Pipin und der Drache
Wenn wir ganz Doll suchen würden, dann könnten wir in der Weite des Ozeans eine kleine Insel finden. Dort war es tropisch warm. Die Insel war bewaldet und hatte auch einen wunderschönen Sandstrand.
Der einzige Bewohner der kleinen Insel war Herr Pipin Semmelmann. Er hatte sich direkt am Strand auf Stelzen ein kleines Haus aus Holz gebaut. Es hatte sogar eine Veranda und das Dach aus Palmblättern war
wetterfest. Es hielt sogar bei den tropischen Regengüssen, die leider ab und an vorkamen. Gerade hatte Pipin ein Buch zur Hand. Es war ein Lehrbuch.
Herr Semmelmann hatte es selbst verfasst. Es
war ein Buch, das dem Deutsch-Unterricht diente. Es dauerte auch nicht lange, da kam sein einziger Schüler herbei. Genauer gesagt, kam er angeflogen. Der Drache landete vor dem Häuschen.
"Na", sagte Pipin, "Herr Poldi Feuerstoß sind heute ausnahmsweise einmal pünktlich."
Der Drache peitschte mit dem Schwanz. „Aber diethmal bitte nicht wieder tho eine thwere Unterrichtsthunde.“
Pipin schüttelte den Kopf. Mit Poldi gab es wirklich ein Problem. Weil er eine gespaltene Zunge hatte, wie ein Schlange, da fiel ihm das S so schwer. Der Drache machte schon Fortschritte, aber Herr Semmelmann war der Meinung, dass noch einiges an Arbeit vor ihm läge.
„Heute lassen wir es mal ganz langsam angehen.“ Der Drache nickte. „Los wiederhole was ich gesagt habe!“
Der Drache schüttelte sein Haupt.
„Poldi mag nicht.“
„Wie bitte?“ „Poldi muth dringend etwath erthählen.
"Der Vulkan“, zischte Herr Feuerstoß aufgeregt. „Er thpuckt. Thpuckt mehr, alth früher.“
Herr Semmelmann erhob sich und schob an seiner Brille herum.
„Da muss etwas geschehen“, sprach er. „Wath denn?“
„Wir müssen den Vulkan putzen.“
„Puthen?“
„Na ja, wenn ein Haus einen Schornstein hat,
dann verrust der mit der Zeit und dann muss ein Schornsteinfeger ihn putzen. Da nimmt er einen Besen und fegt, bis alle Asche nach unten gefallen ist. Dann kehrt man die Asche heraus und gut ist’s.
„Athe fällt immer nach unten?“
„Immer!“
Der Drache probierte es aus. Er prustete einen Feuerstoß. Das Blatt, das er entflammt hatte, zerfiel augenblicklich zu Asche. „Thtimmt“, meinte Poldi, als er die schwarze Asche am Boden betrachtete.
„Lass den Unfug, Herr Feuerstoß! Komm! Wir sehen uns das mal aus der Nähe an."
Sie wanderten durch den Dschungel, an der Wasserquelle Griselda vorbei und gelangten schließlich zum Fuß des Vulkans.
Pipin sah hinauf.
„Tja, kein Zweifel. Er raucht.“
"Thag ich doch“, grummelte der Drache. „Poldi, zeige doch mal Deine Krallen.“
„Poldi hat Pfoten gewaschen, weil es doch bald Essthen gibt.“
„Das ist jetzt nicht wichtig.“
„Doch!“
„Nein, weil du nämlich jetzt graben musst. Hier.“ Pipin zeigte auf den Felsen.
„Ich darf mich richtig schmutzig machen?“ „Ja!“
Da freute sich der Drache und spuckte Feuer, damit der Felsen aufweichte und grub. Bei Drachen geht so etwas rasend schnell. Bald hatte Herr Feuerstoß schon ein tiefes Loch in den Berg getrieben.
„Pass auf“, rief Herr Semmelmann noch von draußen. „Wenn Du auf Lava stößt, dann wird es heiß!“
„Macht einem Drachen nichts“, rief Poldi zurück und schaufelte weiter.
„Halt! Stopp“, rief Pipin. „Wenn wir auf Lava stoßen, dann muss sie abfließen können.“
Der Drache kroch aus der Tiefe der Höhle wieder nach draußen.
„Pass auf, puste mal in diese Richtung. Da ist es schön abschüssig. Da kann dann die Lava ins Meer fließen.“
Herr Feuerstoß pustete und bald hatten sie eine prima Schneise bis zum Meer hergestellt.
„Jetzt“, rief Pipin und dem Drachen gelang tatsächlich der Durchbruch.
Auf der glühenden Lava spülte es ihn nach draußen und Semmelmann musste Abstand halten, so heiß floss die Lava. Wie die Menschen im Meer, badete und planschte der Drache im Lavafluss.
"Macht Thpathth!"
Pipin sah nach oben. Tatsächlich, der Vulkan hatte zu rauchen aufgehört. Und die Lava lief ins Meer hinab, wie auf einer Rolltreppe.
Doch da traute Pipin seinen Augen nicht. Am Horizont tauchte ein Schiff auf. Verflixt! Menschen!
"Wath itht loth?"
„Menschen, Poldi, wir müssen etwas unternehmen.“ „Ich kann thie ja mit einem Feuerstoß anzünden, oder dath Schiff.“
„Das ist keine gute Idee. Da werden sie
neugierig und kommen erst recht. Dann kommen immer mehr, dann bauen sie alles zu und unsere schöne Insel wird kaputt gemacht. Ich habe schon eine Idee. Du fliegst dort rechts hinüber und pustest hinter der großen Wolke da. Ohne Feuerstoß, wenn ich bitten darf. Nur pusten.“
Poldi nickte und hörte aufmerksam weiter zu. „Wenn sie dann direkt über dem Vulkan steht, pustest du sie in den Vulkankegel hinein. Richtig hinein stopfen. Schnell, beeile Dich!“
Es dauerte keine halbe Stunde und Poldi hatte es geschafft. Der ganze Vulkankegel war wie mit fester, weißer Zuckerwatte ausgestopft.
„Jetzt nur noch in den Höhlengang, Poldi. Da legst Du dich auf den Rücken und speist
Feuer, wie Du noch nie Feuer spien hast.“
Poldi lag auf dem Rücken, holte tief, tief Luft und pustete Feuer, wie er noch nie Feuer gespuckt hatte. So puffte die ganze große Zuckerwattenwolke aus dem Vulkan heraus. Weiß war sie und doch feurig. Der Zuckerwattenwolkenpilz stieg hoch hinaus. Immer höher. Blitze zuckten.
Der Drache kam hechelnd und erschöpft wieder aus dem Höhlengang heraus.
„Hurra, Hurra“, rief Pipin. „Sie sind darauf herein gefallen. Sie drehen um! Die glauben, dass gleich die ganze Insel in die Luft fliegt. Unsere Insel ist gerettet“, lachte Pipin glücklich.
„Und das haben wir nur Dir zu verdanken!“
Da war der Drache sehr geschmeichelt.
„Und weil Du so fleißig und lieb warst, fällt die Deutschstunde für heute aus. Besonders, weil Du doch ein paar Mal das S richtig ausgesprochen hast, wie mir aufgefallen ist.“
„Danke“, sagte der Drache. „Das ist schön.“