Zake ging angespannt die letzten Schritte Richtung Klasse. Die erste Stunde fand für die Schüler der 9. Stufe gemeinsam statt. In einer der größten Schulräume der High School sah man sowohl langweilige als auch ganz erfreute Klassenkameraden, die erwartungsvoll oder desinteressiert auf das Beginnen der Stunde warteten. Der reiche Zwilling war hingegen aufgewühlt, da er seine Schwester und auch seine Verwandten nicht gefunden hatte. Seine beiden Freunde hatte er schon vorgeschickt, um die besten Plätze in der hintersten Reihe zu ergattern. Auch hatte
er einige Zeit für sich alleine gebraucht, da ihm das ganze Spektakel, was vielleicht noch kommen würde, etwas provozierte. Sogar Zakes Eltern hatten beim Abendessen gestern angemerkt, dass es zu Veränderungen in der Schule kommen könnte. Genau das machte ihm Angst. Zake war glücklich so wie es jetzt war in der High School. Er musste sich nicht anstrengen. Er musste nicht irgendwo der Beste sein. Er braucht einfach nur Geld zu haben und dieses jedem zeigen. Die Schule war nicht bekannt dafür in einer sportlichen Aktivität aufzufallen, da es an Lehrern fehlte, die das Engagement dazu nicht hatten, eine Gruppe an die Spitze ihrer
athletischen Fähigkeiten zu treiben. Durch diese Hinsicht war auch sein Rang gesichert, denn bei einer Sportart konnte leicht einmal jemand besser sein oder werden als er. Wenn das passieren würde, müsste auch er anfangen wieder mehr zu trainieren und sich zu verbessern. Das wiederum würde Arbeit bedeuten. Arbeit, die er sich ohne aktive Sportart, die in der Schule angeboten werden würde, ersparen könnte. Jedoch hatte er ein ungutes Gefühl in dieser Sache und er musste in den nächsten Minuten erkennen, dass es keineswegs unbegründet war. „Guten Morgen liebe Schüler und Schülerinnen. Ich hoffe ihr habt schöne
Sommerferien gehabt?“, fing Zakes Klassenlehrerin die Stunde an und auch der Zwilling betrat die Klasse und suchte seinen Platz. Mrs. Springstone war eine zierliche jedoch große Frau. Ihr Kleidungsstil ließ erkennen, dass sie irgendwo in den 70ern stecken geblieben war. Mit ihren nicht einmal 45 Jahren hatte sie ein orange kariertes Kostüm an, ihre weißen Strümpfe bis zu den Knien hochgezogen und schwarze Riemchenschuhe verschönerten ihre Füße am Ende des Körpers. Außerdem waren ihre Haare toupiert und zu einem Knäuel am Kopf zusammen gefasst, dass aber eher wie ein Vogelnest aussah. Deshalb konnte man
sich von ihrem Aussehen täuschen lassen. Sie war keinesfalls verrückt oder nicht ganz dicht. Sie war eine der strengsten Lehrerinnen an der Schule. Zake setzte sich neben die J-Brüder in die letzte Reihe in die Mitte und wartete gespannt den Verlauf ihrer Rede ab. „Um euch nicht lange auf die Folter zu spannen, ich habe zwei Neuankündigungen zu machen. Erstens,…“, redete Mrs Springstone weiter, allerdings wurde sie in diesem Moment unterbrochen. Die Klassentür wurde langsam aufgedrückt und alle Schüler starrten verwirrt auf die Person, die den Raum
betrat. „Ent… Entschuldigung, die die Ver… Verspätung!“, stotterte Ella Adams, schlich an den Tischreihen bis in die erste Reihe vorbei und setzte sich unmittelbar auf den ersten Platz des Raumes. „Miss Adams, was soll das zu spät kommen am ersten Schultag? So etwas ist unakzeptabel. Melden Sie sich umgehend nach der Stunde bei mir“, ließ die Lehrerin im strengen Ton von sich. Zake musste grinsen. Das war ihm nur Recht, dass das pünktlichste und schlauste Mädchen der Klasse auch einmal eine Standpauke und möglicherweise Nachsitzen bekam. Er mochte Ella sowieso nicht oder eher
gesagt, war sie ihm egal, da sie erstens überhaupt nicht sein Typ war, wenn man es freundlich ausdrücken möchte. Zweitens war sie mit Jay und den anderen in Jays Gruppe befreundet. Schon seit der Junior High war der Schwarzhaarige Zake ein Dorn im Auge. Er wusste schon gar nicht mehr genau, warum er so einen Hass gegen ihn entwickelt hatte, jedoch brauchte man doch nicht immer einen Grund um jemanden nicht zu mögen. Besonders zu diesem Zeitpunkt konnte er aber sagen, dass Jay keine Gefahr für den reichen Jungen war. Der Hobby-Fußballer war bei den anderen Mädels nicht so beliebt wie er, da er unauffällig war und es nichts gab, wofür man ihn bewundern
