Romane & Erzählungen
DIE BESTIE - Roman - 19 Verhext!

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"Bei Steinen, da ist es dunkel ..."
Veröffentlicht am 26. Oktober 2016, 16 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Zweifler, Pessimist, Misanthrop ... ... ungefähr so: "Nein, nein, ich habe nicht bewundernswert gesagt, ich sagte, ich bin außergewöhnlich. Das was ich tue, das was dir so viel bedeutet ... du meinst, ich tue es, weil ich ein guter Mensch bin? Ich tue es, weil es zu schmerzhaft wäre, es nicht zu tun. (...) Weißt du, es tut weh (...), alles das! Alles was ich sehe, alles was ich höre, rieche, berühre, die Schlussfolgerungen, die ich ...
Bei Steinen, da ist es dunkel ...

DIE BESTIE - Roman - 19 Verhext!

Was bisher geschah ...

1768. Seit zwei Jahren geht in der Grafschaft Werrentheim eine Bestie um, tötet wahllos Menschen. Eine Jagd ist nur zum Schein erfolgreich. Der König beauftragt Erik von Berensiel, dass er dem mörderischen Treiben ein Ende setzt. Der Empfang beim Grafen ist wenig freundlich.Von Doktor Himmelblau bekommt Erik einige Papiere. Es gelingt ihm, den Vater des ersten Opfers zu retten, doch von dem kann er nichts erfahren. Auf einem Ausritt lernt die Tochter des Grafen und dessen Sohn näher kennen, wird mit einer seltsamen alten Frau konfrontiert. Dann kommt ihm eine Erkenntnis: Die Bestie ist ein Mensch! Sie schlägt wieder zu, reißt Helene Ümmler! Nur mit Mühe befreit er die seltsame Frau aus den Lynchhänden eines Mob,bespricht sich danach mit Moritz von Werrentheim und dem Strohkarl.

19 Verhext!




Er hatte die gutmütige Stute so an den tief herabreichenden Ast eines Baumes gebunden, dass sie jederzeit den Kopf senken und grasen konnte. Die ersten Vorboten des Abends krochen bereits über den Himmel. Eigentlich hatte Erik hier früher herkommen wollen, doch viele Dinge hatten an diesem Tag mehr Zeit in Anspruch genommen, als es beabsichtigt war. Der Graf hatte nach ihm gerufen, nur um in dann sehr lange warten zu lassen. In der Gegenwart von Brecht Killian war ihm allerdings nichts anderes eingefallen, als Erik schwere Vorwürfe wegen dem erneuten Zuschlagen der Bestie zu machen - als sei der selbst das Monstrum. Danach hatte ihn Amarant zu einem heimlichen Mittagessen in

einem der vielen ungenutzten Räume des Schlosses eingeladen und dem war er sehr gerne nachgekommen. Der frische Seefisch war majestätisch zubereitet worden und die Kartoffeln, die Erik zum ersten Mal in seinem Leben aß, passten dazu und schmeckten überraschend gut, galten sie doch als eine Speise für jene, die nichts oder noch weniger hatten. Der Weißwein tat sein übriges dazu.

Während des Mahls und auch noch danach erzählte Amarant mit glänzenden Augen von ihrem Aufenthalt in der Hauptstadt *. Die Universität kam dabei nur am Rande vor, doch voller Begeisterung erzählte sie von den höheren Kreisen, geheimen Festen und den wunderbaren Bauwerken, die es dort zu bewundern gab. Bei Letzteren spielte ihr die Erinnerung einen kleinen Streich, denn sie beschrieb Erik solche, von denen dieser mit Sicherheit - immerhin war er erst vor wenigen Wochen dort gewesen - wusste, dass sie anders

aussahen oder gar in anderen Städten standen. Von manchen hatte er sogar noch nie gehört. Ihren vorgeblichen Theaterfreund samt klammer Kasse oder den Brand erwähnte sie mit keinem Wort, aber das war ja auch nur einer Geschichte, welche die anderen sich erzählten.

