Als Inspektor Yagami und sein Assistent völlig außer Atem den vierten Stock erreichten, hatten sie die beiden Leichen auf der Treppe bereits hinter sich gelassen und standen nun den beiden auf dem Flur gegenüber. „Die Art, wie sie zugerichtet sind, ähnelt der Vorgehensweise von Chaos Valentin“, stellte der Assistent fest. Yagami nickte und zog seine Waffe aus dem Halfter. „Wie konnten wir nur so dumm sein. Wir hatten Chaos und haben ihn nicht erkannt“, ärgerte sich Yagami im Stillen. Dann schüttelte er den Kopf. Auch wenn es ärgerlich war, musste er
seinen Kopf frei halten für das, was als nächstes kam. Chaos konnte noch immer in dem Raum und bewaffnet sein. Vorsichtig näherten die Männer sich der Tür, warteten kurz und stellten sich dann mit erhobener Waffe in die offene Tür – nur um festzustellen, dass der Raum, zwar vollkommen verwüstet, aber leer war. Sie sahen sich überall um und obwohl Yagami wusste, dass sie Mrs. Fujikage soeben auf dem Hinterhof gefunden hatten, hoffte er sie hinter einem der Tische zu finden. Da ließ ihn das Aufheulen eines Motors zusammen zucken. Er lief zum Fenster und sah auf der Straße vorm Präsidium einen metallic blauen Lamborghini davon
fahren. Yagami knirschte mit den Zähnen. Er kannte diesen Wagen nur zu gut. Er war immer wieder in illegale Rennen verwickelt und bei zahlreichen Überfällen gesichtet. Doch niemand hatte jemals den Fahrer gesehen und ein Nummernschild war auch nicht vorhanden, jedenfalls kein nicht gefälschtes. „Was werden wir nun tun?“, fragte der Assistent und riss den Inspektor damit aus seinen Gedanken. Dieser fuhr herum und sah den anderen zuerst verwirrt an. Doch als seine Gedanken sich gesammelt hatten beschloss er: „Wir werden das Fahndungsbild aktualisieren. Chaos hat sein Aussehen drastisch
geändert, dass darf nicht ignoriert werden.“
Während der ganzen Fahrt hatte niemand gesprochen. Das Auto in dem wir saßen war stark und schnell und komischer weise auch bequem. Ich hätte viel vorsichtiger sein sollen, damit Zecke und Smoke diese Seite von mir nicht sahen. Doch diese Frau hatte meine Aufmerksamkeit voll auf sie gezogen. Es war so faszinierend gewesen wie ängstlich sie auf einmal gewesen war. Und auch wenn Zecke gesagt hatte, dass es ihnen nichts ausmachte, dass sie wären wie ich – so konnte ich es ihnen nicht wirklich glauben, denn bis jetzt haben alle Menschen zu mir gelogen. Ich
hörte, wie wir von der Straße auf einen sandigen Weg bogen und kurze Zeit später zum Stehen kamen. „Komm Chaos, wir sind zu Hause“, sagte Zecke, nachdem er die Tür auf meiner Seite geöffnet hatte. Ich stieg aus und drehte den Kopf. Wir waren wirklich dort, was Zecke sein zu Hause nannte. Keine Falle, kein Hinterhalt. „Chaos, kommst du mit auf die Krankenstation? Ich will mir deine Augen noch einmal ansehen und schauen, dass alles wieder ok ist nachdem du gestern ja beinahe umgefallen warst“, meinte Smoke und tippte gegen meinen Arm, damit ich wusste wo er stand. Ich drehte mich zu
ihm um und folgte dem Geräusch seiner Schritte. Ich war beinahe umgefallen? Was meinte er damit?
Auf der Krankenstation zeigte Smoke Chaos ein Bett auf dessen Kante er sich setzten sollte. Der 18 – Jährige tat wie ihm geheißen und Smoke suchte sein Equipment zusammen. „Ich werde jetzt dein T-Shirt hoch ziehen, damit ich deinen Torso abhören kann, ok?“, fragte der Arzt und setzte sich auf einen Hocker mit Rollen. Chaos nickte und sah in Richtung Fenster. „Sag mal, wie hat es sich für dich angefühlt, als du gestern ohnmächtig geworden warst?“, fragte Smoke scheinbar beiläufig. Chaos runzelte die Stirn und dachte kurz nach. „Es war die Dunkelheit, die mich wie
schwarzes Wasser umspült hat. Erst nur die Beine, aber stieg immer höher und hat mich weggerissen. Wieso?“, schilderte Chaos. Smoke sah erstaunt aus. Der Punk wusste also den Unterschied zwischen Hell und Dunkel und hatte wohl auch schon mal Farben gesehen. „Und was war danach? Nur Dunkelheit oder irgendetwas anderes?“, fragte er weiter und zog Chaos´ T-Shirt wieder runter. Dann kritzelte er etwas auf einen Block. „Ich weiß nicht genau was es war, aber so wie bewegte Bilder. Ich glaube, es waren meine Erinnerungen an vorher. Wo sie mich eingesperrt hatten. Diese Frau, sie war da - und hat mir sehr wehgetan. Deshalb
wollte ich mich Rechen. Sie sollte genau so leiden, wie ich damals“, erklärte Chaos. Smoke setzte sich wieder vor Chaos und warnte ihn vor, dass er sich jetzt seine Augen ansehen würde. Beim ersten Kontakt zuckte Chaos zurück, doch dann hielt er still. „War ihr tot Absicht?“ Kurzes Schweigen. „Nicht so wie ihr es gesehen hattet. Sie sollte eigentlich mehr leiden, aber Zecke hat mich erschrocken und ich habe sie fallen lassen“, gestand Chaos. „Ich glaube du bist ein guter Kämpfer und ein noch besserer wenn du sehen könntest“, wechselte Smoke das Thema. „Ein Kumpel von mir entwickelt spezielle Kontaktlinsen in die kleine Monitore
installiert sind. Ich glaube solche können wir auch an deine Augen anpassen“, erklärte der Arzt und schrieb erneut auf dem Block. „Aber ich bin blind“, erwiderte Chaos unsicher. „Er weiß also, dass es nicht natürlich ist“, dachte Smoke und meinte dann: „Deine Erblindung ist besonders, denn deine Nerven sind vollkommen intakt. Sie müssen irgendwas gemacht haben, damit du nicht sehen kannst und das können wir mit den Kontaktlinsen beheben“, erklärte Smoke. Er war erstaunt, wie viel leben und Aufregung sich auf Chaos´ Gesicht ausbreitete. „Aber für heute ist erst einmal genug. Und bitte nicht wieder herum wandern, wenn alle
anderen schlafen. Es war verdammt schwer dich zu finden“, meinte Smoke und half Chaos sich hinzulegen. „Bis morgen.“