könnte. „Um fort zu fahren. Die erste Neuigkeit wird eher mehr die Jungs in der Klasse begeistern. Im heurigen Jahr werdet ihr einen neuen Sportlehrer bekommen, der zusätzlich als Trainer fungieren wird. Er müsste in ein paar Minuten kommen und möchte sich gerne selbst vorstellen“, sprach Mrs. Springstone nun weiter und blickte fröhlich in die Runde. „Für was einen neuen Trainer?“, fragte O’Murphy, der irgendwo in der Mitte der Klasse saß, „Synchron-Wassertanz?“ Die Klasse lachte. Alle außer Zake. Er wusste mehr wie alle anderen und konnte endlich das letzte Puzzle des gestrigen Gespräches zusammensetzen. Leicht
schüttelte er den Kopf und lehnte sich mit zurückgezogener Haltung in den Sessel zurück. Langsam konnte er auch die Veränderung begreifen, die ihn und seine Schwester ereilen würden, denn er wusste von den sportlichen Aktivitäten der Gruppe von Jay auf der Blutwiese. Die Nervosität hatte endlich einen Grund. „Nein, Mister O’Murphy. Er wird eine neue Sportart an die Schule bringen und ich denke speziell Sie und ihre Freunde werden darüber sehr glücklich sein“, antwortete Mrs. Springstone, ging an die Tafel, nahm eine Kreide und schrieb etwas auf das Grüne. „Fußball?!“, kam es wie aus der Pistole eher fragend aus der Schülerscharr und es
begann laut zu werden, da alle sich angestrengt unterhielten. Alle außer Zake. Plötzlich hämmerte es an der Klassentür. Zeitglich wurde diese auch schon geöffnet und herein stolzierte ein sportlich gebauter Mann mit Glatze und Oberarmmuskeln größer, als Arnold Schwarzenegger. Sein Gesichtsausdruck war griesgrämig und man wusste sofort, dass mit diesem Typen nicht zu Spaßen war. Nein, ganz und gar nicht, wusste Zake haargenau. Mit gelassenen, großen, aber angsterfüllenden Schritten spazierte der Mann auf Mrs. Springstone zu. An ihrer Körperhaltung konnte man erkennen, dass
auch ihr der Typ nicht ganz geheuer war. Als der durchtrainierte, um die 40-Jährige, bei ihr ankam, wich die Lehrerin instinktiv einen Schritt zurück, umspielte das jedoch mit einer freundlichen Geste, um dem Mann Platz zu machen. „Da ist auch schon unser Gast“, redete sie und bemühte sich ihre Stimme ruhig zu halten, „Bitte, wenn Sie sich vorstellen und Ihr Anliegen preisgeben würden.“ Mit einem grauenhaften bösen Lächeln drehte sich der Mann zur Klasse um. Zake war dieses Strahlen schon bekannt. Es trotzte nur so vor Überlegenheit und Angriff. Das Muskelparket wusste, den Respekt den er sich jetzt verschaffte, würde das ganze Jahr anhalten, so sah er
mit hasserfüllten Augen durch die Reihen der Schülerschar. Nicht alle, aber die meisten wichen seinem Blick aus. Zake blieb ruhig sitzen, er wusste, wie der für ihn nicht ganz so Fremde drauf war und konnte sich ein verachtendes Lächeln nicht verkneifen. „Herrschaften!“, ließ der streng aussehende Mann, laut und auffordernd von sich. „Und Damen!“, unterbrach ihn Lexi, halb abgelenkt auf ihre Nägel starrend. Lexi war immer für eine Gleichberechtigung der Geschlechter, vor allem, wenn man das Weibliche ausschloss. Obwohl es ihr sicherlich auch egal wäre, wenn man nur sie persönlich,
als männliches Gegenstück ansprach. Dem Fremden ließ Lexis Aussage komplett kalt, sah sie nicht einmal an und sprach einfach weiter. Das wohlhabende Mädchen rümpfte die Nase und holte gekonnt auffällig ihren Handspiegel aus der Tasche, um aufmerksamkeitserregend ihr Make-up zu überprüfen. „Ihr werdet meinen Worten nicht glauben“, fuhr der Mann fort, „aber dieses Jahr wird sich für euch pubertierenden Jungen so einiges ändern. Dreimal in der Woche Training, einmal Kraftkammertraining, Matches am Wochenende, in der Freizeit werdet ihr von euch selbst aus trainieren. Ihr werdet euch schinden, verausgaben, einige sich
sicher übergeben oder Verletzungen davon tragen. Aber…“ Er machte eine kleine Gedankenpause, um die Spannung noch um einiges in die Höhe zu treiben. „Aber zum Schluss werden wir als Sieger den Pokal erhalten und die beste Mannschaft in Delaware sein. Vielleicht sogar werdet ihr so gut sein, dass ihr Stipendien nach Europa bekommt und in einer der besten Teams der Welt mitspielen dürft.“ Die Jungs in der Klasse machten nur fragende Gesichter. Zake schüttelte nur den Kopf und blickte zu seinen besten Freunden, die nicht, im Gegensatz zu ihm, wussten worum es hier eigentlich ging.