Amarant war eine begabte Erzählerin und weil er ihr ebenso gerne zuhörte, wie er sie ansah, fiel es Erik schwer, sich von ihr zu lösen. Doch es war notwendig, schließlich hatte er sich noch einiges vorgenommen. Zum Abschied küssten sie sich und Amarant presste ihren zarten Körper gegen den seinen.

Trudwin Ümmler und die alte Frau schliefen ruhig und schienen sich, nach den Worten des Strohkarls, zu erholen. In Werrentheim bestätigte Doktor Himmelblau das. Er machte Erik sogar Hoffnung, dass Trudwin Ümmler wieder ganz genesen würde und reden könnte - irgendwann.

Dank den umgeschnallten Pistolen und dem

Entermesser an Eriks Seite bestätigte der Wirt der Goldenen Hirschkuh das, was Karl Jülich über den Abend mit und die Worten von Hinrich von Leffersingen erzählt hatte. Nicht das Erik Zweifel gekommen waren.


Und nun stand er vor dem alten Gemäuer!


Ein Wind, so unschuldig wie die kommende Nacht, ließ das Laub der Bäume rascheln, was trotzdem wie eine finstere Sinfonie für die dunkle Ruine klang. Teile der Mauern waren geschwärzt, wohl von einem Feuer, das hier einst gewütet hatte, während andere einfach der Macht der Zeit nicht hatten widerstehen können. Verwittertes wechselte sich ohne Sinn und Verstand mit gebrochenem Stein ab. Es war gedrungen und herrschaftlich gebaut worden, fein und auf Ordnung bedacht und grob. Welchem Zweck diese Bauwerk einst erfüllt hatte, vermochte Erik nicht zu erkennen, doch

es war erstaunlich groß und damals schon in dem Wald gelegen, was ihn erstaunte, denn weder eine versteckte Burg noch eine verborgenes Schloss ergaben irgendeinen Sinn. Er schüttelte den Kopf, doch auch auf den zweiten Blick blieb das Gemäuer groß und die verschiedenen Teile waren in unterschiedlichen Zuständen. Ein seltsam schlanker Turm stand sogar noch so da, als sei er gestern erst verlassen worden. Erik zog sein Entermesser um sich einen Weg durch ein weites Brennnesselfeld zu bahnen und erreichte eine Mauer an der Stelle, an der ein Einschnitt fast bis auf den Boden reichte. Vorsichtig betrat er die Ruine. Dabei musste er über einen großen, ansteigenden Haufen loser Steine klettern. Das Geröll gab unter seinem rechten Fuß nach, er rutschte aus, stieß sich schmerzhaft das Knie und fluchte gotteslästerlich. Auf der Spitze des Haufens angekommen, sah er zu seiner Linken einen tiefen Abgrund, dessen Boden schwarz

und nicht auszumachen war. Also wandet er sich nach rechts. Dort waren die Reste einer Treppe, die ihn ein Stück weiter nach oben führte. Sie endete im luftigen Nirgendwo, doch nur einen kleinen Sprung weit entfernt war eine breite Mauerkrone. Dort landete Erik mit einem fröhlichen Aufschrei, der eine alte Eule aufwecke. Der Nachtvogel flog schimpfend auf und begab sich auf seine verfrühte Jagd. Erik blicke ihm nach, bis er zwischen den Bäumen des Waldes verschwunden war. Dann schaute er sich um.

Er stand nun mitten in dem, was einmal der Westflügel gewesen sein musste. Auf seiner rechten Seite, in einem großen Raum, wuchsen nun riesige Farne und sogar ein kleiner Baum, der sich gegen diese behauptete. Neugierig ging er weiter. Die Mauer, auf der er unterwegs war, endete vor etwas, was ein Verbindungsgang zwischen dem Westteil und dem Rest des Baus gewesen sein musste. Um weiterzukommen,

sprang Erik herab und kam wieder nur mit seinem Entermesser weiter. Irgendein Tier, dass hier zuhause war, scheuchte er auf und es wich nur protestierend, was wie ein alter verrosteter Türriegel klang. Kurz darauf folgte ein metallenes Knacken, doch woher das kam, konnte Erik nicht ausmachen.

