Battle-Wörter
Thema: Herbstgezwitscher
Zu verwendende Wörter:
Blätterwald, Vollmond, Augenblick,
wandern, herzlich, entdecken,
Pfannkuchen, antworten,
Besenstiel, Mauseloch,
faul, rosarot,
Herbstgezwitscher
Ein Blatt landete lautlos auf dem Fenstersims. Thula lächelte und pustete es sacht hinunter auf den Blätterhaufen, der sich inzwischen auf der kleinen Bank vor dem Fenster gebildet hatte. Sie brauchte sich nicht einmal mehr zu bücken, so krumm war ihr Rücken inzwischen. Dann fegte sie weiter.
Der Besenstiel schnitt in ihre Finger. Arthritis und Rheuma waren heute wieder einmal besonders schlimm. Aber es war ja Vollmond diese Nacht. Wenn man bei Vollmond durch den Blätterwald wanderte, konnte man Kräuter entdecken, die man sonst nie sah, besonders im Hexenwald. Niemand außer ihr verirrte sich noch dorthin.
Doch immerhin nannte man sie im Dorf ja auch Hexe.
Thula fegte den Staub von der Türschwelle und atmete erleichtert auf. Fertig. Sorgsam stellte sie den Besen an seinen Platz neben der Tür und wandte sich langsam um. Schnell ging eben nicht mehr. Sie schlurfte zum Schrank und nahm eine Schüssel heraus, stellte den Mehl- und den Honigtopf daneben. Dann fiel ihr auf, dass sie keine Eier mehr hatte. Sie spitzte die Lippen und pfiff kurz. Nichts geschah. Thula runzelte die Stirn. Sie pfiff erneut, und aus dem Mauseloch erklang ein genervtes "Jaja, Augenblick!
Es dauerte einen Moment, bis Adebert herauskam. Sein graues Fell war zerzaust, er
sah aus, als hätte er bis gerade geschlafen.
"Was ist denn?", fragte er ungnädig.
"Ich habe keine Eier mehr, Adebert. Bitte hole welche von den Hühnern", antwortete Thula nachsichtig. Er setzte sich empört auf.
"Pfft, für was man heute alles gerufen wird!", beschwerte er sich. "Früher waren die Weisen Frauen nicht zu faul, den Hühnern selbst hinterher zu kriechen!"
Thula zog nur eine Augenbraue hoch.
"Das hat bei mir eher etwas mit Rheuma und Arthritis zu tun, Mausefell, und das weißt du!", schalt sie ihn.
"Mausefell?! MAUSEFELL?!", plusterte er sich auf, doch Thula unterbrach ihn.
"Adebert - es ist Herbst. Du willst dein gemütliches Mauseloch doch sicher nicht
leichtfertig kurz vor dem Winter aufs Spiel setzen, insbesondere an einem Tag, an dem es Pfannkuchen geben soll, oder?"
Hin- und hergerissen schwankte er zwischen Versuchung und Empörung.
"Du würdest nicht-?", begann er zaghaft, doch Thula winkte ab.
"Ich bin uralt, Adebert. Die letzten paar Jahre schaffe ich auch ohne Hexentier, sollte sich denn kein anderes Wesen so kurz vor dem Winter für ein warmes und trockenes Dach über dem Kopf interessieren, wenn es auch noch durchgefüttert wird und dafür nur ab und an mal Eier holen oder einen kleinen Freundschaftsdienst leisten muss. Ist ja nicht so, als würde ich noch groß herumritualisieren", kanzelte sie ihn ab.
Natürlich wollte sie ihn nicht davonjagen, aber man durfte auch - gerade - einem alten und mächtigen Hexentier nicht alles durchgehen lassen. Adebert hielt sich sowieso schon für zu wichtig. Er schnaubte, verwandelte sich aber brav, nahm den Korb und huschte aus dem Fenster, die Eier holen. Für Pfannkuchen tat Adebert alles.
Während sie den Teig schlug, sah er ihr gespannt zu. Zwischendurch legte er - wieder der gewohnte Mäuserich - mit zusammengekniffenen Augen den Kopf schief.
"Wo wolltest du überhaupt ein anderes Hexentier finden?", fragte er dann lauernd. "Geister streifen selten durch Häuser."
Thula lachte leise.
"Ich gehe heute Abend in den Hexenwald, Adebert. Wenn ich genug Kräuter finde, kann ich mir die Tränke brauen, die mein Rheuma und die Arthritis lindern. Vorausgesetzt natürlich, ich muss mich dafür nicht allzu tief bücken." Sie warf ihm einen Seitenblick zu, doch er tat so, als hätte er nichts verstanden. "Jedenfalls, im Hexenwald streifen gerade bei Vollmond sicher genug Geister herum - vielleicht finde ich ja einen netten, herzlichen Elfen, der sich nicht nur in kleine Tiere verwandeln kann, sondern mir auch mal die steifen Gelenke massiert oder so..."
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie seine rosarote Zunge über sein Maul fuhr und er sich aufsetzte. Sie hatte ihn wohl wirklich
erschreckt.
"Ist ja schon gut, ich komme mit und helfe dir beim ernten", brummte er. "Aber glaub ja nicht, dass du dafür mit einem läppischen Pfannkuchen davonkommst!"
Thula lächelte vor sich hin.
"Nein, wer arbeitet, darf auch essen", antwortete sie leise. Sie freute sich auf die Nacht. Auch wenn Adebert mehr meckerte als sonstwas, war er doch ein zuverlässiger Gefährte. Manchmal wollte er eben nur ein wenig gebeten werden. Verträumt hörte sie einer verspäteten Amsel zu, die ein Liedchen in den Herbst zwitscherte.