„Das ist ja alles schön und gut“, fand O‘Murphy endlich seine Stimme, „aber von was sprechen Sie hier? Eishockey, Baseball, Rugby, Wassergymnastik?“ Langsam ließ er seinen Blick auf die Tafel schweifen und konnte womöglich endlich den Zusammenhang der Rede des Fremden und des geschriebenen Wortes erkennen. Doch war das möglich? Würden sich seine Träume endlich erfüllen? Skeptisch wartete er auf die Antwort seiner Frage. „Meine Herrschaften!“, beantwortete der muskelbepackte Mann die Frage auf die er nur gewartet hatte, „Ich bin Tom Hastings, für Sie, meine Herren, alle nur
als ‚Trainer‘ anzusprechen und komme im Auftrag der Schule euch in der Sportart zu trainieren, die ich auch in meiner Freizeit einer Militärmannschaft beigebracht habe. Nämlich - Fußball!“ Die Jungs ließen beeindruckende ‚Ohs‘ und ‚Ahs‘ von sich. Natürlich hätte man sich das im Vorhinein schon denken können, jedoch hinterließ das Gesagte mehr Eindruck, als nur ein Wort auf der Tafel. Zake kam aus dem Schütteln des Kopfes gar nicht mehr hinaus und fragte sich wieso sein Onkel immer so übertreiben musste. Ja, er war beim Militär gewesen und ja, er hatte dort eine Mannschaft trainiert, aber wir waren hier an einer
Schule und da würden sein Ton und seine Maßnahmen nicht bei allen Anklang finden. Dem war sich der reiche Junge ganz sicher. Und auch was das für ihn bedeutete, wollte er nicht wissen. Der Trainer war zwar sein Onkel, jedoch wusste er, dass nichts wichtiger für ihn war, als Disziplin und Engagement. Jedoch hatte Zake beides nicht vererbt bekommen. „He, Zake“, flüsterte Josh seinem Freund zu, „Bist du mit dem schaurigen Typen verwandt? Ist das dein älterer Bruder?“ „Du Blödmann, wieso sollte der alte Knacker mein Bruder sein, das ist mein Onkel.“ „Also der Bruder deiner Mutter“, redete
Josh schlau weiter, wobei er für seine Aussage eine auf den Hinterkopf kassierte. „Wenn er das wäre, dann würde er doch nicht Hastings heißen oder?“, machte ihm Zake klar und schüttelte wieder einmal unglaubwürdig den Kopf. „Er ist der Bruder von Zakes Vater“, meldete sich Jack zu Wort, um Josh eine weitere peinliche Aussage zu ersparen, da er gesehen hatte, dass er zu einer weiteren Frage ansetzen wollte. Nicht nur die drei, der coolen Gang, sondern auch der Rest der Klasse unterhielten sich aufgeregt, wobei die Mädels nicht sonderlich vom neuen ‚Trainer‘ überzeugt
waren. „Fußball, Jungs!“, sprach O‘Murphy, mit einer für ihn etwas zu hohen Stimme, „Das ist unsere Chance auch einmal zu zeigen, was in uns steckt. Endlich zahlt sich unser Freizeitsport aus.“ Er war sichtlich der am begeistertsten von seinen Freunden. „Obwohl mir der Trainer etwas suspekt vorkommt. Hastings? Dieser Name bedeutet nie was Gutes“, sagte Fin und im selben Moment kam der eben genannte wieder zu Wort. „Natürlich habe ich noch eine Überraschung für euch mitgebracht und ich hoffe ich nehme nichts vorweg, Mrs. Springstone“, redete der Trainer weiter,
wobei sich sein Gesichtsausdruck in keiner Weise veränderte und noch immer gleich finster drein blickte wie zu Beginn. Mrs. Springstone zuckte etwas zusammen, als sie von dem neuen Lehrer angesprochen wurde, jedoch war sie eine Meisterin der Überspielung und lächelte ihn nur leicht auffordernd weiter zu reden, an. Tom Hastings ging langsam, aber mit furchterregend lauten Schritten auf den Eingang der Klasse zu. Neugierige Blicke folgten seinem Tun und warteten gespannt auf die bevorstehende Überraschung, die er angekündigt hatte. Als der muskelbepackte Mann bei der Tür ankam,
