Krimis & Thriller
Mordlust

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"Mordlust"
Veröffentlicht am 31. Oktober 2016, 10 Seiten
Kategorie Krimis & Thriller
© Umschlag Bildmaterial: longquattro - Fotolia.com
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Mordlust

Mordlust

Mordlust







von 

Anna Breinlinger









Es war Nacht. Die Dunkelheit war eingekehrt und nur der Mond, der eindrucksvoll am Himmel ragte, spendete ein mystisches Licht. Heute war der Tag gekommen – da war ich mir sicher. Langsam zog ich meine Decke beiseite und spürte kurz darauf den Boden unter meinen nackten Füßen. Ich würde keine Socken oder Hausschuhe anziehen. Schließlich wollte ich mich lautlos fortbewegen und brauchte einen guten Halt. Ich konnte schließlich nicht wissen, ob ich auf Widerstand stoßen würde. Langsam drückte ich die Türklinkte nach unten, was ungewöhnlich viel Krach zu machen schien. Doch bildete ich mir das wohl nur ein – meine Sinne waren

geschärfter als sonst. Da mir bewusst wurde, dass ich über die ganze Zeit die Luft angehalten hatte, atmete ich langsam ein und aus. Beruhigte mich, drosselte meinen Herzschlag. Ich musste bei klarem Verstand bleiben!

Das Haus war mit völliger Stille erfüllt – nur das gleichmäßige Ticken einer Uhr war zu hören. Meine Eltern waren nicht zuhause. Sie waren bei Freunden, sodass ich mit meiner Schwester alleine war. Meiner Schwester, die heute für ihre Taten büßen würde! Langsam schlich ich die Treppe hinunter und verlagerte mein Gewicht nur ganz zögerlich, damit die Dielen unter meinen Füßen möglichst wenig

Töne von sich gaben. Auch wenn die Geräusche für mich deutlich zu hören waren, würde meine Schwester davon nichts mitbekommen. Sie würde es nichts merken. Erst, wenn es viel zu spät war, würde sie verstehen. Ihre Augen würden sich vor Schreck weiten, doch würde sie nicht mehr handeln können. Ein süffisantes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, bei dieser befriedigenden Vorstellung. Ich erreichte die Küche, ging zielstrebig zu der ersehnten Schublade. Sie klemmte ein wenig – wodurch sie sich nur sehr schwer öffnen ließ. Insbesondere jetzt, da ich bedacht war möglichst leise zu sein. Dennoch gab

sie schließlich meiner Bemühung nach und öffnete sich unheilvoll. Das Objekt meiner Begierde fiel mir sofort ins Auge. Langsam aber entschlossen nahm ich das lange Messer heraus und hielt es in Richtung des Küchenfensters, damit ich es durch das hereinfallende Mondlicht besser begutachten konnte. Es war ein teures Stück, das meine Mutter von meinem Vater als Geschenk bekommen hatte. Ganz sachte fuhr ich mit einem Finger über die Klinge und vergewisserte mich ihrer bedingungslosen Schärfe. Es würde butterweich schneiden – das stand außer Frage! Ich würde diejenige sein,

die es führen würde. Eine prickelnde Vorfreude breitete sich in mir aus. Es würde nicht unbemerkt bleiben, jeder würde wissen, dass ich es getan hatte. Dennoch müsste man es mir erst einmal nachweisen! Ich war es einfach satt! Es gab keine Gerechtigkeit, immer konnte meine Schwester machen was sie wollte und musste sich keine Konsequenzen fürchten – doch heute war ich diejenige, die am längeren Hebel saß! Ich war diejenige, die zur Tat schritt und ich würde diejenige sein, die es zu ende brachte. Sachte öffnete ich die Tür. Dort lag sie. Auf einen Präsentierteller bot sie sich mir an und wartete auf das

Kommende. Wieder konzentrierte ich mich darauf Ruhe zu bewahren und zog ganz sachte die Decke beiseite, die schützend über ihr lag. Ihre zarte bleiche Haut kaum zum Vorschein, wofür sie nur zu beneiden war. Auch wenn ich mir sicher war, spürte ich wie meine Hände leicht zu zittern begannen. Ich hatte Angst. Ich wusste, dass es ein böses Erwachen geben würde, aber gab es kein Zurück! Ich setzte das Messer an und holte ein letztes Mal tief Luft, bevor ich mit aller Entschlossenheit ihr weiches Fleisch durchdrang.

