selbst oder meine Familie zu verletzen und ich gab auf. Bis ich eines Tages einen Artikel über emotionalen

Missbrauch in Beziehungen gelesen habe. Er hat mir das was ich in meinem Innern schon lange wusste vor Augen geführt und da wusste ich sicher, dass es nicht mein Fehler war. Ich hab mich in Therapie begeben und mit Hilfe meiner Therapeutin nach fast 3 Jahren in dieser Beziehung alle Brücken zu ihm eingerissen. Heute bin ich wieder in einer Beziehung, doch diese basiert auf Vertrauen und nicht auf Kontrolle. Er gibt mir den Raum den ich brauche und respektiert meine Freunde und Familie. Doch trotzdem, ist all das nicht spurlos an mir vorbei gegangen. Wenn mein Handy mehr als einmal klingelt hüpft immer noch

mein Herz und nachts wache ich immer noch hin und wieder voller Angst bei einem Film eingeschlafen zu sein auf.

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VerbranntAsche

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myriama Vielen Dank für deinen ehrlichen Beitrag, Vom emotionalen Missbrauch ist man auch im Alter nicht geschützt, da Abhängigkeiten entstehen, die man nicht so leicht auflösen kann.
Liebe Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
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