Gedichte
Flieg Pferd, flieg - Ein ungebetener Gast ~ vor einem Jahr ~

Flieg Pferd, flieg

(Vor einem Jahr hatte ich tatsächlich ein Heupferd im Schlafzimmer, doch war kein Held da, der Kugeln & Pfeile abfängt & Drachen tötet. Heute schon)

Sommernacht, die Grillen singen,
wollen mir manch' Botschaft bringen,
Sitz im Freien, Seele baumelt,
als ein Windstoß um mich taumelt.
Huch, das wird jetzt aber kühl,
denk ich, fröstelndes Gefühl.

Schlurf sodann in's Schlafgemach,
zum Schrank die Jacke holen - Ach!
Oh, Schreck, was sitzt da an der Decke?
Nein, es ist keine kleine Zecke,
ein Heupferd, auch recht riesig,
und in dem Zimmer ist es diesig.

Ganz langsam nun den Rückwärtsgang, Auweia, ist mir doch recht bang! Na gut, das Licht auch noch gelöscht, wie gern ich später in mein Bette möcht'! Erstmal die Flucht auf den Balkon, mich sammeln, trösten - welch ein Hohn!

Gut also, hier der Blitzgedanke:
"ich weis' das Pferd in seine Schranke".
Geh' mutig, scheinbar, in das Zimmer,
doch an dem Platze ist es nimmer!
Nein, es sitzt beinahe an der Wand,
den Weg zum Bett-Kopfteil es fand.

Nun gut, du willst hier übernachten?
Mag nicht nach deinem Leben trachten.
Wir haben also ein Problem,
das ist nicht wirklich angenehm.
Beleuchten wir's von allen Seiten,
Ein Heupferd kann man auch nicht reiten.

So bleibt mir keine and're Wahl,
- bin auch nicht in der Überzahl -,
als das Pferd zu überzeugen,
sich meinem Willen nun zu beugen,
das Schlafgemach zu fliehen
und in den Garten umzuziehen.

Erneut betrete ich das Zimmer,
Was soll ich sagen? Es sitzt dort nimmer.
Nein! Es ist am Fensterrahmen;
kennt das Tier denn kein Erbarmen?
Es will mich in den Wahnsinn treiben,
einfach im Schlafgemache bleiben.

Langsam steigt auf in mir die Wut,
sodann ergreift mich Heldenmut.
Stampfe auf mit einem Fuße,
hab für Debatten wenig Muße.
Hol mir den nebelfeuchten Lappen
Wart's ab, jetzt werde ich dich schnappen.

Die Leiter ran und hochgestiegen,
Gedankenblitz - das Pferd kann fliegen!
Ach, es muss mir doch gelingen,
schadlos das Tier hinauszubringen.
Mir stockt der Atem, aber jetzt
hat sich's auf das feuchte Tuch gesetzt.

Vor Schreck erstarrt, denk ich, oh Graus,
gleichzeitig schütt'le ich den Lappen aus
und denk' im selben Augenblick,
Heupferd! Komm bloß nicht mehr zurück.
Atme auf, die Spannung weicht,
hat's die Freiheit nun erreicht?

Leiser Zweifel schleicht sich an,
Hängt's doch noch an dem Lappen dran?
Der Rat der Freundin fällt mir ein.
Das kann und darf nicht sein:
"gönn' dem Pferd 'ne Achterbahn,
halt des Staubsaugers Düse dran.

Mein Einwand, dann wär es ja tot.
hat es doch auch nur Müh und Not",
eine Partnerin zu finden;
drum zirpt es ja. - Ich will's nicht schinden.
Ratlos und ein wenig stumm,
schau ich mich in dem Zimmer um.

Aha! hinter'm Heizkörper nun suche,
dabei das Pferdchen still verfluche.

Auch auf der Fensterbank ist's nicht gelandet
Dann ist's wohl doch auf der Terrass' gestrandet.

Ein Stoßgebet, tief seufzend denk ich nur,
mit einem Blick auf meine Uhr,
jetzt kann ich endlich in mein Bett
Heupferd, das war gar nicht nett.

© LightningDreams 20.08.2016