Als Kind geschrieben...
Meine Klassenlehrerin gefiel mir. Ich saß direkt vor sie. Ich fühlte mich gemütlich in dieser kleinen Ecke zwischen dem Fenster und meinem Nachbarn und dem Tisch meiner Lehrerin. Sonnenstrahlen fielen mir auf das Haar, und die Blumen streichelten mich manchmal mit den langen Blättern, wenn ich schrieb. Die Lehrerin dachte, dass es für mich unbequem war. Deshalb schob sie oft den Blumentopf näher zum Fenster. Was ist der Unterschied zwischen Lehrern und Gott? Gott weiß alles, Lehrer wissen alles besser! Ich schaffte aber wieder Ordnung und die
Blätter streichelten mich wieder. Dort war auch diese dieser Heizungskörper. So warm und angenehm war es im Winter beim Unterricht die Hand auf sie (dagegen) zu pressen, während draußen der Schnee fiel, und wenn man wusste, dass in einigen Stunden deine ältere Schwester kommt, um dich abzuholen. Die beste Schwester auf der Welt.
Wir hatten Kunst. Die Klassenlehrerin wollte, dass wir die Winterlandschaft malen. Ich war gut beim Malen. Einige Kinder sammelten sich um mich herum und beobachteten, wie ich die Schneeflocken zeichnete. Ich fühlte mich wichtig und stolz. Da kam die Lehrerin und die Gespräche hörten auf. Sie gab mir einen Seitenblick. Ich
erwartete, dass sie mich loben würde. Tut sie aber nicht. Ich zeichnete weiter.
In der Pause legten alle ihre Bilder auf die Fensterbank, Zeichenbücher geöffnet, damit die Farbe sich abtrocknen konnte. Als ich mein Zeichenbuch wieder abholen wollte, fühlte ich, wie ein niederträchtiger Schmerz meinen Bauch durchströmte. Jemand schlug mich. Mit dem Bein. Ich sah mich ratlos um. Vor Schmerzen wurde es mir schwarz vor den Augen. Ich erkannte ihn aber an der Stimme. Das war Paul. Er war aber schon wieder anderswo mit seinen Kameraden. Sie lachten und bolzten. Ich fühlte wie der Schmerz sich verzog und stemmte meinen Oberkörper wieder hoch. Ich kämpfte die Träne nieder und schaute aus dem Fenster. Es schneite
immer noch. Dichte Flocken fielen auf die Erde und verschwunden im weißen Schnee. Und ich vergaß alles, ich vergaß den mitleidlosen Schlag. Das Gelächter hinter mich hörte auf. Ich weinte nicht mehr. Ich spürte die Batterie mit meinen kalten Händen auf. Ich bekam Gänsehaut. Alles war hell, schneeweiß und ruhig. Plötzlich hörte ich die Glocke. Meine Klassenzimmer. Blitzschnell fand ich Pauls Zeichenbuch, griff es und zerriss es. Jedes einziges Blatt, jedes Stück Papier wollte ich zerreißen. Die Lehrerin riss mir das Skizzenbuch aus den Händen. Ich hörte Paul. Ich hörte den anderen.
Ich saß jetzt am dritten Tisch, auch nicht mehr beim Fenster. Die Sonnenstrahlen fielen auf meinen Kopf nicht mehr, und die
Blumen streichelten jetzt die Schulter des anderen.
Aber der Schnee fiel.
Auch am nächsten Tag.
Und späterhin auch.