Durch ein Tor ohne Balken betrat er den Hauptteil der Ruine und über einen mit Gras bewachsenen Hügel und eine eingestürzte Tür gelangte er in etwas, dass vielleicht einmal eine Empfangshalle gewesen war. Hier entdeckte Erik auf der linken Seite einen Durchgang, der in eine Dunkelheit zu führen schien. Mit dem Entermesser in der Hand trat er ein.

Seine Augen brauchten einige Zeit um sich an das wenige Licht zu gewöhnen und auch dann konnte er nur Schemen und Schatten erkennen. Mit der Hand an der rechten Wand tastetet er sich vorwärts. Er war noch gar nicht weit vorgedrungen, als ein ohrenbetäubendes Quieken

ihn zusammenfahren ließ. Etwas wie von Leder traf seinen Kopf, wieder und wieder, bis er sich auf die Erde warf. Er lag auf dem Rücken, sein Atem ging schnell, in der Rechten hielt er das Entermesser und in der Linken eine der beide doppelläufigen Pistolen, die er gezogen hatte. Der Lärm ließ nicht nach, aber dennoch musste Erik nach einigen Augenblicken lachen. Langsam kroch und ging er zurück in die Richtung aus der er gekommen war. Wäre er eine Fledermaus, hätte er sich auch über den Eindringling beschwert.

Zurück in dem, was vielleicht einmal eine Halle gewesen war, überlegte er. Schließlich machte er sich daran, eine der verfallenen Mauern zu besteigen. Hier gab es zwar keine Treppe, doch der Verfall hatte mit Hilfe der Zeit etwas geschaffen, was einer solchen sehr ähnelt. Als er die Mauerkrone erreicht hatte, war das erste, was ihm auffiel, das abendliche Zweilicht. Nur noch wenige Strahlen der tief

stehenden Sonne fanden ihren Weg zwischen den Bäumen hindurch. Das Abendkonzert der Vögel hatte begonnen, Ruine hin, Bestie her. Das Problem war, dass Erik nicht mehr recht erkennen konnte, was vor ihm lag. So war die Gefahr groß, dass er seinen Fuß auf einen losen oder nicht vorhandenen Stein setzte. Sollte er stürzten und sich dabei verletzen, würde es sehr lange dauern, bis man ihn fand, denn die meisten Menschen, dass wusste er ja von Amarant, mieden die Ruine. Also entschloss er sich, den Nordteil zu erkunden, der flach war, so dass es dort keine großen Fallhöhen gab.

Indes war hier wenig zu entdecken. Die Steine lagen einfach zu großen Haufen, glatt oder aufgeschüttet, da und es war, als ginge man in einem Steinbruch spazieren. Erik wollte schon umkehren, als er es nur mit Glück vermeiden konnte, in ein Tal zu stürzen. Selbstverständlich war das kein Tal, sonder ein Weg, der, einem Niedergang gleich, in Richtung

des Hautteils der Ruine führte. Erik sprang in ihn hinab. Das Entermesser umklammerte er fester, denn erstaunlicherweise, war der Steinboden frei geräumt worden und in einem guten Zustand. Wachsam schlich er voran, bis der Weg unter die Erde, unter die Ruine führte. Hier versperrte ihm ein mannshohes Gitter den Weg. Es ging nicht weiter! Sorgsam begutachtete er das Gitter. Es wirkte nicht sehr neu, schien aber dennoch nicht so recht an diesen Platz zu passen. Doch das war Unsinn. Wer baute ein Gitter in eine Ruine ein und warum und warum eines, das wie alt wirken sollte, es bei näherer Betrachtung aber nicht tat?

Zuletzt rüttelte Erik noch an den Eisenstäben. Er zog und drückte, doch nicht passierte. Das war aber auch nicht erstaunlich, denn Scharniere waren nicht zu erkennen.