Diesmal war ich diejenige, die das erste Stück ergattern konnte…



Happy Helloween :-)

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Anna92

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Kommentare
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Felix Und ich dachte schon.....super geschrieben. Erleichterte Grüße an dich
Vor langer Zeit - Antworten
LadyLy Liebe Anna,

ich merke schon, ich muss wohl mehr von Dir lesen, jedenfalls hat mich auch diese Geschichte zunächst gepackt und mir hiernach ein breites Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Einzig die sich "unheilvoll öffnende Schublade" habe ich im Text für mich als minimal zu viel des Guten empfunden. Insgesamt konnte es mich aber nicht aus dem Lesetakt bringen.

Herzliche Grüße
Ly
Vor langer Zeit - Antworten
Annabel Wie toll. Das ist genial geschrieben. Eine Freude, deine Geschichte zu lesen. Lieben Gruß an dich
Vor langer Zeit - Antworten
Anna92 Hallöchen, freut mich natürlich zu hören! Danke für deine Rückmeldung! :) LG Anna
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Na du bist ja gut!!!
Habe fast vergessen, Luft zu holen.
Klasse geschrieben und über den Spannungsbogen muss ich nichts sagen.
Lieben Gruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Anna92 Guten Morgen Sabine!
Wenn du die Luft angehalten hast, dann habe ich wohl alles richtig gemacht ;-) Ich bedanke mich fürs vorbeischauen und kommentieren und natürlich für die größte Freude, die man mir machen kann - ein Abbo :)!
Liebe Grüße,
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
hingekritzelt Auf der 2. oder 3. Seite stellte sich ein Grinsen ein, weil ich auch mit Geschwistern aufgewachsen bin. Und unsere Holztreppe knarrte nicht, wenn man an den Rändern lang schlich :Bis zur letzten Seite dachte ich eher an Haare abschneiden oder so etwas - umso überraschender die Torte!
Gut geschrieben, auch die Einzelheiten - Du hast das gemacht, was ich auch gerne tue - sich in der Phantasie voll reinfallen lassen in die Geschichte, sich genau vorstellen, was passiert, wie man sich fühlt, etc.
Idealerweise ist es dann drinnen und draußen vollkommen ruhig - weswegen ich z.B. gerne schreibe, wenn ich morgens sehr früh aufwache.
Daumen hoch und schönes Wochenende!
Liebe Grüße
Uli
P.S. Coins gehen noch nicht wieder
Vor langer Zeit - Antworten
Anna92 Liber Uli!
Ich bedanke mich vorab für dein langes Kommentar - ich habe eine Leidenschaft für lange Kommentare :-) Ich mir immer Geschwister gewünscht, aber leider wurde mir dieser Wunsch nicht erfüllt ;-) Also wenn mir jemand die Haare abschneiden würde ... das wäre fatal, ich bin sehr eitel ;-) Bei der Geschichte habe ich im Vergleich ziemlich wenig Zeit investiert, sie ist in meiner Mittagspause entstanden - hätte nicht gedacht, dass sie sich zu meinem Kassenschlager entwickelt. Mit Käsekuchen fängt man wohl Leser ;-) Das mit der Treppe hätte ich bedenken können. Ich war immer ein Angsthase und wäre nie nachts durch die Wohnung geschlichen ;-) Ich bedanke mich und natürlich auch für die Coins, die du mir bei der Geschichte "Wenn die Worte fehlen" hinterlassen hast!
Liebe Grüße,
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
silberfunke Gut geschrieben. Die Wortwahl fand ich richtig gut vorallem in der Verbidung mit dem Schlussbild. Ich musste schmunzel.

LG
Silberfunke
Vor langer Zeit - Antworten
Anna92 Hallöchen Silberfunke! Vielen Dank für dein nettes Kommentar und natürlich die netten Talerchen ;-) Wenn ich dich zum Schmunzeln gebracht habe, habe ich alles richtig gemacht! LG Anna
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