Humor & Satire
In der Jury

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"Möglichst objektiv!"
Veröffentlicht am 20. Oktober 2016, 12 Seiten
Kategorie Humor & Satire
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Möglichst objektiv!

In der Jury

Vorbemerkung

Eine Leserin gab mir folgende Stichworte vor:


Regenbogen, Promenadenmischung, Büchersammlung, Vollmond, Küchenmesser.


Daraus strickte ich die folgende Geschichte.

Die Story ist "CHM3663" gewidmet.


Liebe Crissie, viel Vergnügen!

(gilt natürlich auch für alle anderen Leser)


Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: G.v.Tetzeli

In der Jury

Ich bekam einen Anruf. Die Verlagsgesellschaft Pen-Graphit GmbH war am Gerät.

Wie ich mich freute!

Bei diesem Verlag hatte ich meinen Beitrag zu einem Schreibwettbewerb eingereicht. Der war ganz schön hoch ausgelobt. Dem Sieger winkten 10.000 €! Ich versuchte gefasst den Geldsegen zu vernehmen, so als ob es Fliegenschiss wäre. Man muss das Ganze von oben herab mit einem Tropfen Demut gestalten. Mir klopfte aber das Herz. Waren eigentlich die Mikrofone von Handys arg empfindlich?

„Ich reiche sie an Frau Klopperstöck weiter.“

„Bedanke mich.“

„Herr Tetzeli“, ertönte eine selbstbewusste Stimme.

„Ja.“

„Ich habe da etwas ganz Besonderes für Sie (natürlich!). Sie sind eingeladen bei der Jury dabei zu sein.“

Ich schluckte und war sprachlos.

„Sehen sie, wie sind hier vier Literaturprofis. Um aber wirklich möglichst ein wide-spreading-assessment zu gewährleisten, sollte der fünfte Juror ein absoluter Laie sein.“

Ich räusperte mich.

„Nein, bitte nicht falsch verstehen, sie sind natürlich ein recht guter Schriftsteller, aber als Juror sind sie Prekariat. Deshalb geeignet.“

„Ich verstehe nicht ganz.“

„Wir übernehmen natürlich sämtliche Kosten Wir würden uns wahnsinnig freuen." Ich sagte zu. Die Neugier übermannte mich.


In dem Sitzungsraum der Stadt-Bibliothek traf ich auf die anderen Juroren. Der Lesesaal war bis unter die Decke mit Büchern vollgestopft. „Alle diese Bücher“, staunte ich. „Da kann man viel ausleihen.“ „Nein, nein, das ist nur unsere private Büchersammlung.“ Der graumelierte Herr stellte uns vor. „Ich bin Professor Hohlbein, Germanistik“, lächelte er. „Das ist Frau Klopperstöck, die Seele unserer Bibliothek. Lektorin des Hanse Verlags. Und unsere natürlich.“ Er gluckste. „Hier Dr. Kritzel,

Honorarprofessor für Literatur.“

„Freut mich“, log ich.

„Ich bin Hemminglos“, sülzte der schlanke Lulatsch, „Vorstand der Pen-Graphit GmbH.“

„Kein Doktor?“

„Ich bin für das Geschäftliche zuständig.“

Zum Schluss ließen sie mir noch Dr. Dr. Emilia Galetti angedeihen. Ihr grauer Dutt war wenig betörend, ein Trauerspiel. Unter all den hochbeinigen Rasse-Literaten kam ich mir wie eine Promenadenmischung vor. Wir setzten uns. Vor jedem lag ein Schnellhefter. „Die letzten fünf“, dozierte Professor Holbein. “Jeder liest es und reicht dann weiter. Wenn alle durch sind, stimmen wir ab.

Los!“ Es blätterte, wie im schönsten Herbststurm. Auch ich schlug auf. „Mondsonate“. Oh Gott! „Der Regenbogen spannte sich über das Firmament. Kleine Wellen klatschten stetig an den Strand. Clock, Clock, Clock. Es war einsam und schwül.“ „Kann man wohl sagen“, dachte ich. Ich kämpfte mich durch die Zeilen. Schwerstarbeit. Vor lauter Schmonzette triefte es nur so. Als ich endlich den Vollmond hinter dem Vollweib mit ihrem schwülstigen Liebhaber hinter mir hatte, war ich erschöpft. Schon allein der letzte Kuss sabberte drei Seiten vor sich hin. Dann war zum Glück Ende. Auch die anderen hatten fertig studiert. Die

Hefte wanderten reihum weiter. Ich hatte die nächste Herausforderung vor mir.

Cherubin, der Page – eine Mordsnovelle“. Wenigstens etwas Spannendes.

Von wegen! Mörderisch war nur, sich durch das Werk zu kraulen, wobei ich immer die Befürchtung hatte unterzugehen. Es war einfach nur furchtbar. Die Hefte wanderten weiter. Schließlich lag das letzte Werk, das fünfte vor mir, das ich zu lesen hatte. Da es sich um mein eigenes handeln musste, könnte ich vielleicht noch ein paar Feinheiten einfügen. Ich blätterte auf.

Es war gar nicht meins!


Durch das wilde Tadschikistan.“ Der Titel

erst! Ich kenne nur "Durch das wilde Kurdistan" von Karl May.

Ich staunte Bauklötzer, wie Hadschi Halef Omar.

„Wo ist denn nun mein Beitrag“, fragte ich die Runde.

