Kurzgeschichte
Eau de Doolittle - Beitrag FB 54

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"Eau de Doolittle - Beitrag FB 54"
Veröffentlicht am 24. September 2016, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Eau de Doolittle - Beitrag FB 54

Eau de Doolittle - Beitrag FB 54

Vorbemerkung

Nach meinem letzten Versuch als Parfümeur (nachzulesen in „Mein Parfüm“), dachte ich, dass ich meine Essenz weiterentwickeln könnte. Schließlich kam meine neue Erfindung, nämlich „Eau de Doolittle“, das erst im Herbst zum Einsatz kam, zu seinen Lorbeeren.

Beitrag FB 54: Herbstgezwitscher.





Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: Monika Heisig

Vorgegebene Wörter:


Blätterwald,

Vollmond,

Augenblick,

wandern,

herzlich,

entdecken,

Pfannkuchen,

antworten,

Besenstil,

Mauseloch,

faul,

rosarot


Sie wurden alle verwendet.

Eau de Doolittle

Ich hatte einen ganz eigenen Duft kreiert. Er sprach offensichtlich Tiere an. Wahrscheinlich jede Art von Tieren. Sie waren Sex-süchtig geworden, sobald sie mein Parfüm gerochen hatten. Meine Viole war damals in der Hosentasche ausgelaufen, aber ein kleiner Rest befand sich noch im Erlenmeyerkolben.

Gut, viel war es nicht, aber als Hobbychemiker hatte ich die genaue Zusammensetzung der Ingredienzien aufgeschrieben. So konnte ich mein Parfüm wieder auferstehen lassen.

Es wirkte auch noch genauso, wie zuvor. Bei diesem Selbstversuch war ich vorsichtig

gewesen, bevor mich die Tiere noch mehr lieb haben konnten.


Da kam mir die Erleuchtung. Was wäre, wenn ich die Essenz so abwandeln könnte, dass man zum Beispiel wilde Hundebestien zu liebevollen Schoßhündchen verwandeln konnte? Einfach nur durch meinen neuen Duft? Eine Sensation wäre das. Die Entdeckung des Jahrhunderts! Wieder arbeitete ich fieberhaft die nächsten drei Wochen. Es sollte so funktionieren, dachte ich schließlich. Allein, mir fehlten die Beweise. Daher brach ich zum entscheidenden Feldversuch auf. Ich begab mich in den Zoo. Jetzt im Herbst,

tobte gerade Simba, der Bengal-Tiger, wie verrückt in seinem Areal herum. Es war Brunftzeit, aber seine Holde hatte man weggesperrt. Ich sprühte nur einmal mit dem Zerstäuber und Simba wurde lammfromm. Die Wärter staunten nicht schlecht und wischten sich den Angstschweiß von der Stirn. „Was ist denn nun los?“ „Ich kann mir das auch nicht erklären“, sagte der andere. „Wir wollten ihn schon erschießen lassen, so unbändig, wie er war.“ Beide schüttelten den Kopf, denn Simba schnurrte wie ein gurrendes Kätzchen und streckte sich faul, gemütlich und zufrieden am Boden aus. Ich schlich davon. Um es kurz zu machen: Ich eröffnete eine Praxis.

Ich nannte sie die Spezialpraxis Doolittle. Als Tierflüsterer machte ich innerhalb kürzester Zeit Furore. Jeder Kläffer, scheuende Pferde, nervöse Spinnen, beißende Krokodile, mein neues Parfüm wirkte bei jedem Tier. Ich konnte ordentliche Preise verlangen und sollte schon mit Tomme Hanken, sie wissen schon, der Knochenbrecher, der Tiere heilt, im Fernsehen auftreten. Der Zoo rief öfters an und bat um meine nicht ganz billige Mithilfe. Besonders stolz war ich immer, wenn es in meinem Wartezimmer voller aggressiver Tiere zu Übergriffen kam. Da erschien ich nämlich wie ein Messias und streckte salbadernd die Hände aus. Ruhe kehrte ein. Der Effekt war phänomenal. Natürlich war ein

kleiner, heimlich ausgelöster Druck auf den Zerstäuber von Eau de Doolittle der Grund. Trotzdem, es war eine stressige Zeit.

Tagsüber rannten mir die Menschen mit ihren Haustieren die Bude ein und nachts arbeitete ich im Labor. Die Wirkung meines Duftstoffs verging nämlich ziemlich schnell. In meiner Not wälzte ich alte Hexenfolianten und stieß auf eine Lösung. Ich musste das Elixier bei Vollmond anrühren. Am besten mit Feenkraut. Die Wirkung währte jetzt dann nicht nur für einen Augenblick. Über einige kleine Vorkommnisse muss ich allerdings leider berichten. Tante Eulalia's Nachtigall Elise war nach Genuss meines Parfüms verstummt und wollte nicht mehr singen. Kein Zwitschern mehr. Papagei Klaas

Klever, der dauernd Shanties gekollert hatte und in bester Rum-Laune gewesen war, wollte überhaupt nicht mehr antworten. Stumm und langweilig saß er apathisch in seiner Voliere. Die Sache mit Knochenbrecher Ede und Nagelreißer Willie verschweige ich lieber. Ich half bei ihrem Einbruch, als ich die Wachhunde beruhigen musste. Was hätte ich denn tun sollen? Ich besprühte sogar die Gauner, aber sie waren noch genauso widerlich und drohend gewesen, wie zuvor. Bei Menschen wirkte es nicht. Nur bei dem Einbruch bei den Bluthunden, da hatte es funktioniert. Irgendwie begann Alles schief zu gehen. In der Siedlung hatte ich für Ruhe gesorgt. Das

