Nun sprach Gott:
"Es sammle sich das Wasser,
das unter dem Himmel ist,
zu einer Ansammlung,
und es erscheine
das trockene Land! (Gen.1;9)
Die Göttin erwacht auf der Totenbahre,
Sie fühlt nur Kälte und leblose Starre.
Der Gott zieht in Lichtbahnen seine Kreise
und vergnügt sich so auf seine Weise.
Die Göttin sieht sein göttliches Tun,
sie will keinen Tag, keine Stunde mehr ruhn.
Ihn kümmert es nicht, was die Alte tut,
da regt sich in ihrem Bauch die Wut.
Zuerst nur ein leichtes, müdes Beben
voll innerem Sehnen, innerem Streben.
Sie spürt, wie in Tiefen ein Feuer zuckt.
Sie weiß noch nicht recht.- Die Göttin schluckt.
Sie knirscht mit den Zähnen. Sie ist kaum bei Sinnen,
während die Fluten nach innen rinnen.
Die innere Glut stößt auf Wassermassen,
da muß die Göttin Dampf ablassen.
Sie schleudert Fontänen in die Höh',
Gott klagt überrascht: "Was ist denn - he?"
Die Göttin fängt an, ihren Felsleib zu schieben,
sich dehnen, sich strecken, mal hier und mal drüben.
Sie hebt sich empor aus den Wassertiefen
mit wildem Fluchen, Stöhnen und Schniefen.
Die Felsen krachen und knirzen und grollen,
und schon hört man welche zur Tiefe rollen.
Die Göttin sieht endlich dem Gott ins Gesicht,
doch Gott beachtet die Göttin nicht.
Da fangen die Gluten an zu wallen
und sich in der Tiefe zusammenzuballen.
Sie speit aus Vulkanen Feuer und Rauch
und schleudert sie ihrem Gott auf den Bauch.
Der Gott, nun von Asche und Ruß bedeckt,
ist ganz verdattert, er ist erschreckt.
Er beginnt nun seinerseits zu grollen
mit Blitzezucken und Donnerrollen.
Es wogen und toben Himmel und Land:
Ein wilder, ein göttlicher Kampf ist entbrannt.
Der Gott kämpft mit Feuer und Hagel und Stürmen,
die Erde mit Fluten und Felsentürmen.
So haben sie eins das andre erkannt,
die Erde den Himmel und Gott das Land.
Ganz plötzlich tritt wieder Ruhe ein
und die Erde sieht den Sonnenschein.
Da rührt sich was Neues in ihrem Bauch:
zuerst nur ein leises Wehen, ein Hauch,
dann ein Gluckern, ein Gurgeln, ein stoßweises Krachen.
Jetzt hört doch mal hin: Die Erde muß lachen.
Gott hört es - Er schaut ganz entgeistert drein -
Doch dann - stimmt er mit in das Lachen ein:
mit Sonne, mit Wärme, mit Windeswehn.
Habt ihr schon solches Lachen gesehn?
Die Erde wackelt und hält sich den Bauch
und spucken und schwitzen tut sie auch..
Ein Strom von Tränen rinnt ihr aus den Augen,
den Bäche und Flüsse zur Tiefe saugen.
Die Milch spritzt hoch aus den bebenden Brüsten
von Heiterkeit voll und von süßen Gelüsten.
Gott fängt das Wasser mit seinen Händen,
um es als Regen zurückzusenden.
Erst sprüht und prustet und spritzt er ganz wild,
dann nur noch sachte, gelinde, mild.
So wird die Erde allmählich still,
weil sie das Liebkosen genießen will.
Mit Felsenarmen greift sie zum Himmel empor
und ringsum singen die Fluten im Chor.
© Gerlinde File