Die Klopperstöck wies mit dem Rotstift in die Ecke des Raums. Dort stand ein Shredder, der eher an einen landwirtschaftlichen Feldhächsler erinnerte. „Aber meine Geschichte war doch gut“, wimmerte ich. Professor Holbein säuselte. „Das kann viele Gründe haben. Beim Speedreading fällt zum Beispiel allein schon die selektive, integrale, oder Lyrische Schriftmischung auf.“ „Oder gar Absatzschwäche“, näselte

Hemminglos. „Wir müssen da auf das Portfolio achten, vor allem unter dem Gesichtspunkt der literarischen, monetären Nobilität. Kausalität und Divergenz nicht zu vergessen. „Hä?“ Ich war zornig. „Wie bitte“, mokierte sich die traurige Galetti. „Schon gut“, resignierte ich.

Alle machten sich über die letzten Ergüsse her. Ich blätterte rasend schnell. „Schon fertig“, fragte Professor Holbein indigniert. „Speedreading“, warf ich ihm entgegen. Ich hatte mich sowieso im öden Tadschikistan nicht wohl gefühlt.


„Nun zur Abstimmung. Wer stimmt für

Mondsonate?“ Vier Finger schnellten in die Luft. Meiner blieb unten. Vollmond-Kuss-Schlürfen war nicht mein Bier.

Die Mondsonate gewann mit vier Stimmen und wurde Sieger. Auf Platz zwei durfte sich Cherubin, der mordslangweilige Page freuen.

Da klappte mir das Messer in der Hose auf. Genauer gesagt ein riesiges Küchenmesser.

Mehr kann ich nicht berichten, weil ich gegangen war.


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Über den Autor

welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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Marle Hier werden deine Beiträge nicht geschreddert, hier werden sie gern gelesen. Also mach bitte weiter so, beim nächsten Mal klappt es bestimmt wieder mit der Jury.
Mir fiel das Bewerten so gar nicht leicht.
Ich bin weiter dein Fan!
Grüßle Marle
Vor langer Zeit - Antworten
schnief Dem stimme ich zu, dazu kommen noch die Beiträge von ihren Bekannten, die nicht geschreddert werden.
LG Manuela
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Toller Kommentar!
Das hatte ich ganz vergessen. Vielleicht war ja der Autor des Siegerbeitrags der Neffe von Emilia Galetti? :-)
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Hallo lieber Günter, das kann Dir als Jurymitglied beim my-storys Battle nicht passieren.
Mit Freude hab ich alle 12 eingereichten Beiträge gelesen mir Notizen gemacht, und hatte dann die Qual der Wahl bei der Punktevergabe.
Das Du diesmal so weit hinten gelandet bist, tat mir leid aber was soll man machen. Jeder Punkt ist halt nur einmal zu vergeben. Schon aus diesem Grund lohnt es sich beim nächsten Battle wieder mitzumachen, denn langweilige Mondscheinsonaten und seitenlange schmalzige Küsse wirst Du hier nicht lesen müssen. (Schon weil nur Seiten erlaubt sind).
Also bis demnächst. Grüße schickt all Deine Drabble-Leserin die Kornblume
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Liebe Kornblume,
ich war selber schon in der Jury und weiß genau, wie schwer es ist objektiv zu sein.
Diese Satire bezieht sich aber allgemein auf die Situation, dass Entscheider das Sagen haben, die meistens keine Ahnung haben. Das kannst Du praktisch auf alle Gebiete anwenden. Insofern ist es vor allem eine Parabel.
herzlichen Dank fürs Lesen
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Hallo Günter,
eine Parabel ist eine lehrhafte Erzählung, d.h. um lehrhafte Erzählungen schreiben zu können, sollte man selbst diese Erfahrungen auch gemacht haben. Das du Wettbewerbe so siehst und diesen Text ausgerechnet direkt nach der aktuellen Forumbattle-Auswertung schreibst, empfinde ich das uns, der letzten Jury, gegenüber als nicht so schön.
Vor allem frage ich mich, wie du zu diesen Schlüssen kommst, denn eine Frage nach dem "Warum" kam bei mir zumindest noch nicht an. ;-)

LG Shehera
Vor langer Zeit - Antworten
Shehera Ups, nicht eingeloggt :-))
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Es ist hier klar er sichtlich, dass du die Anspielungen nicht erkennen willst. Entscheider verderben Deutschland. Z.B. Jury (Vorstandsmitglieder) VW - Winterkorn ist nicht rechtlich schuld.
Dass hier andauernd auf eine Forumsbattle angesprochen wird wundert mich. Sollte man sich angesprochen fühlen?
Ich habe meinem größten Fan einen Gefallen getan. Er durfte Stichworte vorgeben und er wählte zudem das Thema Schreibwettbewerb.
Diese Geschichte ist daraus entstanden.
Und dies ist auch das letzte Mal, dass ich mich zu den angeblichen Anspielungen zur Forumsbattle äußere, die übrigens einen absolut verdienten ersten Platz vergeben hat, denn ich habe alle Beiträge gelesen.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Shehera Die Themenvorgabe "Schreibwettbewerb" hattest du nicht erwähnt.
Es ist halt ein seltsamer Zufall, wenn es zum Ergebnis überhaupt kein Feedback gibt und dann aber so eine Geschichte veröffentlicht wird.
Angesprochen fühle ich mich nicht, da ich weiß, wie ich bewerte.

Ich hab lediglich meine Annahme geäußert, so abwegig ist es ja nun nicht, wenn es gerade um eine Literatur-Jury geht ;) Anspielungen auf andere Bereiche habe ich nicht erkennen WOLLEN, ich habe sie aus deinem Text nicht erkennen KÖNNEN.

Aber dank deiner freundlichen Erklärung weiß ich ja nun Bescheid, danke

Shehera
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Und ich kann keinen Zusammenhang zwischen Story und Forumsbattle erkennen und gut.
Vor langer Zeit - Antworten
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