Herbstgezwitscher um 5:30 Uhr Morgens war verstummt und die Anwohner beschwerten sich, dass ihnen jetzt diese Ruhe auf die Nerven ging. „Sie hatten es aber doch so gewollt“ ereiferte ich mich. „Aber doch nicht so! Zu einem Morgen gehören einfach Vogelstimmen, Gezwitscher! Sie Unhold, sie greifen in die Natur ein, ohne auf irgendetwas Rücksicht zu nehmen!“ “Sie haben doch förmlich darum gebettelt, dass…“ „Sie hören von uns! Wir hetzen ihnen die Anwälte auf den Hals!“ Einer drohte mir sogar mit einem Besenstil. Ich floh zurück in meine Praxis, aber auch dort ging es hoch her. „Sie haben Klaas Klever so gequält, dass er nicht mehr spricht.“ „Elise, die Nachtigall ist unendlich

krank, weil sie gar nicht mehr singt.“

„Mein Kampfhund Attila hat den Einbrechern noch das Werkzeug gereicht“, schimpfte ein Anderer. „Genau, mein Falke ist für die Jagd unbrauchbar geworden. Sie Tierquäler!“

Schließlich rief noch der Zoo an. Sie seien verzweifelt. Simba ginge es nicht gut, weil er nur noch Pfannkuchen fressen würde. Wieder floh ich. Am liebsten hätte ich mich in ein Mauseloch verkrochen. So wanderte ich ziellos in der Gegend herum und gelangte in ein Waldstück. Es dämmerte der Morgen und ich traute mich nicht nach Hause. Während der Nebel aufstieg, traf ich den Förster mit seinem Dackel. Er stellte mich zur Rede. Da erzählte

ich ihm von meinem Unglück.

"Sehen sie", er wies auf den Blätterwald. "Im Herbst färben sich die Blätter. Das ist Natur. Immer, wenn der Mensch in die Natur eingreift, dann gibt es böse Überraschungen."

Ich nickte geknickt.

"Ich habe es doch nur gut gemeint." "Das sagen alle", sinnierte der Förster.

"Was soll ich denn jetzt tun?"

"Die Natur heilt sich selbst. Das wird schon wieder", machte er mir Mut. "Man muss sie nur in Ruhe lassen." Ich ging heim. Tatsächlich war die Wirkung des Eau de Doolittle doch nicht so langanhaltend, wie ich befürchtet hatte. Man konnte wieder dem

Herbstgezwitscher lauschen und sie werden es nicht glauben:

Als ich hörte, dass Simba einen Wärter anfallen wollte, da konnte ich wieder befreit und herzlich auflachen.


Die rosarote Brille konnte ich mir dennoch nicht aufsetzen.

Ein fader Geschmack blieb übrig.


"Ich werde nie wieder in die Natur eingreifen", nahm ich mir vor.

Und das sollten sich auch ganz Andere Herrschaften zu Herzen nehmen.

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welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
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Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
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Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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Marle Danke für Deine Teilnahme am B 54.
Bald kommt das Ergebnis!
Liebe Grüße Marle
Vor langer Zeit - Antworten
Andyhank Den letzten Satz, den Aufruf, würde ich weglassen. Ansonsten prima das Thema behandelt! Schöne Geschichte! :)
Übrigens hätte der Akteur des Parfums gar nicht mehr in Aktion treten können, weil er, wie du als aufmerksamer Leser sicherlich bemerkt hast, auf dem Friedhof zum Schluss verspeist wurde ... :D
Vor langer Zeit - Antworten
Biggi11 Tolle Geschichte, mit ernstem Hintergrund.
Toi toi toi, lG Biggi
Vor langer Zeit - Antworten
Shehera Vielen Dank für deinen schönen Beitrag mit einem wichtigen Thema!

Liebe Grüße
Shehera (Jury)
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Mit erhobenem Zeigefinder, am Ende. Ob der Ruf ankommt? Bei mir ist jedenfalls der Beitrag wohlriechend eingegangen. Viel Glück!

Liebe Grüße,
Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
CHM3663 Einfach genial - wunderbar unterhaltsam und lustig und dann noch mit einem großartigen, wichtigen Statement am Ende!
Und jede Menge Respekt, denn mit solchen vorgegebenen Worten könnte ich nie schreiben!
Viel, viel Glück und Erfolg für den Wettbewerb und LG, Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
schnief Eine wunderbare Umsetzung des Themas!!!!
Viel Glück!
Liebe Grüße Manuela
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Hallo Günter,
blitzschnell hast Du das Thema umgesetzt, alle Vorgabeworte gut untergebracht und auch die Story liest sich gut.
"Danke", sagt die Kornblume(Jurymitglied)
Vor langer Zeit - Antworten
Magnolie Viel Glück beim Battle. Eine ideen- und lehrreiche Geschichte.
Herzlichst
Manu
Vor langer Zeit - Antworten
Lindenblatt 
Hallo Günter,
was für ein Ideenreicher Beitrag zum FB 54.
Spitzenmäßig hast Du Dir Gedanken gemacht und wunderbar, zauberhaft "Eau de Doolittle" in Szene gesetzt. Ein breites Schmunzeln, an manchen Stellen, war inbegriffen, weil es mir gefallen hatte.
Super! Viel Glück!
Lieben Gruß
Linde
Vor langer Zeit - Antworten
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