öffnete er diese mit Schwung, blieb allerdings in der Klasse stehen. "Kommt rein!", sagte er im Befehlston. Die Schüler starrten auf den Eingang der Klasse. Zake der ganz hinten saß, konnte das Bevorstehende schon erkennen. Selbstverständlich hatten er und seine Schwester von dieser Überraschung schon vorher gewusst und er hoffte, dass Lexi wenigstens ihren Teil von ihrem gemeinsamen Plan schon erledigt hatte. Langsam ließ der reiche Junge seinen Blick durch die Klasse schweifen und erhaschte somit den Blick seiner Schwester, die gerade das gleiche vorgehabt hatte, wie er. Lexi grinste und nickte mit dem Kopf. Ihr Bruder kniff die
Augenbrauen zusammen, welches er immer dann tat, wenn er sein Ziel noch nicht erreicht hatte. Man sah, wie seine Schwester ein verachtendes Schnäuzen ausließ, die Augen überdrehte und ihren Blick auf die Eingangstür richtete. Zake wusste, dass er sie mit seinem Misserfolg verärgert hatte, jedoch würde er das wieder gut machen. Ganz bestimmt. Im gleichen Moment betraten zwei weitere Personen die Klasse. Das Mädchen hatte lange schwarze Haare und war sportlich gekleidet. Der Junge hatte kurz geschorenes blondes Haar und trug Jeans und T-Shirt. Beide sahen nicht allzu glücklich aus, dass sie vor die ganze Klasse treten mussten.
Fin sah kurz zu Ella, die mit weitgeöffneten Augen und offenen Mund auf ihrem Platz saß. Das war das Mädchen vom Stand, das ihn angeredet hatte. Er konnte sie also noch nie gesehen haben, da sie neu an der Schule war. Doch warum war Ella so von den Socken? Das war doch kein Weltuntergang, wenn zwei neue Personen an die Schule kamen oder hatte sie schon einmal von den Zweien gehört? Fin kam aus den Überlegungen nicht mehr hinaus und wurde von der penetranten Stimme des Trainers erlöst. "Das meine Herrschaften..." "Und Damen!", kam es wieder von Lexi. "Und Damen!", wiederholte jetzt auch Mr.
Hastings, "Sind meine zwei Kinder. Tyler und Layla. Tyler ist der Maßstab eures Trainings, um an ihn ranzukommen, braucht es von euch jede Menge Ehrgeiz, denn er ist der Beste. Das allerdings nur, durch jahrelanges Training bei mir und anderen Größen der Fußballgeschichte. Jeder der ihn schlägt, verdient meinen größten Respekt. Und du Junge", er sprach seinen Sohn direkt an, "Lass dich nicht einholen, sonst gibt es jede Menge Ärger, dass verspreche ich dir!" Tyler nickte. Anscheinend kannte er solche Drohungen nur zu gut. Layla überdrehte die Augen. Natürlich war ihm sein Sohn wieder einmal wichtiger als seine Tochter.
"Ist die Brautschau vorbei? Dürfen wir uns setzen?", fragte sie gelangweilt, welches Mrs. Springstone wieder zu Besinnung kommen ließ. Ruckartig hatte sie wieder alle Gliedmaßen ihres Körpers im Griff und zeigte auf die zwei leeren Plätze in der Klasse. Einer neben Ella und der andere im letzten Winkel der Klasse. Layla nahm neben Ella Platz. "Dankeschön Mr. Hastings für Ihren Besuch. Ich hoffe Sie finden sich schnell in New Castle und auch hier an der Schule ein", verabschiedete sich die Klassenlehrerin bei dem furchteinflößenden
Mann. Dieser winkte nur ab, ließ mit einer Handbewegung auf ihren Schreibtisch verweisen und sage: "Vergessen Sie nicht, diese am Ende der Stunde auszuteilen!" "Werde ich nicht!" Dieser Typ war grauenerregender als so manches Schlossgespenst. Gerade wollte er die Klasse verlassen, als ihm noch etwas einfiel. "Ich werde es zwar noch ans schwarze Brett hängen, jedoch wollte ich es euch jetzt schon sagen damit ihr vorbereitet seid. Es wird Freitagnachmittag das erste Probetraining geben, bei dem ich entscheide, wer es in die Mannschaft
schafft und wer seine Träume gleich wieder aufgeben kann. 15 Uhr - Trainingsplatz!", mit diesen Worten verließ er die Klasse und hinterließ eine aufregende und wild quatschende Schülerschar. Zake war am Ende. Sein schlimmster Albtraum war wirklich wahr geworden.