Nachdenklich machte sich Erik auf den Rückweg. Er war sich nicht im klaren, was er da entdeckt hatte. Hatte er überhaupt etwas

entdeckt? Als er seine Stute losband und sie streichelte, um sich für ihre Geduld zu bedanken, hörte er auf einmal Hufe. Die Geräusche entfernten sich im schnellen Galopp. Wenn jemand seine Expedition beobachtet hatte, galt er nun bestimmt als verhext. Besonders dienlich würde das seiner Untersuchung nicht sein. Ein wenig ärgerlich, ob dieses unergiebigen Ausflugs, ritt er zurück zum Schloss.


Bei den Ställen traf er den Strohkarl an, wie er Amarants Schimmel versorgte. Das war ungewöhnlich.

"Karl, seit wann kümmerst du dich um die Pferde?", wollte Erik wissen.

"Ach, eigentlich gehört das nicht zu meinen Aufgaben. Aber der doofe Wagenknecht hat dem Tier das falsche Futter gegeben. Es war letztens krank und bekommt eine besondere Mischung. Amarant selbst stellt sie her. Sie hat es gesehen

und ist fuchsteufelswild geworden. Hat den armen Tropf angeschrien, als hätte er ihre Lieblingskatze ertränkt. Hat rumgeplärrt und geschimpft und das ganze Schloss zusammengeschrien. Na, das Pferd liegt ihr eben sehr am Herzen, da kann ich die Aufregung fast verstehen."

Erik lachte. "Ja, wenn sie will, kann sie ganz schön wild sein."

Mit einem freundlichen Händedruck verabschiedete er sich von Karl Jülich. Beim Weg über den Hof sah er Brecht Kilian, wie er an einem Fenster stand und ihn nicht aus den Augen ließ. Wegen der Abenddämmerung schien er wohl zu glauben, es nicht nötig zu haben, sich irgendwie unsichtbar machen zu müssen.




- Fortsetzung folgt -







Anmerkung:


* = Hier stand im Manuskript der Name einer Universitätsstadt. Den bisherigen Gepflogenheiten folgend, habe ich ihn durch das Wort Hauptstadt ersetzt.

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Hörbuch

Über den Autor

ArnVonReinhard
Zweifler, Pessimist, Misanthrop ...

... ungefähr so:

"Nein, nein, ich habe nicht bewundernswert gesagt, ich sagte, ich bin außergewöhnlich. Das was ich tue, das was dir so viel bedeutet ... du meinst, ich tue es, weil ich ein guter Mensch bin? Ich tue es, weil es zu schmerzhaft wäre, es nicht zu tun. (...) Weißt du, es tut weh (...), alles das! Alles was ich sehe, alles was ich höre, rieche, berühre, die Schlussfolgerungen, die ich imstande bin zu ziehen, die Dinge, die sich mir offenbaren ... die Hässlichkeit. Meine Arbeit fokussiert mich. Das hilft. Du sagst, ich benutze meine Gaben. Ich sage, ich geh nur mit ihnen um."
(Sherlock Holmes; In: Elemantary)


Fantasy- und Schauergeschichten sind mein Ding, weil sich darin alles Menschliche verarbeiten lässt.
Und ob ich es will oder nicht, auch das Thema "Freundschaft" taucht immer wieder auf.
Aphorismen.
Ein weiterer großer Bereich, mit dem ich mich beschäftige, in Erzählungen und Nonfiction, ist das Thema Krieg.

Arn von Reinhard ist EU-Skeptikerkritiker und Medienkritikerskeptiker.


foto by and with permission of Evelyne Steenberghe from vlien.net

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Herbsttag Hmm, die Ruine, auch so ein großes Fragezeichen... IvB
Vor langer Zeit - Antworten
ArnVonReinhard Ja, nur weil man nichts findet ...

LG
AvR
Vor langer Zeit - Antworten
Wolkenstill Ja Mensch ...
es war grad so spannend!

LG in den Abend
Vor langer Zeit - Antworten
ArnVonReinhard Ach, es geht bald weiter ...
;-)

LG
AvR
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Loraine Ich lese gespannt gerne die Fortsetzung weiter.
Ist Dir gut gelungen - das Kapitel - die Geschichte!
Weiter so.
Liebe Grüße
Loraine
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ArnVonReinhard Ich will nicht so tun, als wäre ich für Lob unempfindlich, oder: dankeschöööön!

LG
AvR
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