Die Weihnachtsüberraschung
„Egon ??!! „Wenn Käthe seinen Namen so aussprach , witterte Egon Ärger. Vorsichtig lugte er über die Zeitung hinweg zu seiner Frau. Konnte sie ihn denn nicht einmal in Ruhe seine Sportnachrichten zu Ende lesen lassen......
Noch einmal , diesmal schon etwas ungeduldiger „Egon
!!!!“
Seufzend legte Egon die Zeitung beiseite und schaute erwartungsvoll seine Frau an.
„Ich habe gerade überlegt, was wir am 2. Feiertag zu Mittag essen wollen!“
Egon runzelte die Stirn. Als ob ihn so profane Dinge interessierten ! Seine Frau kochte gut und er konnte sicher sein, dass Weihnachten bestimmt etwas Leckeres auf den Tisch kam. „Die Kinder kommen morgen
übrigens schon um 15.00 . Sie möchten am Abend mal wieder bei sich zu Hause sein.“
Er seufzte. Das bedeutete für ihn, dass er den Baum schon morgens aufzustellen hatte. Käthe hatte immer schon eine besondere Art ihm Unannehmlichkeiten durch die Blume zu sagen. „Und Egon, es bleibt doch dabei, dass wir uns auch dieses Mal nichts schenken !“ Oh weh, da schrillten doch bei Egon
sämtliche Alarmglocken.
Immer wieder das Gleiche. Immer sagte Käthe ihm das und dann ?
Jedes Mal lag ein Geschenk für ihn unter dem Weihnachtsbaum, obwohl doch abgemacht war, keine Geschenke ! Und dann diese vorwurfsvollen und beleidigten Blicke die er den ganzen Abend über sich ergehen lassen musste. Denn er hatte sich natürlich an die Abmachung
gehalten.
Nein, diesmal sollte sie nicht die Genugtuung haben ! Diese Suppe würde er ihr tüchtig
versalzen. Gleich heute morgen wollte er in die Stadt fahren. Der Weihnachtsbaum,den sie sich gestern ausgesucht hatten, musste sowieso abgeholt werden, da konnte er das gleich miteinander verbinden.
Bloß, was schenkte man einer Frau wie Käthe ? Er war
wirklich ratlos. Eigentlich hatte sie doch alles was „Frau“ so brauchte. Seine ohnehin schon schlechte Laune hatte sich mit einem Schlage verdoppelt. Brummend schlurfte er zur Garderobe um seinen Mantel vom Haken zu nehmen. „Ich gehe dann mal die Tanne holen“ rief er seiner Frau zu „bin zum Mittag wieder da.“
In der Garage griff er zum Handy und rief seine Tochter an. Vielleicht hatte die eine
Idee, worüber sich ihre Mutter freuen würde. Doch wie könnte es auch anders sein , immer wenn er sie schon mal brauchte, war sie nicht da. Und die automatische Versicherung, dass sie sofort zurück rufen würde, konnte er erst recht nicht gebrauchen. Er fuhr los bis zur Stadt und lenkte sein Auto auf den nächsten Parkplatz. Ja, was kauft man nun ? Kleidung hatte keinen Sinn. Das musste sie
anprobieren und ihren Geschmack würde er mit Sicherheit nicht treffen.Ein Schmuckstück vielleicht ? Ach nein , er kannte Käthe zur Genüge. Dann musste er garantiert mit ihr zur nächsten Theateraufführung oder in einem teuren Restaurant mit ihr essen gehen. Sie hatte den Spleen, das Schmuckstück erst mal ausführen zu müssen. Sein Blick fiel auf die Litfaßsäule, die in großen Lettern die
nächste Premiere verkündete. „LaTraviata.“ Das war's ! Hatte Käthe ihm neulich nicht erst gesagt, dass sie so gerne diese Aufführung sehen wollte ? Dann hätte er doch gleich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Er könnte an dem Tag mal wieder mit Erwin um die Häuser ziehen. Der Wirt von der „alte Spelunke“ hatte ihn auch schon länger nicht gesehen. Sein Blick hellte sich auf. Die Laune
verbesserte sich schlagartig. Ja, das war's, er war richtig stolz auf seine Idee. Schnell lenkte er seine Schritte zum naheliegenden Theater und kaufte eine Eintrittskarte. Er kaufte sogar den teuersten Platz. Sie sollte ihm ja nicht nachsagen, dass er geizig wäre. Nein, für seine Käthe war das Beste gerade gut genug. Jetzt noch den Baum, und gutgelaunt fuhr er wieder nach Hause.
Was sie wohl morgen für ein
Gesicht machen würde, wenn sie das sehen würde. Stillvergnügt grinste er in sich hinein. Kaum konnte er den morgigen Tag abwarten.
Wieder zu Hause begrüßte er seine Frau sogar mit einem Küsschen, was zur Folge hatte,dass sie argwöhnisch an seinem Atem schnupperte. Aber nein, er hatte keine Fahne.
Fröhlich verstaute er den Baum erst einmal auf dem Balkon.
Heiligabend war angebrochen. Egon machte sich gleich nach dem Frühstück daran den Baum aufzustellen. Er musste zugeben, noch nie hatte er so viel Spaß dabei gehabt. Sein „Oh Tannenbaum“ klang etwas disharmonisch, doch er sang es mit Inbrunst, während er den Baum schmückte. Wie ein kleines Kind freute er sich auf Käthes Gesicht, wenn sie das
Päckchen erblickte, das er schon hübsch in Weihnachtspapier verpackt unter den Baum legte. Zufrieden schaute er auf sein Werk. Ja, so konnte das Weihnachtsfest beginnen. Es läutete an der Tür, die Kinder kamen schon.
Er verbannte die ganze Familie erst einmal in die Küche und zündete die Kerzen an. Die Weihnachts- CD wurde eingelegt und nun konnte es
losgehen.
Voll freudiger Erwartung öffnete er die Tür. Alle fielen sich um den Hals und wünschten sich „Frohe Weihnacht“. Egon nahm sein Päckchen und übergab es Käthe und er glaubte sogar ein Tränchen der Rührung in ihren Augenwinkeln zu sehen.
Auch sie hatte , wie erwartet natürlich ein kleines Päckchen für ihn. Er dachte so bei sich, sicher wieder ein Gutschein für den Baumarkt
und öffnete ihn etwas gelangweilt. Und was fiel ihm da entgegen ?
2 Theaterkarten für „La Traviata !“
Im Hintergrund spielte die CD leise „O du fröhliche.“