Lilly und das Geisterschloss
Laut und deutlich hörte die Migo'te, ihren Freund Tjorgen in der Kontaktperle.
"Ich brauche deine Hilfe Lilly. Ich stecke im Geisterschloss fest...", immer leiser wurde der Ton und es gab viele Atmosphärische Störungen. "... Zi... knister, knaster ... mmer 201... knister, knaster... hörst du mi..."
In diesen Augenblick brach die Verbindung ganz ab. Da Lilly nicht weit vom Schloss entfernt auf Jagd war, rannte sie sofort los, um Hilfe zu leisten.
Atemlos kam sie am Herrenhaus an. Tief
holte sie erst einmal Luft und sah sich argwöhnisch um. So leise es ging öffnete sie die Eingangstür und schlüpfte ins Haus. Ehrfürchtig schaute sie sich in der Eingangshalle um.
"Ist schon gruselig, hier. Was will das Greenhorn nur alleine hier?"
Langsam ging sie auf die Treppe zu, die in den ersten Stock hinauf führte. Als die Eingangstür hinter ihr knarrend ins Schloss fiel, drehte sie sich ruckartig um. Verdammt! Ihr Herz pocht bis zum Hals hinauf. Sie war ja mutig, als Abenteuerin war sie einiges gewohnt, und hat schon manches Schrecken überlebt. Aber hier fühlte sie sich alles andere, aber nicht wohl.
"Was um der zwölf Götter willen machst du hier mein Freund. Warum nur bringst du dich immer selber in Gefahr", fluchte sie leise vor sich hin. Wütend sah sie sich nach Spuren von Tjorgen um. "Wo im Namen unserer Götter, steckst du?"
Leicht nickte sie vor sich hin. Er hatte etwas von Zimmer 201 gesagt, also würde sie erst einmal dort suchen. Vielleicht gab es da Spuren. Lilly musste sie nach oben ins erste Obergeschoss.
Sie hatte das Herrenhaus noch in guter oder sagen wir besser, in mehr als schlechter Erinnerung. Als sie das letzte Mal hier war, wimmelte es nur so von
Monstern und eins war schlimmer als das andere. Deshalb stürmte die Migo'te, eine Katzenelbin, nicht einfach die Treppe hinauf, sondern schlich mit aller Vorsicht nach oben. Kaum hatte sie die ersten fünf, der insgesamt 12 Stufen hinter sich gebracht, sah sie schon die erste Schreckensgestalt.
Ahriman nannte man diese Wesen. Sie waren grauenvolle Gestalten und Lilly hatte vor ihnen höllischen Respekt. Sie kniete sich kurz hin. Lautlos richtete sie ein Stoßgebet an die zwölf Götter und Beschützer dieser Welt und bat sich deren Segen ein.
Die Ahrimanen sahen eigenartig aus, wie ein schwebender Ball mit Flügeln. Der
Armen und Beinen hatte und ein riesiges Auge, mit dem er zaubern konnten. Ständig tropfte Schleim aus seinem riesigen Mund, der von einer Seite des Gesichtes, bis zur anderen Seite reichte. Mit den spitzen gelben Zähne hatte die Migo'te vor einem Jahr schon einmal unliebsame Bekanntschaft gemacht. Sie flössten ihr immer noch große Angst ein. Lilly trug in jener Zeit schwere Verletzungen davon und brauchte lange Zeit, bis sie sich davon erholt hatte. Deshalb achtete sie dieses Mal um so mehr auf diese Monster.
So vorsichtig wie möglich schlich Lilly weiter. Sie wartete bis sich der Ahriman, auf der anderen Seite, der geteilten
Treppe, von ihr wegbewegte. Dann stieg sie schnell und so leise wie möglich die Treppe hinauf und huschte in den Gang, der zum Zimmer 201 führte, in dem sie Tjorgen vermutete.
Kaum dass Lilly den Gang betreten hatte, schwebte wie aus dem Nichts, eine kleine und nicht weniger gefährliche Leuchtkugel vor ihrer Nase und verwandelte sie in einen Kürbis. Das ging alles so schnell, dass sie nicht einmal den Versuch unternehmen konnte, sich zu verstecken.
"Ach Schreck. Ich hätte mich nicht so sicher fühlen dürfen. Jetzt habe ich den Salat. Was soll ich nur machen?", ging
es Lilly durch den Kopf.
Verdammt, dabei waren es nur noch wenige Schritte bis zum Zimmer 201 gewesen. Was nun? Tief atmete die Migo'te ein und aus, um sich zu beruhigen. Denn wenn sie so durch den Wind war, konnte sie nicht klar denken. Aber gerade darauf kam es jetzt an. Sie musste unbedingt eine Lösung finden. Plötzlich und für Lilly völlig unerwartet, machte es noch einmal blubb und sie verwandelte sich wieder zurück, in eine Migo'te. Erleichtert atmete Lilly auf.
"Da hab ich aber Glück gehabt", stellte sie im Selbstgespräch fest.
Währenddessen huschte sie, die wenigen
Schritte weiter, in das Zimmer 201, in dem sie Tjorgen vermutete.
Von ihrem großen, unerfahrenen, aber starken Freund, war weit und breit nichts zu sehen. War er weiter gezogen? hier standen überall nur große hässliche Kürbisse herum.
Was sollte sie jetzt nur tun? Warten? Sollte sie Tjorgen suchen gehen?. Oder sich so schnell wie möglich, aus diesem Geisterschloss, mit all seinen hässlichen und gefährlichen Kreaturen, entfernen? Einen Freund im Stich zu lassen, kam für sie nicht in Frage. Grübelnd setze sich Lilly auf einen der umstehenden Stühle und stützte den Kopf mit den
Händen. Sie musste erst einmal in Ruhe nachdenken, wie sie am besten weiter vorgehen sollte.
RUMS ... KNALL ... AUTSCH ...Verdammt, was war das?
Lilly stöhnte vor Schmerz auf, sie war aus dem Bett gefallen.
"Wieso lag sie neben ihrem Bett und vor allem, wie kam sie hier in ihr Haus? Sie war doch gerade im Geisterschloss und wollte Tjorgen helfen", verwirrt rieb sie sich die Beule am Kopf und rappelte sich auf.
Erst einmal schüttelte sie ihren Kopf, um munter zu werden, dann rieb sie sich die Augen. Dort lag Tjorgen in seinem
Bett und schlief friedlich vor sich hin. Lilly brauchte eine Weile um zu begreifen, was los war.
Erleichtert atmet die Migo'te auf. Das war also alles nur ein Traum. Ihr Freund Tjorgen war überhaupt nicht in Gefahr. Erleichterung machte sich in ihm breit. Sie konnte sich also noch ein wenig Ruhe gönnen und weiterschlafen. Das alles war nur ein schlimmer Traum. Es hatte alles so echt gewirkt. Kopfschüttelnd kletterte Lilly zurück in ihr Bett, kuschelte sich in ihre Kissen und schlief einfach weiter.